Anfang der Woche wurde bekannt, dass die rheinland-pfälzischen Landtagsabgeordneten zukünftig ihre Nebentätigkeiten offenlegen sollen. Und das, obwohl Landtagspräsident Joachim Mertes (SPD) dies letzte Woche noch für unnötig hielt. Wir waren nicht ganz unbeteiligt daran, dass die Regierungsparteien nun plötzlich Handlungsbedarf bei den Nebeneinkünften sehen. Lesen Sie selbst, wie es dazu kam.
Eine Nachricht sorgt für Furore

Joachim Mertes (SPD): „Der rheinland-pfälzische Abgeordnete, wenn der wirklich mal was bekommt, dann sind das drei Flaschen Wein für eine gute Rede.“
Letzte Woche sorgte in Rheinland-Pfalz eine Äußerung des Landtagspräsidenten Joachim Mertes (SPD) für Furore: Mertes sagte gegenüber dem SWR, Nebeneinkünfte von Abgeordneten bräuchten grundsätzlich nicht veröffentlicht werden.
Hintergrund war unsere Berichterstattung über die Nebentätigkeiten des rheinland-pfälzischen Bundestagsabgeordneten Norbert Schindler (CDU). Schindler ist neben seinem Mandat und seiner Mitgliedschaft im Agrarausschuss unter anderem Vorsitzender des Bundesverbands der deutschen Bioethanolwirtschaft. Er hat sich im Bundestag für Bioethanol eingesetzt und war gleichzeitig bezahlter Lobbyist der Bioethanolwirtschaft – ein klarer Interessenkonflikt. Das hatten wir in unserem Blog kritisiert, woraufhin der SWR über Schindler berichtete und schließlich begann, auch nach den Nebentätigkeiten und -einkünften der Mainzer Landtagsabgeordneten zu fragen.
Transparenz oder Lebenserfahrung?
Bisher müssen Abgeordnete im Mainzer Landtag ihre Nebeneinkünfte nicht offenlegen. Der Landtagspräsident verteidigte diese Regelung gegenüber dem SWR, denn schließlich müssten die Abgeordneten ihm gegenüber ihre Einkünfte angeben. Das müsse reichen, so Mertes: „Gehen Sie davon aus, meine Lebenserfahrung reicht einigermaßen aus, um zu sagen, dies ist jetzt über der roten Linie oder nicht.“
Mertes möchte also allein darüber urteilen, ob Abgeordnete in Interessenkonflikten stehen oder durch üppige Nebenverdienste ihr Abgeordnetenmandat vernachlässigen. Das ist in der Tat ein verqueres Verständnis von Demokratie. Genau das sagten wir auch dem SWR. Und plötzlich ging es ganz schnell: Innerhalb einiger Stunden reagierten die regierenden Parteien SPD und Grüne und verkündeten in Zukunft die Nebeneinkünfte selbstverständlich offenzulegen. Zwar nicht vollständig auf Euro und Cent. Aber immerhin nach dem neuen Zehn-Stufen-Modell des Bundestages. „Die rheinland-pfälzische Regelung kann so nicht bleiben“, sagte SPD-Fraktionschef Hendrik Hering am Freitag gegenüber der Nachrichtenagentur dpa. „Es besteht vollkommene Einigkeit zwischen Rot-Grün, dass sie geändert wird.“
Für uns ist das ein schöner Erfolg, der zugleich zeigt: Ohne medialen Druck gelingt es der Politik nur selten, für mehr Transparenz zu sorgen und dem Lobbyismus Schranken zu setzen.
Bild: Sven Teschke, CC BY-SA 3.0 DE
1. Mai 2014 um 14:12
Hallo Herr Lange,
freut mich, dass ein weiteres Bürgerverlangen seinen Weg geht.
Wo und an welcher Stelle kann ich von den Nebeneinkünften überzeugen?
Sollten die Nebenverdiener und ihre Quellen nicht öffentlich in den Medien gemacht werden? Vielen Dank für Ihre Bemühungen zum Beantworten meiner Fragen.
Viele Grüße
Anton Schultz
1. Mai 2014 um 8:15
Herzlichen Glückwunsch zu dieser gelungenen Aktion. Es ist immer wieder zu beobachten, wie die Ämter der repräsentativen Demokratie einen bestimmten Menschenschlag magnetisch anziehen. Gegen die negativen Folgen hilft nur wirksame oeffentliche Kontrolle von unten. Lobbycontrol ist unverzichtbar.
30. April 2014 um 17:15
Wenn schon gewählte Abgeordnete nichts von der Trennung ihres Mandats und privaten Interessen halten, wie soll dann das Wahlvolk daran glauben, dass Demokratie die beste und gerechteste aller Regierungsformen ist?
Gerade die Lobbyisten widerlegen durch ihr Tun diese Einschätzung. Politikverdrossenheit sollte deshalb unsere Regierenden nicht wundern. Es wäre in ihrem eigensten Interesse, zumindest ihren eigenen Parteifreunden endlich ins politische Gewissen zu reden.
30. April 2014 um 15:00
Man geht häufig einen langen und beschwerlichen Weg, wenn man privatwirtschaftliche Interessen und deren Einflussnahme auf politische Entscheidungen offen legen will. Dieser Weg ist jedoch unbedingt notwendig, um demokratische Verhältnisse zu schaffen. Bedrückend ist für mich, wie weit die Einflussnahme auf Parlamente (EU, Bund, Länderparlamente, usw.) heute bereits geht.
Insofern gibt die Reaktion des Mainzer Parlaments ein wenig Hoffnung, dass gute Recherche erfolgreich sein kann. Zugleich können solche Aktionen auch das kollektive Bewusstsein gegen die privatwirtschaftliche Einflussnahme auf die demokratische Willensbildung stärken.
30. April 2014 um 12:46
Gute Arbeit. Weiter so! Macht ihnen Feuer unter dem Hintern.