Aus der Lobbywelt

Ein enges Verhältnis – Politik und Tabakindustrie

Unabhängig von der Diskussion auf europäischer Ebene, könnte es einen neuen Anlauf für ein bundesweites Rauchverbot geben. Laut einem Bericht der taz von gestern wirft der SPD-Abgeordnete Lothar Binding in einem offenen Brief sowohl dem Innenministerium, als auch eigenen Fraktionsgenossen vor, sich von der Tabaklobby beeinflussen zu lassen. Binding kritisiert, das Innenministerium habe bei der […]
von 2. Februar 2007

Unabhängig von der Diskussion auf europäischer Ebene, könnte es einen neuen Anlauf für ein bundesweites Rauchverbot geben. Laut einem Bericht der taz von gestern wirft der SPD-Abgeordnete Lothar Binding in einem offenen Brief sowohl dem Innenministerium, als auch eigenen Fraktionsgenossen vor, sich von der Tabaklobby beeinflussen zu lassen. Binding kritisiert, das Innenministerium habe bei der Begründung der Entscheidung gegen eine bundesweite Regelung zum Nichtraucherschutz die Argumentation der Tabakindustrie übernommen und hält die Stellungnahme des Innenministeriums für zweifelhaft. Das Gutachten, auf das das Innenministerium seine verfassungsrechtlichen Bedenken stützt, bezieht sich mehrfach auf die Aussagen des Rechtsprofessors Fritz Ossenbüh. Dieser ist laut taz in den 90er Jahren als Rechtsvertreter der Tabakindustrie im Verfahren gegen Warnhinweise auf Zigarettenpackungen vor dem Bundesverfassungsgericht tätig gewesen ist.
Auch der Umstand, dass sein Parteigenosse und Fraktionsvize Joachim Poß im Dezember von der Tabaklobby die Auszeichnung „Pfeifenraucher des Jahres“ verliehen bekam und Fraktionschef Peter Struck zu diesem Anlass eine Lobrede hielt, ist Binding zufolge „ein schwer erträglicher Vorgang“ .

Die Nichtraucher-Initiative Deutschland (NID) ist nicht minder empört als Binding und klagt, hierzulande herrsche „ein politisches Klima zugunsten der Tabakindustrie, das in Europa einzigartig ist“. Die NID verweist darauf, dass Unionspolitiker in der parlamentarischen Nichtraucherschutz-Debatte nicht einmal davor zurückschreckten, als Argumentationsgrundlage ein Papier des Verbands der Cigarettenindustrie (VdC) nahezu wörtlich – samt Kommafehlern – zu übernehmen. Ein weiteres Beispiel für die Nähe zwischen Politik und Tabaklobby liefert der Bundesvorsitzende der SPD Kurt Beck. Dem Kölner Stadt-Anzeiger zufolge, ließ der Vertreter der Devise „Aufklärung statt Bevormund“ und bekennende Gegner einer verbindlichen Nichtraucherschutz-Regelung sich eine finanzielle Unterstützung des letztjährigen Sommerfestes seiner Landesvertretung in Höhe von 6500 Euro durch die Tabakindustrie zukommen.

Das Forum-Rauchfrei hat im Dezember eine Dokumentation (PDF, 1,97 MB) veröffentlicht, in der die Verbindungen zwischen Politik und Tabakindustrie untersucht werden. Ebenfalls lesenswert ist der Artikel der „Zeit“ über den Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Cigarettenindustrie von Anfang Januar.

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