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Aus der Lobbywelt

Interessenkonflikt: Wirtschaftsweise Grimm und Siemens Energy

Am 26. Februar 2024 wurde die Wirtschaftsweise Veronika Grimm in den Aufsichtsrat von Siemens Energy gewählt. Trotz öffentlicher Kritik, die auch aus dem Sachverständigenrat selbst kam, verzichtete Grimm nach ihrer Wahl in den Aufsichtsrat nicht auf ihre Funktion als Wirtschaftsweise. Wir fordern Konsequenzen, damit der offensichtliche Interessenkonflikt ein Ende hat.

von 25. März 2024

Der Interessenkonflikt liegt auf der Hand: Veronika Grimm berät die Bundesregierung als Mitglied des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (Wirtschaftsweisen). Ihr Schwerpunkt liegt unter anderem in den Bereichen Energiemärkte und Energiemarktmodellierung. Sie ist außerdem Mitglied in mehreren weiteren energiepolitischen Beratungsgremien der Bundesregierung, darunter im Nationalen Wasserstoffrat der Bundesregierung und in der Expertenkommission zum Monitoringprozess „Energie der Zukunft“ beim Wirtschaftsministerium.

Für ihre Mitgliedschaft im Aufsichtsrat von Siemens Energy bekommt Grimm nun eine satte Vergütung. Die Interessen des Konzerns wird sie fortan im Blick haben. Ihre Vergütung liegt bei mindestens 120.000 Euro. Hinzu kommen weitere Zulagen für mögliche Mitgliedschaften in Untergremien des Aufsichtsrats sowie Aufwandsentschädigungen für die Teilnahme an Sitzungen. Damit dürfte sie bei Siemens Energy mehr verdienen, als mit ihrer Tätigkeit als Wissenschaftlerin an der TU Nürnberg.

Scharfe Kritik: Grimm muss sich entscheiden

Alle übrigen Mitglieder des Sachverständigenrats hatten die Entscheidung von Grimm kritisiert und sie dazu aufgefordert sich für eines der Mandate zu entscheiden. Dies bestätigte die Vorsitzende des Sachverständigenrats Monika Schnitzer auch gegenüber LobbyControl.

Entweder Beraterin der Bundesregierung oder Aufsichtsrätin eines Dax-Konzerns. Das hatten wir ebenfalls öffentlich eingefordert, bedauerlicherweise ohne Konsequenzen: Grimm entschloss sich, die Kritik ihrer Kolleg:innen und der Zivilgesellschaft zu ignorieren, und weder auf das Aufsichtsratsmandat noch auf ihre Tätigkeit als Wirtschaftsweise zu verzichten. Eine Antwort Grimms auf eine Anfrage von LobbyControl steht noch aus.

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Interessenkonflikt muss Konsequenzen haben

Es ist nachvollziehbar, dass die Bundesregierung nicht inmitten eines Verfahrens die Compliance Regeln oder das Gesetz des Sachverständigenrats ändern will. Das sollte sie aber perspektivisch tun und dafür sorgen, dass solche Interessenkonflikte von vornherein nicht zustande kommen.

Die bestehenden gesetzlichen Regeln verbieten zwar ein Aufsichtsratsmandat bei einem Dax-Konzern nicht. Und es ist auch nicht das erste Mal, dass ein Mitglied aus dem Sachverständigenrat gleichzeitig eine solche Funktion wahrnimmt. Auch die ehemaligen Ratsmitglieder Wolfgang Franz, Jürgen Donges und Beatrice Weder di Mauro hatten vergleichbare Mandate bei Wirtschaftsunternehmen, die ebenso problematisch waren.

Gleichzeitig sieht das Sachverständigenratgesetz bereits bestimmte Ausschlussgründe vor, die eine Unabhängigkeit insbesondere von wirtschaftlichen Interessen sicherstellen sollen. Konkret heißt es in der seit den 1960er Jahren nicht geänderten Passage in §1 Absatz 3 SachvRatG: „Sie dürfen ferner nicht Repräsentant eines Wirtschaftsverbandes oder einer Organisation der Arbeitgeber oder Arbeitnehmer sein oder zu diesen in einem ständigen Dienst- oder Geschäftsbesorgungsverhältnis stehen.“ Hier ist eine Modernisierung und Anpassung der Regeln überfällig.

Um dennoch jetzt akut die Unabhängigkeit des Sachverständigenrats und wirtschaftspolitischer Beratung insgesamt zu gewährleisten, sollte Veronika Grimm sich künftig nicht mehr zu energiepolitischen Fragen im Rat äußern. Zusätzlich fordern wir, dass sie sich aus den energiepolitischen Beratungsgremien für die Bundesregierung zurückzieht. Andernfalls bleibt der Verdacht bestehen, dass Grimm ihre Beratertätigkeiten künftig für die Interessen von Siemens Energy einsetzt.


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