Nebeneinkünfte

Debatte über Lobbyisten im Bundestag verschärft sich – ein Kommentar

Nach dem Verzicht von Norbert Röttgen (CDU) auf den Posten als BDI-Hauptgeschäftsführer verschärft sich die Debatte über Abgeordnete mit Lobby-Nebentätigkeiten. Besonders im Zentrum steht Reinhard Göhner (CDU), der zugleich Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) ist. Göhner selbst sieht sich dagegen als Vorbild: „Es müsste im Gegenteil mehr Abgeordnete geben, die neben ihrem Mandat […]
von 24. Juli 2006

Nach dem Verzicht von Norbert Röttgen (CDU) auf den Posten als BDI-Hauptgeschäftsführer verschärft sich die Debatte über Abgeordnete mit Lobby-Nebentätigkeiten. Besonders im Zentrum steht Reinhard Göhner (CDU), der zugleich Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) ist. Göhner selbst sieht sich dagegen als Vorbild: „Es müsste im Gegenteil mehr Abgeordnete geben, die neben ihrem Mandat in der Wirtschaft arbeiten“.

Dazu muss man erstens feststellen, dass Göhner nicht in „der Wirtschaft“ arbeitet, sondern bei einem Arbeitgeberverband. Es ist etwas anderes, ob jemand unternehmerisch tätig oder ein Lobbyist für ein Partikularinteresse ist. Außerdem kann in einer Demokratie die Einbeziehung diverser gesellschaftlicher Interessen nicht durch personelle Verflechtungen von Abgeordneten erfolgen. Das bevorzugt nur die finanzstarken Interessengruppen. Das Parlament sollte unabhängig von Partikularinteressen sein und gesellschaftlichen Interessen über transparente und demokratische Verfahren gleichberechtigten Zugang zu politischen Entscheidungsverfahren bieten.

Deshalb ist es sehr wohl angebracht, über die Beschränkung von Lobby-Tätigkeiten der Abgeordneten nachzudenken und klare Regeln dafür zu schaffen. Leider ist in Deutschland aber selbst die Transparenz von Nebeneinkünften schon ein Problem. Bundestagspräsident Lammert hat ja die Veröffentlichung der Nebeneinkünfte wegen der Klagen verschiedener Abgeordneter vor dem Bundesverfassungsgericht verschoben – obwohl die Klagen rechtlich keine aufschiebende Wirkung haben. Angesichts der aktuellen Debatte muss er sich fragen lassen, ob er diesen rechtlich nicht begründbaren Zustand der Intransparenz noch länger aufrecht erhalten kann – und ob er den Abgeordneten tatsächlich einen Gefallen damit tut. Denn die Medien durchforsten jetzt so oder so die Nebentätigkeiten einzelner Abgeordneten (zu Recht!). Aber es gibt keinen Gesamtüberblick, der die Relationen herstellt und auch zeigt, wie viele Abgeordnete keine Nebenjobs haben.

(Ulrich Müller)

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9 Kommentare

macdet25. Juli 2006 um 6:54

Hallo, ihr solltet mal im Umfeld von VW stochern… Puuuh :)

http://wiki.mobbing-gegner.de/Mobbing/GegenWehr/AnsprechPartner/SPD/HansJuergenUhl

Um nur eine Seite zu nennen!

macdet
— zuerst war der Schrei —

Rolf Weber25. Juli 2006 um 8:29

Die z.Zt. mit Abstand wichtigste Reform besteht darin, dass unsere Abgeordneten neben den vom Volk bezogenen Einkünften keine weiteren Einkünfte aus Erwerbstätigkeit beziehen dürfen.

Diese Regelung stellt am ehesten sicher, dass unsere Abgeordneten ausschließlich dem Allgemeinwohl verpflichtet sind und der interne Lobbyismus endlich aufhört. Die Unabhängigkeit aller Abgeordneten ist Voraussetzung, um in allen Politikfeldern vernünftige Reformen auf den Weg bringen zu können.

pohau25. Juli 2006 um 10:04

Ja, die eine Möglichkeit ist, den Lobbyismus durch Verhaltensregeln – insbesondere hinsichtlich Vorteilsannahme, Nebeneinkünften, etc. in den Griff zu bekommen.
Das hat noch nie funktioniert.
Diese Art von Lobbyismus, der gelegentlich eben auch deutlich abgleitet, ist bei uns seit Jahrzehnten bekannt (Flick, Kohl, Hunzinger….). Doch in all den Generationen von Mandatsträgern hat von diesen niemand glaubhaft begonnen, verläßliche Regeln zu erarbeiten – oder irre ich
da?

Wäre es eine Lösung, das jedem Abgeordneten eine festgelegte Zahl von Interessensgruppen zugeordnet würden (etwa vom Bundestagspräsidium, von einem neuen Gremium…..).

Was hätte das für Auswirkungen – ich geb´s mal zur Diskussion frei.

Klasse übrigens, das es Euch gibt, eine gute Initiative – weiter so!

Oliver

Michael26. Juli 2006 um 0:14

Darauf zu vertrauen, daß sich Abgeordnete des Bundestages durch freiwillige Selbstkontrolle des exzessiven Lobbyings enthalten ist gleichbedeutend mit der Hoffnung, daß sich der Teufel selbst mit dem Beelzebub austreibt. Ich fürchte, daß eine Debatte in Richtung strengerer Gesetzgebung eine Sackgasse darstellt. Der bessere Weg ist eine – wenngleich häufig auch nur nachträgliche – Analyse, wem das eine oder andere Gesetz besonders nützt. Die geheimnisvollen Hintergründe des Lobbyings lassen sich so erheblich aufhellen.
Eine „Cui-Bono-Kommission“, bestehend aus Journalisten, kritischen Bürgern und bürgerrechtlich engagierten politischen Bloggern könnte so Motive und Hintergründe offenlegen. Ich habe diesen Gedanken in meinem Weblog aktuell einmal durchgespielt….

U. Müller26. Juli 2006 um 16:05

Hallo Michael,

ich finde die „Cui-Bono-Kommission“ einen interessanten Gedanken. Ich finde es auf jeden Fall wichtig, bei einzelnen Gesetzesvorhaben zu durchleuchten, wer dabei seine Interessen durchsetzt und mit welchen Mitteln. Allerdings weiß ich nicht, ob eine institutionalisierte Kommission der beste Weg dazu ist. Wäre das nicht auch flexibler möglich, durch den Aufbau eines entsprechenden Netzwerkes?

Ich würde das auch nicht als Gegensatz zu Regeln für Abgeordnete sehen. Freiwillige Selbstkontrolle fände ich auch zu wenig. Aber was spricht gegen striktere, verbindliche Regeln für Nebeneinkünfte? Natürlich ist das schwierig in der Durchsetzung, weil die Abgeordneten das selbst beschließen müssen. Aber erstens haben nicht alle Abgeordneten Nebentätigkeiten und zweitens lässt sich durch öffentlichen Druck einiges bewegen…

Masaru Honda27. Juli 2006 um 9:32

Lies mal den folgenden Kommentar!

Wilfried Haberer27. Juli 2006 um 12:09

Hallo zusammen!
Ich bin über die Tagesschau.de auf diese Seite gestossen. Schön, dass es diesen Verein Lobbycontrol gibt.
Als selbständiger Ingenieur im Aussendienst bin ich mit neuen Kosten konfrontiert, deren Zusammenhänge nur durch Lobbyarbeit erklärbar werden.
Für meinen Dienstwagen werden mittels Gesetz für Selbständige 1,5% besteuert. Der angestellte Aussendienstler versteuert 1%, muss keine Mehrwertsteuer dazu abführen und zahlt auch keine Gewerbesteuer. Das ist ein klarer finanzieller Vorteil für Großbetriebe mit angestellten Aussendienstlern. Der BDI lässt grüssen.
Wilfried Haberer

Magnus A. Kremser27. Juli 2006 um 13:06

Mich wundert die Verwunderung, daß es anscheinend niemand gewußt haben will, daß die Verbindung Röttgen – BDI in diese Bahnen gehen sollte. So viel Naivität kann es doch garnicht geben. Erinnern wir uns doch nur an den Fall Yser im Zusammenhang mit der Pharmaindustrie. Ein Vorgehen von Lobbyisten in bestimmte Richtungen des Versuches der Meinungsbeeinflussung halte ich für durchaus legitim. Schlimm finde ich es aber, wenn maßgebliche Persönlichkeiten gegen Geld Gesetze einbringen oder ändern können. In diesen Reihen wurde Moritz Hunzinger als Lobbyist gleichauf mit den Namen Kohl und Flick benannt. Wenn man sich mit der Tätigkeit eines Herrn Hunzinger näher befaßt, macht er nichts anderes als Mensch zusammenzubringen. Das nennt man aber unter Anderem auch Consulting und ist vom Lobbyismus meilenweit entfernt. Andere Tätigkeiten, welche Herr Hunzinger durchgeführt hat nennt man Coaching. Er hat, um es mal salopp auszudrücken, hervorstehende Persönlichkeiten aufgebrezelt. Und auch das ist legitim und wird von vielen anderen Consultern durchgeführt, ohne gleich als Lobbyisten tituliert zu werden. Auch ein Schalck-Golotkowski (jetzt bitte nicht mit Herrn Hunzinger vergleichen) hat letztendlich nur das getan, was u.A. die Herren Waigel, Streibel, Stoiber, März und davor Strauss von Ihm wollten. Egal was insgesamt sonst noch dahinter stand. Die Herrn Flick und Kohl haben Geld eingesetzt (gegeben und auch genommen) um geheime Regelungen auch möglicherweise zum Schaden der BRD zu vereinbaren mit Auswirkungen, welche wir vielleicht erst noch viel später in ihren Auswirkungen ertragen müssen.

Das zu meiner Meinung dazu

Grüsse

Magnus A. Kremser

der-Vertrag18. März 2007 um 11:07

diese Herren aus dem Bundestag sollten mal RICHTIG arbeiten gehen wie die Bürger die Sie finanzieren.Und sollten mal von Hartz IV leben müßen nur für ein Jahr dann sehen die was Sie anrichten.