Handelspolitik

TTIP-Verhandlungen: Wir machen Druck für mehr Transparenz!

Vom 19. bis 24. Mai fand die fünfte Verhandlungsrunde zum Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU (TTIP) nah bei Washington statt. Von Transparenz erneut keine Spur. Und das trotz eines mahnenden Briefes von mehr als 250 zivilgesellschaftlichen Organisationen an den EU-Handelskommissar Karel de Gucht.
von 6. Juni 2014

Vom 19. bis 24. Mai fand die fünfte Verhandlungsrunde zum Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU (TTIP) nah bei Washington statt. Von Transparenz erneut keine Spur. Und das trotz eines mahnenden Briefes an den EU-Handelskommissar Karel de Gucht. In dem Brief hatten über 250 Organisationen mehr Transparenz bei den Verhandlungen gefordert, darunter auch LobbyControl.

Mehr Transparenz bei Verhandlungen überfällig

LobbyControl gehört zu den Mitinitiatoren des Briefes an den Handelskommissar. In dem Brief haben wir de Gucht dazu aufgefordert, die Verhandlungstexte- und Protokolle endlich zu veröffentlichen. Ebenso mahnen wir darin an, die Kommunikation zwischen Kommission, Rat und Europaparlament über TTIP offenzulegen und verlangen mehr Tranparenz bei Kontakten mit Interessenvertrern. Bislang gab es darauf keine Antwort. Wir erwarten diese bis zum 9. Juni und werden nachhaken, falls bis dahin keine Rückmeldung erfolgt.

Mangelnde Transparenz zu Treffen mit Lobbygruppen

Unsere Partnerorganisation in Brüssel Friends of the Earth Europe (FoEE) hatte bereits Informationen zu Treffen mit Lobbygruppen zu TTIP von der Kommission angefordert. Dazu liegen FoEE nun völlig unvollständige Dokumente vor. Ein sechseitiges Dokument ist beispielsweise komplett geschwärzt. Dies kann viele Gründe haben. Das Problem dabei: Es wurde keiner davon angebeben. Das ist nur ein Beispiel dafür, wie Transparenz aus Sicht der Kommission bei Lobbygruppen aussieht.

LobbyControl selbst wartet seit Monaten auf Antworten zu Anfragen an die EU-Kommission zu Kontakten mit Lobbygruppen. Die Kommission behauptet, in Anbetracht der vielen Anfragen überlastet zu sein. Dies mag auch zutreffen. Allerdings gibt es ein legitimes Bedürfnis nach mehr Öffentlichkeit rund um die TTIP-Verhandlungen. Dem müssen die EU-Institutionen endlich nachkommen.

EU-Handelspolitik muss grundlegend transparenter werden

Die Diskussion um mehr Öffentlichkeit bei TTIP zeigt eines ganz deutlich: In der EU-Handelspolitik braucht es grundlegend mehr Transparenz. Denn Handelspolitik hat Auswirkungen auf viele gesellschaftspolitischen Bereiche und geht infolge alle etwas an. Geheimverhandlungen sind hier einfach nicht akzeptabel. Das gilt im Übrigen auch für das CETA-Freihandelsabkommen mit Kanada, das kurz vor dem Abschluss steht, und auch andere handelspolitische Initiativen der EU, die derzeit weniger in der öffentlichen Kritik stehen.

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3 Kommentare

Peter10. Juni 2014 um 20:37

Ehrlich gesagt wundert mich das überhaupt nicht, dass von dem feinen Herrn Gucht keine Reaktion kommt. Vor einigen Wochen sah ich im Fernsehen die Sendung Report, dort wurde unter anderem auch über das TTIP-Freihandelsabkommen berichtet.
Das war sogar mal eine objektive Berichterstattung, wo doch sonst in den Massenmedien nur total eingefärbt berichtet wird.
Jedenfalls wurde Herr Gucht in seinem Büro in Brüssel von dem Report-Team mit der mittlerweile relativierten Studie des ifo-Instituts konfrontiert.
Was bedeutete, dass die von H. Gucht vollmundig angekündigten Vorteile für den EU-Bürger, quasi gar nicht gegeben wären.
Herrn Gucht war diese Unteredung sichtbar äußerst unangenehm, er forderte bereits nach der ersten Frage die Reporter auf, erstmal die Kamera abzuschalten.
Das ganze merkwürdige Verhalten von Herrn Gucht in dieser Situation und die für mich sehr unglaubwürdigen Erklärungsversuche liesen mich direkt an Korruption denken.
Er vermittelte mir nachhaltig den Eindruck, dass er ganz klar auf der Seite der Lobbyisten steht
und auf Gedeih und Verderb sein Ding durchziehen will.
Ach ja, eine über diesen Sachverhalt, der geheimen TTIP-Verhandlungen, total wütende Parlamentarierin kam in der Sendung auch zu Wort. Sie bestätigte, dass total am Parlament vorbei verhandelt würde und sie somit keinerlei Einfluss nehmen könnten.
Weiterhin sagte sie, dass es nicht seien könnte nachdem im Geheimen alles ausverhandelt wurde, die Parlamentarier nur dafür da wären das Abkommen abzunicken; dann könne man das Parlament ja gleich abschaffen. Wow, das war endlich mal eine ehrliche Aussage!
Ich glaube in Bezug auf H. Gucht wird man nichts erreichen können, wir Bürger müssen sehr viel mehr Druck auf die Bundesregierung und auf unsere EU-Parlamentarier ausüben.

Gerhard L. Mueller-Debus12. Juni 2014 um 11:27

Sehr richtig, einmal ganz klar zu sagen, dass sich verschiedene EU-Funktionaere – offenbar auch Herr de Gucht, zu Handlungen und Aussagen hunreissen lassen, die nur noch wenig mit dem Willen der EU-Buerger zu tun haben. Und von der Rolle des EU-Parlaments wollen wir in diesem Zusammenhang lieber gar nicht reden.
Im Klartext: Hier wird in obskuren Hinterzimmern seitens der EU von Leuten, die die meisten weder kennen, noch gewaehlt haben, aber sehr hoch bezahlen, mit den Vertretern der USA (und bald auch Canada) ein TTIP ausgekungelt, das u.a. Chlorhuehnchen nach US-Standard, genveraenderte Produkte und Schutz von Grosskapitalinteressen von US-Unternehmen ermoeglichen wird, welcher uebrigens dann keiner europaeischen gerichtlichen Kontrolle mehr unterliegt.
Das kann doch kein EU-Buerger ernsthaftt wollen, es sei denn er ist korrumpiert worden !
Zur Warnung dient Australien. Der australische Staat ist von einem grossen US-Tabakunternehmen auf mehrere Milliarden $ Schadenersatz wegen moeglicher (!) Umsatzeinbussen verklagt worden, weil angeordnet worden war, Warnhinweise auf Zigarettenschachteln anzubringen. Sowas waere dann auch in der EU moeglich und gerichtlich nicht mehr ueberpruefbar….

Anne19. Juni 2014 um 17:30

Als Bürgerin habe ich Martin Schulz nach einer Wahlkampagne auf das TTIP angesprochen und ihm eine Mail geschrieben. Ich habe die mangelnde Transparenz beklagt, meine Sorgen / Befürchtungn bzgl. der Auswirkungen des Freihandelsabkommens (nach dem was bisher bekannt ist und auf Grund der Erfahrungen mit anderen Freihandelsabkommen) formuliert und gefragt, warum er das Freihandelsabkommen befürwortet.
Hier die Antwort:

wir bestätigen den Eingang Ihrer elektronischen Nachricht vom 26. Mai 2014 bezüglich des Freihandelsabkommens mit den USA an den Präsidenten des Europäischen Parlaments, Martin Schulz.

Der Präsident hat uns, das Referat Bürgeranfragen des Europäischen Parlaments, mit der Beantwortung Ihres Schreibens beauftragt.

Wir können Ihnen im Namen des Parlamentspräsidenten versichern, dass Ihre Sorgen bezüglich des Transatlantischen Freihandels- und Investitionsabkommen („Transatlantic Trade and Investment Partnership“, TTIP) sehr ernst genommen werden. Deshalb werden die Europaabgeordneten den ausgehandelten Vertragstext vor der Abstimmung eingehend prüfen und debattieren und dann entweder zustimmen oder ablehnen.

Gern informieren wir Sie, dass internationale Handelsabkommen mit Drittstaaten immer von der Europäischen Kommission im Auftrag und im Namen der EU verhandelt werden, da Handelsfragen in die ausschließliche Zuständigkeit der Europäischen Union fallen.

Die Europäische Kommission wird dabei nur aktiv, wenn die Mitgliedstaaten sie vorher offiziell dazu ermächtigt haben. So haben die Mitgliedstaaten am 14. Juni 2013 einstimmig beschlossen, der Europäischen Kommission das Verhandlungsmandat für das Handelsabkommen zu übertragen. Es sind auch die Mitgliedstaaten, die festlegen, welche Ziele die Europäische Kommission bei den Verhandlungen im Namen der EU erreichen soll.

Das Europäische Parlament ist nicht selbst an den Verhandlungen beteiligt, wird aber von der Europäischen Kommission über ihren Fortgang auf dem Laufenden gehalten.

Die Europaabgeordneten verfolgen die Verhandlungen mit den USA aufmerksam und kritisch. Da die Verhandlungen noch nicht abgeschlossen sind, ist der endgültige Inhalt des Abkommens noch offen. Ebenso offen ist, ob das Europäische Parlament dem Abkommen am Ende zustimmen wird.

Das Europaparlament setzt sich dafür ein, dass die hohen europäischen Standards beim Verbraucherschutz, bei den sozialen Rechten, beim Gesundheits-, Umwelt- und Datenschutz in dem Handelsabkommen bewahrt und verbessert werden. Darauf hat auch Parlamentspräsident Martin Schulz in mehreren Reden hingewiesen.

Das Europäische Parlament hat vor Beginn der Verhandlungen in einer Entschließung vom 23. Mai 2013 seine Zustimmung für den Beginn der Handelsgespräche mit den USA gegeben, aber auch europäische Werte und Standards betont, die es in den Gesprächen verteidigt sehen will. So verwies das Parlament zum Beispiel auf das Vorsorgeprinzip der EU, das durch das Abkommen nicht angetastet werden dürfe,undauf „den sensiblen Charakter bestimmter Verhandlungsfelder, wie etwa des Agrarsektors, wo die Auffassungen bezüglich genetisch veränderter Organismen (GVO), Klonen und Verbrauchergesundheit zwischen den USA und der EU tendenziell auseinandergehen“.

Weitere Informationen zur Position des Parlaments finden Sie in der Pressemitteilung vom 23. Mai 2013 und in dem Hintergrunddossier zum Freihandelsabkommen.

Darüber hinaus informieren wir Sie gern, dass die Europäische Kommission mehrfach erklärt hat, dass die strengen in der EU geltenden Verbraucherschutzregeln nicht zur Disposition stehen.

Die Europäische Kommission hat im Frühjahr 2014 zudem entschieden, die Verhandlungen über die Investitionsschutzklauseln im künftigen Handelsabkommen auszusetzen und eine öffentliche Konsultation zu diesem Verhandlungskapitel durchzuführen. Jeder EU-Bürger kann sich an der Online-Konsultation beteiligen, die seit dem 9. April und noch bis zum 6. Juli 2014 auch auf Deutsch aufrufbar ist.

Weitere Informationen zu diesem Thema und zum aktuellen Stand der Verhandlungen finden Sie unter anderem in einer Zusammenfassung der Europäischen Kommission vom 19. März 2014 und auf der TTIP-Webseite der Europäischen Kommission.

Das Verhandlungsteam der EU-Kommission ist zudem per E-Mail erreichbar: trade-ttip-transparency@ec.europa.eu.

Wir hoffen, dass diese Informationen für Sie interessant sind.

Mit freundlichen Grüßen

Referat Bürgeranfragen