Flicker/Elvert Barnes Photography - CC-BY-SA 2.0
Reichtum und Einfluss

Lobbytreffen von Rechtspopulisten

Bei einer Kampagnen-Konferenz in Berlin vernetzen sich teils ultrarechte Lobbyakteure USA, Ungarn, Österreich und Deutschland und suchen den Anschluss an konservative Parteien. Auch Akteure aus dem Umfeld der CDU sind dabei. Sie sollten von diesen antidemokratischen Netzwerken klar Abstand halten.

von 2. September 2025

In Berlin treffen sich diese Woche erneut führende Köpfe der rechtspopulistischen Kampagnenwelt auf der Berlin Campaign Conference: Darunter sind Denkfabriken, die den Regierungen in Ungarn und den USA nahestehen, wie etwa die Heritage Foundation. Eingeladen hat zu diesem Treffen die deutsche Kampagnen-Organisation The Republic.

Internationale rechtspopulistische Strategien auf der Agenda

Referenten aus Ungarn, den USA oder Österreich sollen hier vermeintliche „Mitte-Rechts-Bündnisse“ schließen, doch mit Programm und Gästen dockt die Konferenz offensichtlich an rechtspopulistische und teils autoritäre Strategien an. Auf der Webseite zur Konferenz heißt es, „Mitte-Rechts“Bewegungen unterschieden sich eher durch Framing und Tonalität von Rechtspopulisten und hätten politisch jedoch große Überschneidungen. Man will von den Strategien lernen, sei es, die Rolle von Denkfabriken bis zum Wirken in die Politik zu erweitern oder Rhetoriken wie die des „anti-woke“ für eigene Kampagnen zu nutzen.

Letztes Jahr sorgte vor allem für mediales Aufsehen, dass die CDU ihre Kampagnen-Chefin Christine Carboni als Speakerin einspannen ließ und sich nicht klar von diesen erzkonservativen bis libertären Lobbyakteuren abgegrenzt hat. Dieses Jahr steht zwar kein CDU-Personal offiziell auf dem Programm. Doch aus dem Umfeld der Union sind Akteure eingebunden. Die CDU sollte dafür sorgen, dass auch ihr Umfeld sich von anti-demokratischen Netzwerken fernhält.

Schulterschluss mit der Union?

Die Konferenz wird organisiert vom Macher der Kampagnenorganisation The Republic, dem Ex-CSU-Wahlkämpfer Armin Petschner-Multari, der sich mal als „CSU bis zum Umfallen“ bezeichnete. Veranstaltungspartner sind neben der Union Stiftung das Orban-nahe Danube Institute, das Leadership Institute, eine rechtskonservative Kaderschmiede aus den USA und das internationale Netzwerk International Democratic Union (IDU), zu dem auch CDU und CSU gehören. Auch die deutsche PR-Lobbyagentur INSM ist wie letztes Jahr Teil des Programms. Die INSM ist die Lobbyorganisation der Arbeitgeberverbände Gesamtmetall und fiel wiederholt mit fragwürdigen Lobbykampagnen auf. Trotzdem hat sie gute Kontakte in die Politik und spannt vor allem Politiker*innen von CDU und FDP in ihre Lobbykampagnen ein.

Thorsten Alsleben (INSM), Friedrich Merz und Julia Klöckner (CDU) beim Parteitag der CDU 2024 in Berlin.
Flickr/INSM - CC-BY-ND 2.0
Thorsten Alsleben (INSM), Parteichef Friedrich Merz und Julia Klöckner (CDU) beim CDU-Parteitag am Stand der Lobbyorganisation INSM, vernichten sinnbildlich das Lieferkettengesetz.
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Thorsten Alsleben (INSM), Friedrich Merz und Julia Klöckner (CDU) beim Parteitag der CDU 2024 in Berlin.
Thorsten Alsleben (INSM), Parteichef Friedrich Merz und Julia Klöckner (CDU) beim CDU-Parteitag am Stand der Lobbyorganisation INSM, vernichten sinnbildlich das Lieferkettengesetz.

Union Stiftung als Geldgeber der Konferenz

Die Union Stiftung ist erneut Partner der Konferenz und finanziert die Veranstaltung mit, wie auch gegenüber Correctiv bestätigt wurde. Die saarländische Stiftung ist zwar offiziell parteiunabhängig, doch steht sie trotzdem der CDU nahe. Die Stiftung hat Vermögenswerte aus der ehemaligen Christlichen Volkspartei des Saarlandes (CVP) übernommen, dem Vorgänger der CDU im Saarland.

In den Gremien der Stiftung sitzen außerdem mehrere Personen, die aktuelle oder ehemalige CDU-Positionen innehatten, z. B. die CDU-Landtagsabgeordnete Jutta Schmitt-Lang. Familiäre Netzwerke erstrecken sich dabei von der Stiftung ins Bundeskabinett: Aufsichtsratsvorsitzender der Union Stiftung ist CDU-Urgestein Hans-Georg Warken, Schwiegervater von Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU).

Geschäftsführer der Union Stiftung ist Michael Scholl, der lange in der Jungen Union aktiv war und aktuell Referent im Vorstand der CDU Hasborn-Dautweiler ist. Er bestreitet gegenüber der Saarbrücker Zeitung zwar, dass es einen „Schulterschluss zu Rechtspopulisten, Trump-Verbündeten und Orbán-Freunden“ durch die Stiftung gäbe. Gleichzeitig richtete er im März eine Veranstaltung mit einem Fürsprecher der ungarischen Regierung aus.

In den eigenen Podcast der Union Stiftung sind größtenteils Gäste aus dem extrem rechten Spektrum eingeladen, darunter auch der ehemalige Forschungsdirektor des ungarischen Mathias Corvinus Collegium (MCC) in Brüssel, Werner Patzelt, der als „Orbán-Versteher“ und Influencer der Neuen Rechten bezeichnet wird.

Auf seinen eigenen Social-Media-Kanälen teilt Scholl Beiträge des Hetzportals Nius oder von Apollo News. In Meinungsartikeln forderte er etwa den Friedensnobelpreis für Donald Trump.

Außerdem berichtet bei der Berlin Campaign Conference eine CDU-nahe Digitalagentur vom Bundestagswahlkampf für die Union.

Orbánisierung als Vorbild

Die Art und Weise, wie Viktor Orbán das politische System in Ungarn umbaut, gilt vielen Rechten als Vorbild zur Errichtung illiberaler und autoritärer Strukturen. Die von Orbáns Regierung mitfinanzierte Danube Stiftung ist wie letztes Jahr Mit-Gastgeber der Berlin Campaign Conference. Ihr Präsident spricht zum Thema „Building the New Majority“.

Mit der Danube Stiftung veranstaltete The Republic letztes Jahr außerdem ein weiteres Treffen, gemeinsam mit dem Deutsch-Ungarischen Institut für Europäische Zusammenarbeit und dem Mathias Corvinus Collegium (MCC). Beim MCC in Ungarn traf kürzlich die Brandenburger CDU-Abgeordnete Saskia Ludwig auf AfD-Chefin Alice Weidel, wie die Journalistin Annika Brockschmidt berichtete.

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Heritage Foundation: Autoritäres Playbook der USA unter Trump

Zu den Speakern gehört auch die inzwischen berüchtigte Heritage Foundation, nach deren ideeller Vorlage „Project 2025“ der radikale und antidemokratische Umbau der USA und die Angriffe auf den Rechtsstaat durchgeführt werden. Die Heritage Foundation ist eine religiös-konservative Denkfabrik mit libertärer Wirtschaftsagenda, die seit Jahren Einfluss auf die Republikanische Partei in den USA nimmt.

Spätestens nachdem seit Januar 2025 zu beobachten ist, wie Trump und sein MAGA-Lager im Eiltempo die US-Demokratie abbauen und Macht beim Präsidenten Trump konzentrieren, sollte klar sein, wie gefährlich die Seilschaften sind, die man hier knüpfen will. Die Angriffe auf den Rechtsstaat, illegalen Massendeportationen und Inhaftierungen, Entlassungen von Beamteten oder der Rollback von Abtreibungsrechten entstammen der Feder dieser Denkfabrik. Seit Jahrzehnten leugnet die Heritage Foundation Klimafakten.

Menschen hinter einem Protestbanner: Stop Project 2025
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Protest gegen das Project 2025 in den USA im Januar 2024.
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Menschen hinter einem Protestbanner: Stop Project 2025
Protest gegen das Project 2025 in den USA im Januar 2024.

Auch das Leadership Institute ist Partner der Kampagnenkonferenz. Dieses sieht sich als Kaderschmiede und will gezielt vermeintlich konservative Aktivist*innen und Politiker*innen ausbilden und fördern, gilt aber auch als radikal rechts. Es ist eng verbunden mit der Heritage Foundation, finanziert diese mit und war auch am Project 2025 beteiligt. Das Leadership Institute wiederum wird auch durch die bekannten Klimafaktenleugner Charles G. und David H. Koch finanziert.

Abtreibungsgegnerin aus Österreich

Anders als letztes Jahr stehen dieses Jahr auch einige österreichische Gäste auf dem Programm: Gudrun Kugler (ÖVP) gilt als erzkonservative christliche Hardlinerin. Sie vertritt antifeministische und queerfeindliche Positionen und nahm mehrfach an Demonstrationen gegen Abtreibungen teil. Zu einem solchen „Marsch fürs Leben“ genannten Protest, an dem Kugler teilnahm, hatte zuvor der bekannte Rechtsextremist Martin Sellner zur Teilnahme aufgerufen.

Kuglers Name tauchte kürzlich in einem Bericht zu Rechtsextremismus auf. Ebenso in einem Leak der Plattform Wikileaks, in dem es um die rechtskonservative Stiftung CitizenGo ging, die antifeministische Politik beeinflusst und eine fragwürdige Kampagnenplattform betreibt.

Die gleiche Plattform brüstete sich zuletzt damit, die Wahl von Verfassungsrichterin Frauke Brosius-Gersdorf verhindert zu haben. Auch hier wurde das Thema Abtreibung mit politisch motivierten Fehlinformationen zu einem rechten Kulturkampf angestachelt.

Israel Defense and Security Forum

Neu ist dieses Jahr auch, dass ein Lobbyakteur bei der Konferenz mitmischt, der der israelischen Regierung nahesteht. Das Israel Defense and Security Forum (IDSF) ist ein Netzwerk von aktiven und pensionierten israelischen Sicherheitskräften. Es versteht sich als unabhängig, steht aber im engen Austausch mit hochrangigen Vertretern der israelischen Regierung, die mindestens in Teilen als rechtsextrem gilt. In Brüssel ist das IDSF bereits durch intransparente Lobbyarbeit aufgefallen, wie eine Recherche von Follow The Money im März aufgedeckt hat.

Treffen mit Europaabgeordneten wurden entgegen der Vorschriften nicht offengelegt. Im Nachgang äußerten sich demnach Abgeordnete zu Sanktionen gegen Israel oder einem Waffenstillstand in Gaza ähnlich wie das IDSF. Im Jahr 2022 bezeichnete Gründer Amir Avivi die EU als „antisemitisch und nicht-zionistisch“. Er lehnt einen palästinensischen Staat ab und steht damit im Widerspruch zur offiziellen EU-Position dazu.

CDU muss Brandmauer gegen Rechts halten

Wenn die CDU es mit der Brandmauer gegen Rechtsextremismus ernst meint, muss sie alle Kooperationen mit solchen Netzwerken unterlassen – auch im Umfeld parteinaher Stiftungen oder Lobbyagenturen. Es ist gut, dass sie dieses Jahr nicht Teil des Programms ist. Sie sollte auch darauf hinwirken, dass ihr nahes Umfeld es genauso tut. Dass die Union Stiftung eine solche Veranstaltung mitorganisiert, ist problematisch. Auch von Lobbyakteuren wie der INSM, die CDU-Politiker*innen regelmäßig umgarnt und einspannt, sollte sie in Zukunft auf Abstand gehen.

Von einem Feigenblatt sollte man sich dabei nicht ablenken lassen: Denn auch wenn zum Programm auch ein Block „Taking on the Far Right – Global Strategies Against Populism“ gehört, geht es wohl eher darum, sich etwas abzuschauen, als sich abzugrenzen von Rechtspopulisten: „The challenge is not just to oppose, but to outcompete“. Die Partner, Speaker und Gäste der Berlin Campaign Conference verdeutlichen, dass das hier keine konservative Konferenz ist, sondern ein rechtspopulistisches Netzwerktreffen.

Mehr zur Heritage Foundation

Mehr zum Mathias Corvinus Collegium

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