Kurzmeldung

von Matt schimpft über „Du bist Deutschland“-Kritiker

In der Mail stellt von Matt u.a. die Frage: „Was berechtigt eigentlich jeden Computerbesitzer, ungefragt seine Meinung abzusondern?“ Das nennt sich wohl Meinungsfreiheit… Die Mail macht nochmal die Absurdität von Du bist Deutschland deutlich: Die Kampagne beschallt die Leute von oben herab und soll zugleich Eigeninitiative fördern. Wenn Menschen sich dann eigenständig mit der Kampagne auseinandersetzen, ist es aber verkehrt – sie sollen lieber dankbar sein.
von 20. Januar 2006

In einer internen Rundmail schimpft Jean-Remy von Matt von der Werbeagentur Jung von Matt über die Kritiker der Kampagne „Du bist Deutschland“. Die Mail stammt wohl vom Herbst letzten Jahres, kursiert die letzten Tage im Internet – und ist laut der ebenfalls an „Du bist Deutschland“ beteiligten Agentur fischerappelt authentisch. In der Mail stellt von Matt u.a. die Frage: „Was berechtigt eigentlich jeden Computerbesitzer, ungefragt seine Meinung abzusondern?“ Das nennt sich wohl Meinungsfreiheit… Die Mail macht nochmal die Absurdität von Du bist Deutschland deutlich: Die Kampagne beschallt die Leute von oben herab und soll zugleich Eigeninitiative fördern. Wenn Menschen sich dann eigenständig mit der Kampagne auseinandersetzen, ist es aber verkehrt – sie sollen lieber dankbar sein.

Der Text der Mail, so wie er online kursiert (lesenswert: die kommentierte Fassung bei „Indiskretion Ehrensache„):

Meine Mutter hat mir beigebracht, dass man sich für ein Geschenk bedankt, selbst wenn man damit nichts anfangen kann. Wie Recht sie hatte, ist mir gerade wieder klar geworden.

Vor zwei Wochen startete „Du bist Deutschland“, die größte gemeinnützige Kampagne aller Zeiten und ein riesiges Geschenk.

Die großen Verlage haben Zeit und Raum im Wert von 35 Millionen Euro geschenkt. 30 Promis der ersten Liga haben Zeit und ihr Gesicht geschenkt. Wir und kempertrautmann haben Zeit und Herzblut geschenkt.

Das Ziel: Die Miesepetrigkeit bekämpfen.

Der Dank: Miesepetrigkeit. Glücklicherweise nur von den Gruppen, von denen man nichts besseres erwarten konnte:

1. Von den Werbekollegen, die sich in den Branchenblättern eifrig zu Wort meldeten. Viele von ihnen finden die Kampagne nutzlos, „weil Werbung doch nicht das gegeignete Mittel sein kann, eine Nation wirtschaftlich wieder nach vorn zu bringen“. Nicht gut, wenn unsere Branche selber nicht mehr an die Kraft von Kommunikation glaubt.

2. Von den Weblogs, den Klowänden des Internets. (Was berechtigt eigentlich jeden Computerbesitzer, ungefragt seine Meinung abzusondern? Und die meisten Blogger sondern einfach nur ab. Dieser neue Tiefststand der Meinungsbildung wird deutlich, wenn man unter www.technorati.com eingibt: Du bist Deutschland.)

3. Von den intellektuellen Journalisten von FAZ bis TAZ, die ihre Meinung zwar insofern gefragt absondern als sie eine nachweisbare Leserschaft haben, aber: „Den Höhepunkt an Zynismus gewinnt die Kampagne aber in dem Fernsehspot, der Schwule und Behinderte auf dem Stelenfeld des Holocaust-Mahnmals versammelt“ (Die Zeit).

Blöd, wenn man soviel Kopf hat, dass einem jedes Bauchgefühl verloren gegangen ist.

Übrigens: Sebastian Turner findet die Kampagne einfach nur falsch.

Falsch, was ist das? Auch nach dem 50. Mal gucken, bin ich von dem TV-Spot immer noch berührt bis ergriffen – obwohl ich nicht einmal Deutschland bin.

Kann das falsch sein?
Euer Jean-Remy

(via Spindoktor)

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Kommentare

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7 Kommentare

weltregierung20. Januar 2006 um 16:35

:-)

Mal gucken wie lange JvM
im google Rank noch auf der ersten Seite verweilt.

Top3 bei Technorati!

Join the
DU BIST KLOWAND campaign!

– Grussregierung.

Michael Schöfer23. Januar 2006 um 9:35

Na, die Unterdrückung einer eigenständigen Meinung der Bürger, die dann die Frechheit besitzen, diese auch noch zu äußern, ist doch „gute“ deutsche Tradition. Insofern liegt „Du bist Deutschland“ schon richtig.

KS23. Januar 2006 um 16:52

Hallo Schulblog,
Es handelt sich um das Grundrecht auf Meinungsfreiheit.
Artikel 5 Abs. 1 GG:
»Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.«
Man kann die Frage auch umgekehrt stellen: Was berechtigt die Lobbyisten, mit Millionenbeträgen die öffentliche Meinung zu manipulieren?

ralph23. Januar 2006 um 22:59

Und jetzt hat er sich entschuldigt

nico koppo28. Januar 2006 um 23:17

Heute gibt es ein Interview mit Holger Jung in der taz
http://www.taz.de/pt/2006/01/28/a0193.1/text – bemerkenswert insbesondere die vorletzte Antwort:

„“Wir bilden uns bestimmt nicht ein, allein mit der Kampagne irgendeinen Ruck in Deutschland hinzukriegen. Aber wenn sie es schafft, ein bisschen was für die Bewusstseinssteuerung zu tun, dann wäre das ein wunderbarer Erfolg.“

quendalinda1. Februar 2006 um 15:49

Himmel – lass bloß nicht die von Holger Jung gewünschte „Bewusstseinssteuerung“ über uns hereinbrechen. Ich frag‘ mich seit Beginn dieser unsinnigen Kampagne schon, wieso ICH Deutschland sein soll ;-)))
Und dann noch das salbungsvollse Geseier von geschenkter Zeit. und verschenktem Raum. Ha – davon haben „die großen Verlage“ ja auch genug….
Gut dass es da „ein Ruck“ durch Deutschland geht – wenn auch anders als gedacht *sfg*

R. Lauer14. Oktober 2011 um 1:57

„Wir bleiben unzufrieden.“ Ein Leitsatz der Agentur Jung von Matt. Irgendwie hat das was von Miesepetrigkeit, oder?