Lobbyismus in der EU

Was machen Banker bei den Euro-Gipfeln?

Banken und griechische Regierung haben sich nach Medienberichten auf einen Schuldenschnitt geeinigt – auch wenn die Veröffentlichung der Details noch aussteht. Das Corporate Europe Observatory (CEO) veröffentlichte bereits im Januar eine Studie zur Rolle der Banker bei den EU-Gipfeln zur Griechenland-Krise. Sie kritisiert die Allgegenwart der Banken bei den Entscheidungen und die Intransparenz des Europäischen […]
von 15. Februar 2012

Banken und griechische Regierung haben sich nach Medienberichten auf einen Schuldenschnitt geeinigt – auch wenn die Veröffentlichung der Details noch aussteht. Das Corporate Europe Observatory (CEO) veröffentlichte bereits im Januar eine Studie zur Rolle der Banker bei den EU-Gipfeln zur Griechenland-Krise. Sie kritisiert die Allgegenwart der Banken bei den Entscheidungen und die Intransparenz des Europäischen Rates.

Der europäische Rat verweigert Dokumente

Für die Studie bat CEO den Europäischen Rat um die Dokumente zu den Treffen mit der Bankenlobby, dem Institute of International Finance (IIF), sowie die von IFF überreichten Papiere. In der Antwort hieß es, dass vor, während und nach den Gipfeln lediglich Diskussionen zwischen dem Mitgliedsstaat Griechenland und dem IIF stattgefunden hätten. Diese Diskussionen wurden von Vertretern der Europäischen Kommission, der Europäischen Zentralbank und dem Internationalen Währungsfonds sowie von Vittorio Grilli (Präsident des Wirtschafts- und Finanzausschusses) begleitet.

CEO bezweifelt die Darstellung und hat eine Beschwerde an den Europäischen Rat geschrieben mit einem Antrag auf eine interne Untersuchung. Die Studie verweist auf diverse Medienberichte, dass auch Treffen mit anderen Ratsmitgliedern stattgefunden haben und das IIF ihren Einfluss auf höchster Ebene geltend machen konnte. Außerdem greift CEO das IIF-Statement auf, das die Bankenlobby auf Anfrage von LobbyControl machte. Daraus geht deutlich hervor, dass IIF-Geschäftsführer Dallara, Josef Ackermann als IFF-Präsident und Badouin Prot von der Bank BNP Paribas eine ganze Reihe von EU-Vertretern am Rande des Eurogipfels im Juli 2011 trafen. .

Auch ein IIF-Briefing von September 2011 macht die engen Kontakte von IIF und europäischen Regierungen deutlich:

„The elements of a possible approach to the private sector involvement were developed and were finally agreed with key Euro Area and Greek officials, and eventually with the heads of the Euro Area states or governments and EU institutions or IMF at their meeting of July 21, following negotiations led by IFF board chairman Josef Ackermann“.

Banker auf beiden Seiten

Zudem säßen auf beiden Seiten des Verhandlungstisches Banker. Petros Christodoulou, der schon für Goldmann Sachs und der griechischen Nationalbank gearbeitet hat, hat nun eine führende Rolle im griechischen Verhandlungsteam. Der führende griechische Wirtschaftsberater des Premierministers Papademos, Gikas Chardouvelis, ist gerade beurlaubt von seiner Arbeit bei der Eurobank EFG, einem anderen Mitglied des IIF.

CEO kritisiert die Allgegenwart der Repräsentanten der großen Banken und den leichten Zugang den sie zu den Entscheidungsträgern besitzen. Dies erkläre, wie die Ergebnisse der Treffen von der Bankenlobby beeinflusst wurden und stets zu deren Gunsten ausgefallen sind. Damit lade die EU die Banken dazu ein, einen Weg aus der Krise zu bestimmen, die sie selbst verursacht haben, anstatt das Finanzsystem zu ändern und das unverantwortliche Handeln der Banken zu sanktionieren. Für diese einseitige Einflussnahme gewannen Deutsche Bank und Ackermann als IIF-Präsident letzten Dezember auch die Lobbykratie-Medaille.

Merkels Angebot: 10 Mrd. zusätzlich

Gerade aus deutscher Sicht ist neben der CEO-Studie ein Zitat des IIF-Geschäftsführers Charles Dallara sehr interessant. Auf die Frage nach dem entscheidenden Wendepunkt der Verhandlungen beim EU-Gipfel im Oktober, antwortet der Bankenlobbyist:

Wir gingen anfangs nicht davon aus, dass wir uns mit den Regierungschefs treffen würden. Aber die staatlichen Garantien, die im Gespräch waren, reichten uns nicht, um einem 50-Prozent-Abschlag zustimmen zu können. Daraufhin schaltete sich Angela Merkel ein und erhöhte die Garantien von 20 auf 30 Milliarden Euro. Das gab den Ausschlag.

(Quelle: Welt am Sonntag, 30.10.2011)

Die deutsche Regierung versuchte damals den Eindruck zu erwecken, Angela Merkel habe damals die Banken durch ihr hartes Auftreten zu einem Schuldenschnitt von 50 Prozent bewegt (inzwischen soll er sogar bei etwa 70% liegen). Das Zitat von Dallara zeigt eine andere Sicht: danach war es nicht das harte Auftreten, sondern 10 Mrd. Euro zusätzlich, mit denen Merkel die Zustimmung der Bankenlobby erkaufte. Zum anderen bestätigt Dallara damit, dass es Treffen der Bankenlobby mit Vertretern der EU und der europäischen Regierungen gab – über die griechische Regierung hinaus. Insofern ist zu hoffen, dass die Beschwerde von CEO erfolgreich sein wird und darüber weitere Dokumente über diese Treffen an die Öffentlichkeit kommen. Denn gerade angesichts der unterschiedlichen Darstellungen der Verhandlungen durch Regierungen und Bankenlobby wäre es für die Bürgerinnen und Bürger wichtig, ein klareres Bild zu gewinnen, was hinter den Kulissen real vor sich ging.

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