Nebeneinkünfte

Aserbaidschan-Affäre: CDU sollte Strenz ausschließen

Jetzt ist es amtlich: die CDU-Abgeordnete Karin Strenz hat gegen die Verhaltensregeln des Deutschen Bundestages verstoßen. Strenz hatte dubiose Gelder aus Aserbaidschan angenommen und nicht fristgemäß offengelegt. Die Unionsfraktion müsste jetzt Konsequenzen ziehen – bleibt aber merkwürdig still.
von 22. Januar 2019

Jetzt ist es amtlich: die CDU-Abgeordnete Karin Strenz hat gegen die Verhaltensregeln des Deutschen Bundestages verstoßen. Strenz hatte Honorare von dem Aserbaidschan-Lobbyisten Eduard Lintner nicht fristgemäß offen gelegt und die Firma Extent GmbH verschwiegen, die sie mit einer ehemaligen Mitarbeiterin Lintners gegründet hatte. Gleichzeitig machte sie Schönwetter-PR für das autokratische Regime in Baku. Frau Strenz‘ Aussage, sie habe alle Transparenzanforderungen eingehalten, ist damit offiziell widerlegt. LobbyControl fordert, dass Frau Strenz ihr Bundestagsmandat niederlegt. Die Unionsfraktion im Bundestag müsse Strenz ansonsten ausschließen.

Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble hat am Freitag eine Verletzung der Verhaltensregeln für Abgeordnete durch die CDU-Abgeordnete Karin Strenz festgestellt und eine Rüge ausgesprochen (pdf). Zudem droht Strenz nach Informationen des Tagesspiegel eine Geldstrafe in fünfstelliger Höhe. Bevor das Präsidium des Bundestags ein solches Ordnungsgeld als höchste Sanktionsstufe verhängt, soll Frau Strenz noch einmal selbst Stellung beziehen.

Lange Liste von Verfehlungen

Jetzt ist die Union gefordert: Sollte Frau Strenz ihr Mandat nicht von sich aus niederlegen, sollten die Konservatien sie aus der Fraktion ausschließen. Denn die Liste der Verfehlungen von Frau Strenz ist lang. Zu lang. Sie hat sich einem zweifelhaften Regime angedient, die Verhaltensregeln verletzt, ihre Wählerinnen und Wähler absichtlich getäuscht und sich der umfassenden Aufklärung der Vorwürfe entzogen. Der Europarat hat bereits Konsequenzen gezogen und Frau Strenz ein lebenslanges Hausverbot erteilt.

Fragwürdige Nähe: Karin Strenz überreicht Aserbaidschans Präsident Alijew ein Gastgeschenk. Screenshot: Report Mainz/ ARD von Screenshot www.azertag.az

Umso befremdlicher, dass die Union bislang auffällig still bleibt. Auf Anfrage von LobbyControl wollte sich die Bundestagsfraktion nicht zur Rüge äußern. Frau Strenz selbst akzeptiert die Rüge. Zugleich redet sie davon, dass sie 2021 vielleicht nochmal für den Bundestag antreten könnte – das ist kaum zu glauben! Falls Strenz das versuchen wollte, muss sie mit heftigem Gegenwind rechnen. Wir werden sicher kein Gras über diese Affäre wachsen lassen. In ihrem Landesverband Mecklenburg-Vorpommern wächst inzwischen der Druck auf Strenz. Laut NDR gibt es Diskussionen, Frau Strenz den Ehrenvorsitz des Kreisverbands Ludwigslust-Parchim abzuerkennen.

Doch das reicht nicht. Es geht hier schließlich nicht um eine Petitesse: Aserbaidschans Autokrat Alijew regiert sein Land mit eiserner Hand. Sein Regime steht wegen Korruption und Menschenrechtsverletzungen international in der Kritik. Um seine Interessen durchzusetzen und sein Image aufzupolieren, hat das Regime in den vergangenen Jahren systematisch Geld und Geschenke an europäische Politiker vergeben und ein beachtliches Lobbynetzwerk aufgebaut. Mit Karin Strenz war auch eine deutsche Bundestagsabgeordnete Teil dieses Netzwerks. Es darf nicht sein, dass zweifelhafte Regime mit solchen Methoden Einfluss auf unsere Politik nehmen.

Politische Antwort nötig: schärfere Regeln und Lobbyregister

Die Aserbaidschan-Affäre erfordert auch eine politische Antwort. Der Bundestag muss endlich die Empfehlungen der Staatengruppe gegen Korruption (GRECO) umzusetzen. Das Antikorruptionsgremium fordert umfassendere Regeln für Interessenkonflikte von Abgeordneten und eine verbesserte Kontrolle und Durchsetzung der Anzeigepflichten für Bundestagsabgeordnete. Zusätzlich wäre ein verbindliches Lobbyregister wichtig, um transparent zu machen, wer in wessen Auftrag in Deutschland Interessen vertritt. Insbesondere die Aktivitäten des Aserbaidschan-Lobbyisten und CSU-Politikers Eduard Lintner wären so wesentlich früher für Politik und Öffentlichkeit nachvollziehbar geworden.

[su_spoiler title=“Mehr zum Hintergrund“ open=“no“ style=“default“ icon=“plus“ anchor=““ class=““]Frau Strenz hatte von dem Aserbaidschan-Lobbyisten Eduard Lintner über die Firma Line-M Trade Geld angenommen. Diese Einkünfte hatte sie nicht fristgemäß gemeldet. Dadurch waren ihr Interessenkonflikt nicht sichtbar als sie 2015 als Wahlbeobachterin des Europarats in Aserbaidschan war. Zudem hatte sie einer Mitarbeiterin Lintners die Firma Extent GmbH gegründet, die Anteile daran aber kurz darauf ihrem Mann überschrieben und die Firma damals nicht gemeldet. Als die Vorwürfe gegen sie kurz vor der Bundestagswahl 2017 bekannt wurden, behauptete Frau Strenz in einer Erklärung kurz vor der Wahl, dass sie „allen rechtlichen Transparenzanforderungen“ nachgekommen sei. Sie hat damit kurz vor der Wahl ihre Wählerinnen und Wähler getäuscht. Ihre Aserbaidschan-Verbindungen waren ein Thema bei der Wahl. Frau Strenz wurde am 24.9. nur mit großen Verlusten als Direktkandidatin wieder gewählt. Und dieser Wahl ging eine Erklärung voraus, in der sie an diesem wichtigen Punkt die Unwahrheit sagte.

In der Folge hat sich Frau Strenz einer umfassenden Aufklärung verweigert. Insbesondere hat sie sich einer mündlichen Befragung durch die Untersuchungskommission des Europarats entzogen. Sie begründet das öffentlich mit ihrer Krankschreibung. Laut Europarat-Bericht trifft dies aber nur für Oktober 2017 zu. Frau Strenz hat dann im November 2017 eine schriftliche Stellungnahme für das Untersuchungsgremium abgegeben. Doch das reichte den Sonderermittlern nicht. Sie fragten Frau Strenz ein zweites Mal um eine mündliche Befragung. Im Januar 2018 verweigerte sich Frau Strenz einer erneuten Einladung mit Verweis auf ihre parlamentarischen Verpflichtungen. Zu dieser Zeit arbeitete der Bundestag wegen der verzögerten Regierungsbildung noch gar nicht voll. Es gab nur den Hauptausschuss, in dem Strenz nicht Mitglied war. Die Begründung für ihre erneute Absage ist unglaubwürdig.
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