Dazu erklärt Nina Katzemich, Sprecherin von LobbyControl:
„Die WELT hat zahlreiche Medien und eine breite Öffentlichkeit mit falschen Behauptungen in die Irre geführt und einen Skandal inszeniert, wo keiner war. Weder hat die EU-Kommission Umweltverbände mit Lobbyarbeit beauftragt, noch handelte es sich um exklusive Einblicke in „Geheimverträge“, wie die WELT behauptet. Es ist unredlich, seine Reichweite und Glaubwürdigkeit zu nutzen, um bewusst falsche Erzählungen als vermeintlichen Skandal zu inszenieren. Mit ihrer Berichterstattung widerspricht die WELT unserer Ansicht nach dem Pressekodex. Wir hoffen, dass der Presserat entsprechende Konsequenzen zieht und eine Rüge gegenüber der WELT ausspricht.
Schon jetzt hat sie mit ihren Artikeln dem Ansehen von Umweltverbänden massiven Schaden zugefügt. Die Berichterstattung war ganz offensichtlich Teil einer bereits länger andauernden Diffamierungskampagne gegen Umweltverbände. In Brüssel überzieht die CSU-Europaabgeordnete Monika Hohlmeier Umweltverbände schon seit Monaten mit falschen Anschuldigungen, um sie zu schwächen und klimapolitische Maßnahmen zurückzunehmen. Auch in Berlin stehen zivilgesellschaftliche Akteure unter Beschuss von Unionspolitiker*innen, WELT und NIUS. Dabei sind zivilgesellschaftliche Organisationen ein für die Demokratie notwendiges Gegengewicht zu finanzstarken Lobbyinteressen. Die WELT reproduziert in ihrer Berichterstattung Narrative, die seit Längerem gezielt genutzt werden, um zivilgesellschaftliche Akteure zu diskreditieren. Wir verstehen es als demokratische Aufgabe, uns vehement gegen die Verbreitung von solchen schädlichen Falschinformationen zu wehren.“
LobbyControl beschwert sich über Verstöße gegen den Pressekodex zur Pflicht zur Wahrhaftigkeit, zur Sorgfalt und zur Richtigstellung. Diese falschen und irreführenden Meldungen kritisiert LobbyControl in seiner Presseratsbeschwerde:
Falsche Behauptungen über angebliche Lobbyaufträge
Die WELT behauptet in allen Artikeln zu dem Thema, die EU-Kommission habe für Fördergelder konkrete Lobbyarbeit von den Umweltverbänden verlangt. Das ist falsch und wurde bereits in mehreren Medien widerlegt. Auch die EU-Kommission selbst hat dem widersprochen. Richtig ist: Umweltverbände bekommen Gelder von der EU-Kommission, um ein demokratisches Gegengewicht zur massiven Lobbymacht von Unternehmen zu ermöglichen. Sie arbeiten aber nicht auf Weisung der Kommission, sondern sind unabhängig.
Angeblich exklusive Einblicke
Mit Überschriften wie „Geheime Verträge – EU-Kommission bezahlte Aktivisten für Klimalobbyismus“ und Schlagzeilen wie „wie aus bisher geheimen Unterlagen hervorgeht“ suggerierte die WELT, sie habe Einblick in bisher unbekannte Vereinbarungen zwischen EU-Kommission und Nichtregierungsorganisationen gehabt. Auch das ist falsch. Die Verträge, mit denen sich Welt am Sonntag und Welt in mehreren Artikeln befassten, stammen aus dem Jahr 2022. Abgeordnete hatten bereits Einsicht erhalten, und sie waren auch bereits von verschiedenen Medien eingesehen und kommentiert worden.
Irreführende Behauptungen der WELT über „Geheimverträge“
Der Begriff und die Berichterstattung suggerieren, es gäbe geheime Verträge, von denen die Öffentlichkeit nichts wissen soll. Das ist grob irreführend: Die Öffentlichkeit kann sich über die Existenz der Verträge auf der Webseite des Förderprogramms der EU-Kommission transparent informieren – auch darüber, wie viel Geld welche Organisation erhält. Die Förderverträge mit allen Geldempfängern – von Umweltverbänden ebenso wie von Unternehmen – sind aber vertraulich, um interne Pläne und Strategien zu schützen. Das ist eine übliche Vorgehensweise. Abgeordnete können auf Wunsch jederzeit Einblick in die Verträge erhalten.
Fehlende Richtigstellung
Die WELT hat ihre falsche Berichterstattung trotz Widerspruch der Betroffenen nicht korrigiert, sondern weiter aufrechterhalten. Auch das verstößt aus unserer Sicht gegen den Pressekodex
Hintergrund
- Welt-Artikel vom 10.6.2025 (paywall)
- Webseite zu den „Operating Grants“ für NGOs im Rahmen des LIFE-Programms
- Politico zum Vorwurf, die EU-Kommission habe NGOs konkrete Lobbyaufträge erteilt
- Süddeutsche zum gleichen Vorwurf
- Programmbeschwerde des BUND beim NDR