Kurzmeldung

Clement – mehr Lobbyist als SPDler

Ex-Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement hat den WählerInnen und Wählern abgeraten, am kommenden Sonntag bei den Hessischen Landtagswahlen für seine Partei, die SPD, zu stimmen. Die Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti sei mit ihrem Festhalten am Atomausstieg und der Ablehnung des Baus neuer Kohlekraftwerke eine Gefahr für die „industrielle Substanz“. Nun ist das Geschrei groß und aus Sicht der […]
von 21. Januar 2008

Ex-Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement hat den WählerInnen und Wählern abgeraten, am kommenden Sonntag bei den Hessischen Landtagswahlen für seine Partei, die SPD, zu stimmen. Die Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti sei mit ihrem Festhalten am Atomausstieg und der Ablehnung des Baus neuer Kohlekraftwerke eine Gefahr für die „industrielle Substanz“.

Nun ist das Geschrei groß und aus Sicht der SPD verständlich. Aber eigentlich ist die Sache nicht so verwunderlich, wie es scheint: Clement ist nicht mehr in erster Linie SPDler, sondern vor allem Lobbyist. Seit seinem Ausscheiden aus der Politik steht Clement neben anderen Lobbytätigkeiten als Aufsichtsrat auf der Gehaltsliste von RWE Power. RWE betreibt die beiden Atommeiler Biblis A und B. Nach dem Fahrplan des „Atomkonsenses“ müssen diese 2008 bzw. 2009 vom Netz gehen. Eine Laufzeitverlängerung würde RWE zusätzliche Einnahmen von etwa einer Milliarde Euro pro Jahr in die Kassen spülen. Außerdem plant RWE bis 2012 den Bau von drei neuen Kohle-Großkraftwerken. Clement agiert also, wie es von einem guten Lobbyisten, der die Interessen seines Klienten vertritt, erwartet wird. Nur, Clement ist eben kein „normaler“ Lobbyist, sondern bleibt der Ex-Bundeswirtschaftsminister. Als solcher hat seine Aussage das Gewicht, Politiker/innen aller Parteien in empörte oder erfreute Aufregung zu versetzen.

An dieser Geschichte wird einmal mehr deutlich, wie dringend notwendig es ist, die fliegenden Wechsel zwischen Politik und Lobbytätigkeiten zu unterbinden. Denn auch, wenn Ex-Politiker von sich selbst gerne behaupten, sie handelten nach ihrem Ausscheiden aus dem Amt allein als Privatpersonen, ist klar: Ex-Politiker nehmen ihre Sonderrolle, auch ihre Kontakte und internen Kenntnisse mit, wenn sie nach Ende ihrer Amtszeit Lobbyisten werden. Clement ist da kein Einzelfall (siehe u.a. LobbyControl Studie „Fliegende Wechsel“) – nur geschieht die Einflussnahme normalerweise nicht auf so spektakuläre Weise. Deshalb fordert LobbyControl: Sand ins Getriebe der Drehtür – drei Jahre Abkühlphase (Karenzzeit) für scheidende Politikter/innen!

Weiteres zu Clements Äußerungen und der nachfolgenden Debatte in den Medien: z.B. Welt Online vom 19.01., Spiegel Online vom 20.01. sowie netzeitung.de und taz.de vom 21.01.

Teilen

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert

Kommentar absenden

4 Kommentare

Martin H.21. Januar 2008 um 19:59

Einen Beitrag zur Transparenz kann man jetzt auch leisten, indem man Aussagen von Politikern bei Trupoli.com einstellt und bewertet.
Wenn viele Menschen mitmachen kann die Politik nicht mehr weghören und die Meinung des Volkes ignorieren.
http://www.trupoli.com

dooorie22. Januar 2008 um 15:21

Für RWE Power ist Clement gerade wegen seiner SPD-Mitgliedschaft so wertvoll. Denn nur so erfüllt seine öffentliche Äußerung den doppelten Zweck, die Gegner (Union und FDP) des Atomausstiegs zu stärken und die Befürworter zu schwächen, indem man sie als uneinig und gespalten dastehen lässt.

Seine Aufgabe als Lobbyist ist es beim Thema Atomausstieg, der SPD einen Schaden an ihrer Glaubwürdigkeit zuzufügen. Meiner Meinung nach ist eine Mitgliedschaft mit dieser Aufgabe unvereinbar. Ein Parteiausschluss wäre die logische Konsequenz, da die Mitgliedschaft offenbar bloß noch Mittel zum Zweck, oder besser Mittel zum Schaden ist.

Udo Leuschner24. Januar 2008 um 23:32

Daß Clement sich kurz vor der hessischen Landtagswahl sogar zum Wahlhelfer der CDU machen würde, habe ich wirklich nicht erwartet. Im übrigen habe ich aber ihn schon lange für einen Mann gehalten, der sich im Zweifelsfall eher RWE als der SPD verpflichtet fühlt. Mehr dazu im Internet unter dem URL
http://www.udo-leuschner.de/kurzschluss/kurzschluss250-254.htm

Rainer Hoffmann29. Januar 2008 um 15:34

Clement hat sich nicht zum Wahlhelfer der CDU gemacht. Es hat nicht gesagt, dass man CDU wählen soll. Er hat angedeutet, dass man nicht SPD wählen soll.

Kompliment an die ZDF-Heutejournal-Redaktion und Claus Kleber, die am 21.01.2008 sehr fundiert und sachlich die Aussagen von W. Clement hinterfragt haben und festgestellt haben: „Ein Lobbyist kann ja auch mal recht haben“…wie wahr…man schaue hier:

http://www.solarresearch.org/1483995.htm