Kurzmeldung

Fünf Jahre Schleichwerbung der INSM

Heute gibt es ein kleines „Jubiläum“ zu „feiern“: vor fünf Jahren lief die erste Marienhof-Folge in der ARD mit verdeckter Schleichwerbung der Arbeitgeber-Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM). „Mit ein bisschen Eigeninitiative werde ich schon irgendetwas finden! Wenn man was wirklich will, dann klappt das schon, früher oder später“, verkündete die Figur Jenny bei ihrer Stellensuche […]
von 20. Juni 2007

Heute gibt es ein kleines „Jubiläum“ zu „feiern“: vor fünf Jahren lief die erste Marienhof-Folge in der ARD mit verdeckter Schleichwerbung der Arbeitgeber-Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM). „Mit ein bisschen Eigeninitiative werde ich schon irgendetwas finden! Wenn man was wirklich will, dann klappt das schon, früher oder später“, verkündete die Figur Jenny bei ihrer Stellensuche in Folge 1936 am 20. Juni 2002. Kurz darauf fand sie einen Job bei einer Zeitarbeitsfirma. Das war eines von drei platzierten Themen der INSM: Zeitarbeit zu bewerben und damit Stimmung für eine „Flexibilisierung“ des Arbeitsmarktes zu machen – in Begleitung der Hartz-Kommission, die damals gerade ihre Konzepte ausarbeitete. Insgesamt ließ die INSM für 58 670 Euro in sieben Folgen der ARD-Serie Marienhof ihre Botschaften platzieren.

Eine genaue Analyse der Schleichwerbung findet sich in unserem Papier “INSM und Marienhof – Eine kritische Bewertung“ (pdf, 224 kb) vom September 2005. Damals flog der Skandal dank der Recherchen von Volker Lilienthal von epd medien auf. Weitere Infos dazu hier.

Seitdem hat die ARD striktere Maßnahmen zur Vorbeugung gegen Schleichwerbung eingeführt. Die Marienhof-ZuschauerInnen wurden allerdings nicht über die Schleichwerbung informiert (z.B. durch einen kurzen Vorspann oder auf der Marienhof-Webseite). Das absurde Argument der Pressestelle: die ZuschauerInnen hätten die Schleichwerbung ja gar nicht bemerkt, deshalb müsste man sie auch nicht im Nachhinein informieren.

Die INSM bekam für die Schleichwerbung eine Rüge vom PR-Rat, die aber keine Folgen hat. Deshalb konnte sie die Rüge auch akzeptieren – ohne echte Konsequenzen aus ihrem – illegalen! – Verhalten zu ziehen.

Ergänzung:
Auf europäischer Ebene werden im Rahmen der Überarbeitung der Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“ gerade neue Regeln für Schleichwerbung definiert: danach soll Product Placement verboten sein – mit den großen Ausnahmen Filme, Fernsehserien und Sport- und Unterhaltungssendungen. Dort soll Product Placement erlaubt sein, wenn ein einzelnes Land dies nicht ausdrücklich verbietet. Themenplacement (wie von der INSM) bleibt verboten. Die Richtlinie soll im Herbst im Europaparlament verabschiedet werden. (siehe Spiegel online oder als pdf die Pressemitteilung des EU-Ministerrats vom Mai 2007).

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3 Kommentare

Robert5. September 2007 um 17:17

Du darfst eines nicht vergessen zu erwähnen: nicht die INSM hat sich illegal verhalten, sondern die ARD resp die Bavaria hat das getan. Schleichwerbung ist unzulässig durch RStV. Der gilt für die Rundfunkanstalten in dem Sinne, dass sie bestimmte Regeln für ihr Programm einhalten müssen und derartige Angebote eben ablehnen oder Werbung als solche kennzeichnen.

U. Müller6. September 2007 um 8:07

Das Verhalten der INSM als „Anstifterin“ war auch nicht rechtmäßig. Der Unterschied ist, dass die ARD nach dem Skandal striktere Regeln eingeführt hat und die INSM ohne Konsequenzen davonkam (s.o.).

Hubertus Marek14. November 2016 um 6:41

Es lohnt, sich mal über Film-Finanzierung Gedanken zu machen und sich zu fragen, wie gut verpacktes neoliberales Gedankengut in der reichlichen UNTERHALTUNG bezahlt wird. Was treibt die Film- und Kunstszene außer Geldwäsche an?