Nebeneinkünfte

Unions-Fraktionsvize Fuchs machte unvollständige Angaben

Jahrelang blieb die Tätigkeit des Unions-Fraktionsvize Michael Fuchs für den umstrittenen privaten Nachrichtendienst Hakluyt & Company der Öffentlichkeit verborgen. Denn auf der Bundestagswebseite wurde stattdessen die gemeinnützige Hakluyt Society aufgeführt. Nach unserer Analyse ist der Politiker dafür selbst mitverantwortlich. Ein Schreiben der Bundestagsverwaltung belegt: die falsche Angabe auf der Bundestagswebseite nimmt ihren Ausgang in einer […]
von 18. Januar 2013

Pressefoto von Michael FuchsJahrelang blieb die Tätigkeit des Unions-Fraktionsvize Michael Fuchs für den umstrittenen privaten Nachrichtendienst Hakluyt & Company der Öffentlichkeit verborgen. Denn auf der Bundestagswebseite wurde stattdessen die gemeinnützige Hakluyt Society aufgeführt. Nach unserer Analyse ist der Politiker dafür selbst mitverantwortlich.

Ein Schreiben der Bundestagsverwaltung belegt: die falsche Angabe auf der Bundestagswebseite nimmt ihren Ausgang in einer unvollständigen Meldung der Nebentätigkeit durch Michael Fuchs selbst. Laut dem Schreiben vom 10. Januar 2013 habe Fuchs im August 2008 erstmals eine Vortragstätigkeit für Hakluyt & Company gemeldet. Allerdings nur unter der unvollständigen Bezeichnung „Hakluyt London“ in einer Excel-Liste. Aus ungeklärter Ursache wurde daraus die falsche Angabe Hakluyt Society – und aus der Tätigkeit für einen umstrittenen Privat-Nachrichtendienst wurden Vorträge bei einem gemeinnützigen Verein. Dieser Fehler wurde dann von der Bundestagsverwaltung irrtümlich bis Anfang 2013 fortgeschrieben. Dies räumt die Bundestagsverwaltung ein – aber ihr Schreiben ist keine vollständige Entlastung für den CDU-Politiker, wie von Herrn Fuchs selber dargestellt (siehe die ausführliche Darstellung im separaten Abschnitt unten).

Fuchs spricht von Platzproblemen

In einer Gegendarstellung, die Fuchs gegenüber der Nichtregierungsorganisation Abgeordnetenwatch erwirkt hat, räumt Fuchs sogar selbst unvollständige Angaben ein, begründet diese aber mit Platzproblemen in den Tabellen. Laut Abgeordnetenwatch gibt der Politker an, in den Excellisten sei der komplette Name “Hakluyt & Company” aufgrund von “Platzgründen” abgekürzt worden.

Insofern ist es aus Sicht von LobbyControl nicht zutreffend, wenn Fuchs in Medienberichten darauf beharrt, er habe alles immer korrekt gemeldet und die Bundestagsverwaltung habe dies bestätigt. Selbst formale Korrektheit – wenn es sie gegeben hätte – entschärft nicht die Fragwürdigkeit der Tätigkeit an sich. Und während Fuchs‘ öffentliche Verteidigung stark auf die formale Korrektheit seiner Meldungen abhebt, verweigert er die inhaltliche Rechenschaft über seine Tätigkeit bei dem umstrittener Nachrichtendienstfirma gegenüber der Öffentlichkeit, den Wählerinnen und Wählern.

Fuchs und Hakluyt & Company verweigern Auskünfte

Herr Fuchs verweigert die Auflistung seiner Vortragsthemen und der Kunden, die von seinen Informationen profitiert haben. Auch auf Anfrage an Hakluyt & Company hat LobbyControl nur eine E-Mail der PR-Agentur Brunswick erhalten, dass man nur „off the record“, also vertraulich, antworten könne. Es geht aber darum, dass die Öffentlichkeit nachvollziehen kann, welchen Nebentätigkeiten ein Politiker nachgeht, wer davon profitiert und inwiefern dadurch Interessenkonflikte mit seinem Abgeordnetenmandat entstehen können. Die intransparente Tätigkeit von Herrn Fuchs für eine Firma, die als privater Nachrichtendienst Unternehmen bei der Beschaffung strategischer Informationen hilft, ist für LobbyControl inakzeptabel. Herr Fuchs muss sich entscheiden, ob seine Loyalität einem privaten Nachrichtendienst gilt oder seinen Wählerinnen und Wählern.

Viele Fragen sind noch offen

Herr Fuchs sollte sich u.a. zu folgenden Punkten äußern:

  • Warum ist er als deutscher Bundestagsabgeordneter überhaupt für einen von Ex-Geheimdienstlern gegründeten Nachrichtendienst für Unternehmen tätig?
  • Über welche Themen hat er wann geredet und welche Kunden von Hakluyt & Company waren dabei anwesend?
  • Handelte es sich wirklich immer um Vorträge im eigentlichen Sinn oder hatten die Runden teilweise eher den Charakter von Beratungsrunden für einzelne Kunden?
  • Welche Informationen hat Michael Fuchs bei Hakluyt & Company präsentiert? Hat Herr Fuchs bei seinen Vorträgen z.B. über konkrete Gesetzesvorhaben in Deutschland gesprochen?
  • Wie viele Vorträge hielt Michael Fuchs insgesamt bei der Firma? Für 2009 sind auf der Bundestagswebseite für die 16. Legislaturperiode nur „Vorträge“ angegeben, ohne genaue Anzahl.
  • Seit wann weiß Herr Fuchs von den früheren Spitzelaktionen von Hakluyt & Company gegen Nichtregierungsorganisationen und wie bewertet er diese?
  • Was weiß Herr Fuchs über das operative Geschäft von Hakluyt & Company und wie genau kann er das beurteilen, was die Firma macht?

Herr Fuchs verweist gerne darauf, dass Hakluyt & Company höchst honorig sei und einen namhaften Verwaltungsrat habe. Einen namhaften Beirat hatte die Firma allerdings auch, als sie Ende der 90er Jahre durch einen Spitzel verdeckt Greenpeace, andere Nichtregierungsorganisationen und das Unternehmen Body Shop ausspionierte. Damals war Hakluyt & Company im Auftrag der Ölkonzerne bp und Shell tätig. Ein namhafter Beirat oder Verwaltungsrat ist also keine Garantie, dass die verschwiegene Arbeit des Privat-Nachrichtendiensts auch sauber ist. Und sie kann in keiner Weise die Transparenz und Rechenschaft eines Bundestagsabgeordneten ersetzen.

Eine Anfrage von LobbyControl an Herrn Fuchs und die von ihm beauftragte Anwaltskanzlei Schertz Bergmann zu dem Brief der Bundestagsverwaltung und seiner lückenhaften Erstmeldung blieb bislang unbeantwortet. Auch auf Antworten der Bundestagsverwaltung zu dem Fall und dem generellen Vorgehen bei der Meldung von Nebentätigkeiten warten wir noch. Der Fall Fuchs zeigt deutlich, dass es Probleme bei der Kontrolle der Angaben von Abgeordneten gibt. Wir haben bereits mehrfach strengere Kontrollen der Nebeneinkünfte und Sanktionen für lückenhafte oder falsche Angaben gefordert. Die Kontrolle von Nebentätigkeiten sollte auf eine externe und unabhängige Instanz übertragen werden.


Erläuterungen zu den unvollständigen Angaben von Herrn Fuchs und dem Brief der Bundestagsverwaltung:

Brief der Bundestagsverwaltung im SWR-Beitrag vom 10.1.2013

Brief der Bundestagsverwaltung im SWR-Beitrag vom 10.1.2013

Der Brief der Bundestagsverwaltung wird von Herrn Fuchs auch in einem SWR-Beitrag präsentiert und ist dort auch weitgehend lesbar. Demnach sei nicht mehr genau rekonstruierbar, wie die Verwechslung von „Hakluyt & Company“ mit der Hakluyt Society passierte Das Schreiben sagt, dass es „nicht auszuschließen“ sei, dass die Ergänzung „Society“ ohne Rücksprache mit dem Büro von Fuchs erfolgt sei. Zugleich stellt der Brief klar, dass eine solche Rücksprache zweifellos erfolgt wäre, wenn damals klar gewesen wäre, dass unter „Hakluyt London“ zwei Organisationen als Vertragspartner in Betracht kommen. Der Brief schließt also auch nicht aus, dass es eine Rücksprache mit dem Büro von Fuchs gegeben habe. In den veröffentlichten Angaben übernimmt die Bundestagsverwaltung nicht einfach die unvollständige Angabe von Herrn Fuchs. Insofern wäre es durchaus möglich, dass damals jemand diese Angabe als unvollständig erkannt hat bzw. nicht eindeutig zuordnen konnte. In diesem Fall wäre aber laut dem Schreiben „zweifellos“ eine Rücksprache mit dem Büro von Fuchs erfolgt. Wie es genau gelaufen ist, bleibt offen und wird sich vermutlich nicht mehr eindeutig klären lassen.

Der Brief bestätigt immerhin, dass Herr Fuchs ein einziges Mal 2009 zu Beginn der neuen Legislaturperiode die Nebentätigkeit als „Hakluyt & Co“ meldete. Hier hätte die Verwaltung eigentlich den Fehler bemerken müssen. Der komplette Firmenname wäre allerdings Hakluyt & Company Ltd. gewesen – auch hier ist also die Angabe von Fuchs nicht ganz vollständig. (Ob die Bundestagsverwaltung mit dem kompletten Namen ihren Irrtum leichter bemerkt hätte, ist aber offen.)

Meldeformular von Fuchs im SWR-Beitrag vom 10. Januar 2013

Meldeformular von Fuchs im SWR-Beitrag vom 10. Januar 2013. Der Beitrag wurde inzwischen aus dem Netz genommen.

Bemerkenswert ist, dass Herr Fuchs in der Gegendarstellung auf der Webseite von Abgeordnetenwatch schreibt: „Soweit ich meinen Auftraggeber, die “Hakluyt & Company” bei meinen Meldungen verkürzt angegeben habe, geschah dies allein aus Platzgründen im Rahmen des Meldeverfahrens.“ In einem SWR-Beitrag hat Fuchs aber selbst das Meldeformular in die Kamera gehalten. Darauf ist klar zu sehen, dass hier auch noch „Company“ oder „Company Ltd.“ Platz gehabt hätte. Er hat also durch seine Anwälte eine Gegendarstellung durchsetzen lassen, die im Widerspruch zu den Dokumenten liegt, die er selbst zuvor zu seiner Verteidigung präsentiert hat. Das aber nur nebenbei.

Problematischer ist aus unserer Sicht, dass er in dem SWR-Beitrag das Meldeformular aus 2009 als Beleg dafür präsentiert, dass er immer alles korrekt angegeben habe. Zugleich hat er schwarz auf weiß von der Bundestagsverwaltung vorliegen, dass seine erste Meldung unvollständig war und dies der Ausgangspunkt für die irrtümliche Zuordnung der Vorträge war.


Fragwürdig ist außerdem, dass der SWR das Video zu dem Beitrag auf einmal aus dem Netz genommen hat, wie wir gerade überraschend festgestellt haben (18.1.2013, 14 Uhr). Wie es dazu kam und ob Herr Fuchs dort interveniert hat, versuchen wir noch herauszufinden.
Korrektur: Laut SWR werden alle Beiträge der Landesschau Aktuell nach einer Woche aus dem Netz genommen. Der Beitrag, der insgesamt sehr Fuchs-freundlich ist und seine Aussagen nicht hinterfragt, ist aber noch auf Youtube zu sehen.

Aktualisierung, 18. Januar:
Abgeordnetenwatch berichtet unter der Überschrift „Hat Michael Fuchs im TV die Unwahrheit gesagt?“ über die Angelegenheit und veröffentlicht dazu das Schreiben der Bundestagsverwaltung.

Die taz berichtet ebenfalls über den Fall und einen weiteren merkwürdigen Vortrag von Michael Fuchs.

Aktualisierung, 21. Januar
Nach Abgeordnetenwatch bekam auch netzpolitik eine Unterlassungserklärung und eine Gegendarstellung von Michael Fuchs‘ Anwälten ins Haus. Eine einfache E-Mail oder sogar ein Telefonat hätten vermutlich auch gereicht, um den Fehler zu korrigieren. Aus unserer Sicht etwas unverhältnismäßig immer gleich juristische Geschütze aufzufahren. Unsere Fragen hat Herr Fuchs übrigens bis heute nicht beantwortet.

Aktualisierung, 25 Januar
Nachdem wir diese Woche Antworten der Bundestagsverwaltung bekommen haben, haben wir in einem separaten Artikel beleuchtet, welche Defizite der Fall Fuchs bei den Transparenzregeln für Abgeordnete und beim Meldeverfahren offenbart.

Außerdem gab es diese Woche weitere interessante Medienberichte bei Zapp (NDR) und in der Süddeutschen Zeitung. Zapp berichtet u.a., dass Fuchs sich im Vorfeld der Veröffentlichung mehrfach beim Stern über die Recherchen beschwert hat.

Und Michael Fuchs muss eine weitere Angabe zu Nebentätigkeiten berichtigen: „Bislang hatte der CDU-Abgeordnete behauptet, an der “Grundstücksverwaltung GmbH, Koblenz” beteiligt zu sein. Laut Handelsregister gibt es aber keine Firma mit diesem Namen. Seit gestern ist auf der Bundestagshomepage Fuchs’ Beteiligung bei einer “Grundstücksverwaltungs- und Beratungs-GmbH & Co KG, Koblenz” vermerkt, die im April 2012 unter dem Namen “GVUB” ins Handelsregister eingetragen wurde. Unternehmenszweck ist laut Handelsregister ‚der Erwerb und die Veräußerung, die Unterhaltung, die Verwaltung von Grundbesitz und sonstigen Vermögenswerten sowie die Beratung von Unternehmen, insbesondere im Hinblick auf der strategische Ausrichtung.'“ (Zitat von abgeordnetenwatch.de)

Relevant ist die Änderung, weil die bisherige Angabe nicht zeigt, dass die Firma auch als Unternehmensberatung arbeitet. Das ist hinsichtlich der Interessenkonflikte für einen Abgeordneten natürlich viel heikler als eine reine Grundstücksverwaltung.

Foto oben: Pressefoto von der Webseite von Michael Fuchs, Fotograf: Laurence Chaperon.

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6 Kommentare

rusti18. Januar 2013 um 17:23

Einer der übelsten und widerlichsten Wirtschaftslobbyisten unserer Republik. Vor allem der öffentlich rechtliche Parteifunk sollte sich schämen, wenn er diesem Herrn „Politiker“
immer wieder unkritisch eine Plattform für seine hohle Atom- oder INSM Propaganda gibt. Ein Wolf im Schafspelz, der sich ganz und gar dem angelsächsischen neoliberalen Wirtschaftsfaschismus verschrieben hat.

Horst Reißner25. Januar 2013 um 18:23

Als der SPD Kanzlerkandidat seine Nebentätigkeit und dem damit verbundenen Verdienst offen legte, da waren es besonders die Bundestags-abgeordneten der CDU die gegen ihn zu Felde zogen und versuchten Herrn Steinbrück völlig unmöglich zu machen. Wie ist denn das nun mit Herrn Fuchs. Wie sagt man so richtig, schmeiße nicht mit Steinen, wenn du selbst im Glashaus sitzt. Man kommt immer wieder zu den Eindruck, dass viele dieser Abgeordneten nur in ihre eigene Tasche wirtschaften und ihre Abgeordnetentätigkeit auch dazu missbraucht wird.

kato25. Januar 2013 um 22:21

Das hat der rusti ganz richtig gesehen! Finde ich auch!

Bodo Wagner26. Januar 2013 um 2:39

Ich lach mich tot. Eine verkürzte und damit missverständliche Angabe des Auftraggebers wegen Platzproblemen in einer Excel-Tabelle? Für wie dumm und naiv hält dieser Politiker eigentlich die Öffentlichkeit? Jeder der jemals mit irgendeiner modernen Tabellenkalkulation (dazu zählt kaum zu glauben auch Microsofts Excel) gearbeitet hat weiss, dass sie eine jederzeitige Vergrößerung der Spaltenbreite bzw. einen Mehrzeileneintrag in einer Zelle ermöglicht. Mehr noch als seine zweifelhafte Nebentätigkeit ärgert mich die überhebliche Ignoranz dieses „Spitzenpolitikers“. Ich begreife nicht wie Menschen, die mehr als eine Gehirnzelle besitzen, so einem Politiker ihr Vertrauen schenken und in Wahlen ihre Stimme geben können.

F. Dorn28. Januar 2013 um 0:21

Allein das Logo auf der Website von Hakluyt, ein mit Ketten geschmückter Buchstabe in Form von schwedischen Gardinen, deutet doch schon an, welche Personen hier verkehren.

Braumeister29. Januar 2013 um 0:01

Die Macher von Abgeordnetenwatch bitten um Spenden, die ihnen helfen können, das ihnen von Herrn Fuchs auerlegte Prozeßkostenrisiko abzufedern. Allein aus dieser Ausgangslage kann man schon ersehen, dass es dem CDU-Abgeordneten Fuchs nicht um eine Aufklärung in der Sache sondern um eine reine Einschüchterungskampagne geht, die letzten Endes die jungen Leute von Abgeordnetenwatch und jetzt vielleicht auch noch Lobbycontrol mundtot machen will.
Die Tour sollten wir dem Mann gründlich vermasseln; Herr Fuchs darf weder als Direktkandidat noch über die Landesliste wieder in den nächsten Bundestag einziehen. In Niedersachsen haben wir gerade unseren problembehafteten Innenminister und mit ihm das gesamte Kabinett MacAllister aus dem Amt gewählt. Jeder Mitstreiter sollte der für ihn örtlich zuständigen CDU-Organisation und allen Medien mitteilen, dass eine Stimmabgabe für die Christdemokraten leider solange nicht erfolgen kann, bis Michael Fuchs dauerhaft aus dem Verkehr gezogen ist. Freundlich im Ton aber knackig in der Sache und mit dem Hinweis, dass im Herbst ein neuer Bundestag gewählt wird.