Kurzmeldung

Bundesrechnungshof übt scharfe Kritik an Lobbyisten in Ministerien – Fernsehtip und LobbyControl-Aktion

Es kommt Schwung in die Auseinandersetzung über die Mitarbeit von Lobbyisten in den Ministerien: Das ARD-Magazin Monitor berichtet morgen (Do. den 3.4. um 21.45) über einen vertraulichen Bericht des Bundesrechnungshofes zum Einsatz der so genannten „externen Mitarbeiter“ in den Bundesministerien. Der Bericht übt scharfe Kritik und belegt, dass wir in den letzten Monaten nicht etwa […]
von 2. April 2008

Es kommt Schwung in die Auseinandersetzung über die Mitarbeit von Lobbyisten in den Ministerien: Das ARD-Magazin Monitor berichtet morgen (Do. den 3.4. um 21.45) über einen vertraulichen Bericht des Bundesrechnungshofes zum Einsatz der so genannten „externen Mitarbeiter“ in den Bundesministerien. Der Bericht übt scharfe Kritik und belegt, dass wir in den letzten Monaten nicht etwa den Teufel an die Wand gemalt haben, sondern unsere Mahnungen mehr als berechtigt waren: Die Lobbyisten waren zahlreicher als bisher bekannt und konnten bis an die Herzstücke der Ministerialbürokratie vordringen. Rund 300 von der Privatwirtschaft weiterbezahlte Vertreter von Unternehmen und Verbänden haben allein in den Jahren 2004 bis 2006 in Bundesministerien gearbeitet. Bislang hatte die Bundesregierung auf Nachfragen lediglich den Einsatz von ca. 100 externen Mitarbeitern zugegeben.

Dass diese nicht nur Kaffee gekocht haben, liegt auf der Hand. Die „Leihbeamten“ haben in großem Umfang Leitungs- und Repräsentationsaufgaben übernommen: weit über die Hälfte hat Leitungsvorlagen erstellt, 60 % die Bundesregierung nach außen vertreten, 20 % haben direkt an Vorlagen für Gesetze oder Bestimmungen mitgeschrieben, ein gutes Viertel war an Vergabeverfahren beteiligt. Der Bundesrechnungshof nennt laut Monitor eine ganze Reihe von Fällen, in denen die „externen Mitarbeiter“ direkt mit Vorgängen befasst waren, die die Geschäftsinteressen ihrer Arbeitgeber betrafen und spricht von „Interessenkonflikten“ beim Einsatz von Mitarbeiter von Unternehmen und Verbänden, „die naturgemäß eigene, häufig gewinnorientierte Interessen verfolgen.“ Er fordert, externe Mitarbeiter sollten nicht an Gesetzen, Gesetzentwürfen und Vergabeverfahren teilnehmen dürfen.

Nachdem die Bundesregierung lange versucht hat, das Problem einfach auszusitzen, liegt mit der scharfen Kritik des Bundesrechnungshofes der Ball nun beim Bundestag. Ein gründlicher Frühjahrsputz in den Ministerien ist dringend nötig. Mit einer LobbyControl-Aktion vor dem Bundestag fangen wir damit am Freitag an: Unter dem Motto „Zeit für einen Frühjahrsputz, liebe Abgeordnete!“ werden wir mit Besen und Kehrschaufel symbolisch die Unternehmen und Verbände aus den Ministerien kehren.

Im Anschluss an unsere Aktion diskutieren wir auf Einladung der Monitor-Reporter und Autoren Kim Otto und Sascha Adamek mit Karl Lauterbach (SPD), Volker Beck (Grüne) über Lobbyisten in den Ministerien und das neue Enthüllungs-Buch „Der gekaufte Staat“.

Unsere Datenbank mit den bisherigen Fällen und weitere Informationen zur unserer Kampagne „Keine Lobbyisten in den Ministerien“ finden Sie auf unserer Kampagnen-Webseite www.keine-lobbyisten-in-ministerien.de. Hier können Sie sich auch in unseren Kampagnen-Newsletter eintragen, mit dem wir Sie über die Geschehnisse und zukünftige Aktionen von LobbyControl auf dem Laufenden halten.

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2 Kommentare

Anne Pförtner3. April 2008 um 14:39

Wozu sollte man in d i e s e r Demokratie noch Parteien oder deren Vertreter wählen??
Ist Karl Lauterbach nicht auch im Vorstand einer der großen
privaten und profitorientierten Kliniken??
Und wurde nicht auch Gerhard Schröder von Lobbyisten der
Bertelmann-Stiftung beraten, (deren Niederschlag sich in der Agenda 2010 wieder fand) genau wie jetzt auch Angela Merkel? Nach 30 Jahren Tätigkeit im Anzeigenbereich von Mittelstandszeitschriften der Wirtschaft, habe ich negative Entwicklungen mitbekommen, die heute so ganz offen zu Tage treten. Schon vor Jahren wurde deutlich, das Politik, Wirtschat und Kapital einer Verarmung breiter Bevölkerungsschichten nicht entgegenwirken würden.
Daran wird sich wohl nichts ändern, solange, Angestellte, Beamte und Arbeiter (also alle, die mit täglicher Arbeit den Unterhalt für sich und ihre Familie bestreiten müssen) hoffen, dass Kündigungen immer die KollegInnen treffen. Gebraucht wird eine Solidarisierung aller geldabhängig arbeitenden Menschen in diesem Lande, die ja das Bruttosozialprodukt erwirtschaften …)
Als überzeugte Demokration machen mir diese Tendenzen
Angst, weniger wegen mir, sondern wegen meiner Kinder und Enkelkinder.

Lou T.4. April 2008 um 21:37

Das Buch „Der gekaufte Staat“ (erschienen bei Kiepenheuer & Witsch) von Kim Otto und Sascha Adamek ist ein Politkrimi der seinesgleichen sucht. Hier haben die beiden Autoren ein Meisterwerk der investigativen Recherche vollbracht – schockierende Enthüllung von der ersten bis zur letzten Seite. Lohnt sich zu lesen!!