Philip Eichler/Campact - CC-BY-NC 4.0
Aus der Lobbywelt

Neue Studie: Wer steckt hinter den Kampagnen gegen die Zivilgesellschaft?


Eine Koalition aus Politiker*innen, Medien und Konzernlobbyisten setzt die Zivilgesellschaft unter Druck. Unsere neue Studie zeigt, wer dahinter steckt.

von 2. Oktober 2025

Viele politische Initiativen und Verbände kennen das bereits: Sind sie erfolgreich mit ihren Anliegen, ist das manchen Mächtigen ein Dorn im Auge. So war das beispielsweise beim geplanten EU-US-Handelsabkommen TTIP.

Den Organisationen der Zivilgesellschaft, die dagegen mobilisiert hatten, wollten damals CDU-Politiker*innen die EU-Fördergelder streichen. Damals ist dieses Vorhaben gescheitert – auch das Handelsabkommen kam nicht zustande.

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Doch was derzeit passiert, hat eine neue und bedrohliche Qualität: In Brüssel greifen Politiker*innen von CDU/CSU die Finanzierung von Umweltverbänden massiv an und verbreiten Lügen über angebliche Auftragslobbyarbeit für die EU-Kommission. Und in Berlin drohen Unionspolitiker*innen Organisationen, die gegen den Bruch der Brandmauer durch den Bundeskanzler mobilisieren, ganz unverhohlen mit Folgen für ihre staatlichen Zuschüsse.

Die nötige Stimmungsmache dazu kommt von Medien wie der Welt und ultrarechten Formaten wie NIUS. Diese diskreditieren zivilgesellschaftliche Organisationen als Teil eines vermeintlichen „Schattenstaats“, der angeblich gegen die Interessen der Allgemeinheit arbeitet.

Unsere neue Studie zeigt nun: Neben autoritären Kräften stehen auch Geschäftsinteressen hinter den Kampagnen, die Folgen für demokratische Prozesse sind schon jetzt spürbar.

Jetzt die Studie kostenlos herunterladen!

Lesen Sie die vollständige Studie um zu erfahren, wer hinter den Angriffen auf die Zivigesellschaft steckt.

Die Studie wird es demnächst auch als gedruckte Ausgabe im LobbyControl-Shop geben.

Die Ergebnisse unserer Studie:

Zivilgesellschaftliche Organisationen sind unverzichtbar für die Demokratie – als Bollwerk gegen autoritäre Kräfte, aber auch als Gegengewicht zur Übermacht finanzstarker Konzernlobbyinteressen: Zivilgesellschaftliche Akteure bündeln Anliegen von Bürger*innen für die Politik und schaffen Räume für demokratisches Engagement. Sie sind damit ein notwendiges Gegengewicht, um die Lobbymacht von einflussreichen und finanzstarken Konzernen auszugleichen. Unsere Zahlen zeigen: Zu den 100 größten Lobbyakteuren nach Lobbyausgaben zählen 81 Akteure mit wirtschaftlichen Interessen und nur sieben NGOs im weiteren Sinne.

Bei den Angriffen auf die Zivilgesellschaft verschränken sich autoritäre Interessen mit Konzerninteressen: Autoritäre Kräfte wollen kritische Stimmen schwächen, um ihre Macht auszubauen – das lässt sich in Ländern wie Ungarn oder Russland schon länger beobachten. Doch auch Konzerne, die ihre Geschäftsmodelle durch das Engagement von NGOs gefährdet sehen, haben ein Interesse daran, kritische Stimmen aus der Zivilgesellschaft zu schwächen. Unsere Studie zeigt: Hinter den Kampagnen stehen auch Lobbyisten mit Verbindungen zur Chemieindustrie oder zur arbeitgeberfinanzierten PR- und Lobbyorganisation INSM.

Die Angriffe finden in einem politischen Umfeld statt, in dem zentrale zivilgesellschaftliche Errungenschaften zurückgedreht werden: Die Angriffe auf Umwelt- und Verbraucherverbände gehen einher mit massivem politischen Druck, politische Errungenschaften bei Themen wie Umweltschutz oder Menschenrechten wieder zurückzudrehen – in Brüssel ebenso wie in Berlin. Der Brüsseler Green Deal etwa wurde von Umweltverbänden mit erstritten und diente auch dazu, fossile Geschäftsmodelle zu beschneiden. In Berlin wie in Brüssel steht das lang erkämpfte Lieferkettengesetz zum Schutz von Menschenrechten auf der Streichliste.

Unionspolitiker*innen lassen sich von AfD und deren autoritären Vorbildern treiben: Die Kampagne gegen zivilgesellschaftliche Akteure hat an Fahrt aufgenommen, seit sich Politiker*innen von CDU/CSU wie Monika Hohlmeier oder Markus Söder vor den Karren rechtsextremer Parteien wie der AfD haben spannen lassen. Deren Vorbilder sind wiederum autoritäre Machthaber wie Viktor Orbán oder Wladimir Putin, die die kritische Zivilgesellschaft schon seit Jahren einschüchtern. Sie greifen zudem auf Verschwörungserzählungen aus dem Umfeld von Trumps MAGA-Bewegung zurück.

Das ultrarechte Onlineportal NIUS verbreitet Desinformation über „NGOs“ und betreibt damit Stimmungsmache: Ultrarechte und verschwörungstheoretische Plattformen wie NIUS haben unter dem Begriff „NGO-Komplex“ die demokratische Zivilgesellschaft zu ihrem Feindbild erklärt. Aber auch Medien wie die WELT greifen Erzählungen und auch Falschinformationen rund um das Thema immer wieder auf. Dadurch erhält die Diffamierung einen vermeintlich seriöseren Anstrich und findet große Verbreitung. Auch die Bildzeitung beteiligt sich an den Diffamierungskampagnen.

Neben autoritären Playbooks greifen die Akteure hinter den Diffamierungskampagnen auf aggressive PR-Strategien zurück: Die gezielte Einschüchterung läuft über Desinformation, Angriffe auf öffentliche Fördergelder sowie zentrale zivilgesellschaftliche Instrumente wie Beteiligungs- und Klagerechte. PR-Strategien und Konzernlobbyisten greifen darüber hinaus auch auf gezielte Klagen zum Zweck der Einschüchterung und die Methode des „Astroturfings“ zurück. Hierbei wird künstlichen Bürgerinitiativen Protest von unten suggeriert und damit Verwirrung gestiftet.

Die Kampagne gegen zivilgesellschaftliche Akteure hat bereits Folgen – auch in Deutschland:Das Klima für progressive politische Vereine und NGOs ist rau geworden. Schon jetzt verstummen immer mehr zivilgesellschaftliche Vereine als politische Akteure. Gelder und Stellen werden gestrichen und zivilgesellschaftliche Instrumente wie Klage- und Beteiligungsrechte infrage gestellt. NGOs werden aus politischen Beteiligungsprozessen gedrängt – in Deutschland, aber auch auf EU-Ebene.

So wurden EU-Kommissar*innen verpflichtet, jetzt zweimal jährlich so genannte „implementation dialogues“ mit Unternehmen zu halten, um Probleme bei der Umsetzung von Gesetzen zu verstehen und Möglichkeiten zur Vereinfachung und Entlastung zu identifizieren. Das ist an sich nicht falsch, aber die Sichtweise z.B. der Umweltverbände wird dabei komplett ausgeblendet.

Zivilgesellschaft braucht Rückendeckung und Stärkung: Damit die Zivilgesellschaft weiter die Demokratie stärken kann, braucht es klare politische Rückendeckung. Die Unionsparteien dürfen sich nicht von der AfD und ihrem Umfeld treiben lassen. Es braucht endlich ein angemessenes Gemeinnützigkeitsrecht, gesicherte öffentliche Finanzierung und Regeln gegen einseitigen Lobbyeinfluss.

Jetzt die Studie kostenlos herunterladen!

Lesen Sie die vollständige Studie um zu erfahren, wer hinter den Angriffen auf die Zivilgesellschaft steckt.

Die Studie wird es demnächst auch als gedruckte Ausgabe im LobbyControl-Shop geben.


Zum Weiterlesen

LobbyControl/Markus Jäger - CC-BY-NC-ND 4.0

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