Kurzmeldung

Journalisten für INSM auf Tour

Was ist aus der „guten alten Sozialen Marktwirtschaft“ geworden? Das fragt sich die von den Arbeitgeberverbänden der Metall- und Elektro-Industrie finanzierte Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM). Um Antworten auf diese Fragen zu finden, schickt sie zur Zeit drei Reporter 30 Tage lang durch das Land, darunter eine „angehende Journalistin bis 25 Jahre“ und eine „erfahrene […]
7. Juli 2009

Was ist aus der „guten alten Sozialen Marktwirtschaft“ geworden? Das fragt sich die von den Arbeitgeberverbänden der Metall- und Elektro-Industrie finanzierte Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM). Um Antworten auf diese Fragen zu finden, schickt sie zur Zeit drei Reporter 30 Tage lang durch das Land, darunter eine „angehende Journalistin bis 25 Jahre“ und eine „erfahrene Journalistin bis 35 Jahre“. Interviewkompetent sollen sie sein, kameratauglich und stressresistent. So steht es zumindest im Kontaktschreiben der Castingagentur Weldy, das Lobbycontrol ebenso vorliegt wie das dazugehörige Infoblatt, das augenscheinlich von der INSM selber kommt.

Die „Kampagne Deutschland 30 / 24“ ist gut geplant. Als mögliche Gesprächspartner werden neben einem Taxifahrer und einer Altenpflegerin auch Kanzlerin Angela Merkel, Porsche-Chef Wendelin Wiedeking oder Bild-Chefredakteur Kai Dieckmann genannt. Menschen, die normalen Journalisten für Interviews nur im seltensten Fall zur Verfügung stehen. Präsentiert werden sollen die Erlebnisse nicht nur täglich auf der eigenen Internetseite. Auch „Fernsehen (z.B. Anne Will, TTT), verschiedene Radio-Stationen und Printmedien (Neon, Zeit, Bild) sowie lokale Radiosender und Tageszeitungen berichten über die Aktion“, heißt es im Infoblatt.

Sachverhalte sollten „durchaus auch kritisch“ hinterfragt werden, steht dort ebenfalls. Für diese „kritischen“ Nachfragen werden Journalisten gesucht, die „der sozialen Marktwirtschaft gegenüber positiv eingestellt und einem unternehmernahen Auftraggeber gegenüber aufgeschlossen sind“, so das Profil in der Stellenanzeige.

Diese unsägliche Vermischung von Journalismus und interessengeleiteter PR widerspricht allen journalistischen Grundsätzen und ist mit neutraler und aufklärerischer Pressearbeit nicht vereinbar. Journalisten-Vereinigungen wie das Netzwerk Recherche fordern deshalb seit Jahren entschieden eine strikte Trennung zwischen interessengeleiteter PR und einem der Gesellschaft verpflichteten Journalismus (siehe dazu Studie „Getrennte Welten“).

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9 Kommentare

Markus7. Juli 2009 um 22:14

Vielleicht werden die „wissensdurstigen Macher“ der „unparteiischen INSM“ die „durchaus auch kritisch“ gemeinte Nachfrage beantworten, wie die Soziale (mit großem „S“) Marktwirtschaft mit PR-Journalismus zusammenpassen soll?

Rehse9. Juli 2009 um 14:18

Mich wundert sehr, dass auch die SPD zumindst ein Mitglied in diesem obskuren Klub hat. Warum bloß ? Wollen die mit Gewalt unter 21% kommen ???
Diese Art von „Aufklärung a la INSM“ brauchen wir nin wirklich nicht mehr !

Hardy10. Juli 2009 um 2:37

Hallo,

die „Damen und Herren“ Journalisten machen solange weiter, bis niemand mehr sich für ihre „Freiheit“ einsetzt.

Passend zum Werteverfall s. hier
http://www3.ndr.de/sendungen/zapp/archiv/ethik_journalismus/nebenerwerb100.html

Wäre nett, wenn ihr die Namen der Auserwählten veröffentlichen würded, wenn sie denn bekannt sind.

Ansonsten weiter so

Gruß Hardy

Tressco10. Juli 2009 um 9:34

Die (durchweg durch arbeitgebernahe Verbände & Unternehmen fremdfinanzierten) propagandistischen Schilfrohrpaläste neo-feudalen Meinungsterrors, wie die „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM)“, das „Institut der deutschen Wirtschaft (IW)“ oder das „Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW)“, bedienen sich nicht nur in der eigenen Namensfindung dem allmählich überall anzutreffenden Orwellschen Neusprech und damit extremer Manipulationsmaßnahmen.

Durch die allgemeine, öffentliche Sprachinflation, deren Sinnentleerung und daraus resultierender Belanglosigkeit dieses unabdingbaren Werkzeugs eines funktionierenden Miteinanders, wird eine Sprachmanipulation durch absurde Euphemismen, propagandistische Worthülsenwiederholungen oder vermeintlich kreative Wortneubildungen betrieben, die leider durch o.g. intellektuell fast taub machenden Trivialitätsterror in jeglicher öffentlichen Nachrichtenerstattung (und durch dessen Meinungsmonopol in VIEL zu wenigen Händen!) wenig bis gar keine Beachtung zu finden scheint.

Sonst wäre zumindest auch den nie nachfragenden, teilbewussten Info- & Meinungsschluckern ein rudimentäres Verständnis von Begriffen wie „3rd Party Strategy“ oder der weiterführenden „False Flag Operation“ an den Kopf geworfen worden und man hätte sich den ein oder anderen oder alle Kriege (selbst die Weltkriege & Vietnam) samt Opfern und Kosten einfach mal sparen können.

Aber wir hams ja…gehabt…oder doch nicht?

Warum ist der Papiergeldschöpfungsprozess eigentlich privatisiert? Der Staat könnte doch einfach das Geld drucken – OHNE ZINSEN DAFÜR BEZAHLEN ZU MÜSSEN! Stichwort „Aneignung der Produktionsmittel“…
Die Geisteskrankheit, aus Luft Geld zu erdenken, ist (für eine Safes & Schaufeln herstellende Volkswirtschaft) eigentlich überflüssig und verzichtbar anzusehenden kriminellen Bankstern bestimmt nicht alleinig wesensimmanent und/oder genetisch festgelegt. Und Geld verballern kann der Staat ebenso! Hin und wieder sollen normale Menschen davon sogar auch noch unglaublicherweise profitieren können…

Die Welt verkommt zur Lüge mit hübsch klingenden Buchstabenkombinationen.

6.000.000.000 Menschen können nicht recherchieren…
…schreib dich nicht ab – lern googeln!
Noch sind Infos frei verfügbar…!

johannes schlüter10. Juli 2009 um 16:54

und wieso wurde ich dann nicht gefragt?

ich bin doch jung, kritisch, talentiert und ein journalist, der immer die in den himmel hebt, die schon oben sind.
ich muss da ohl noch mal meinen pr-berater zusammenstauchen. unfähig. *grummel*

antonio gramsci22. Juli 2009 um 16:41

sophie aus dem betahaus ist dann wohl die angehende journalistin: http://www.betahaus.de/2009/07/wer-arbeitet-im-bethaus-sophie/

Sascha Stoltenow24. Juli 2009 um 15:59

Bemerkenswert finde ich auch, dass sich schon die erwartet Diktion in ihrem Kopf festgesetzt hat „24/7“, Synergieeffekte

Bernd26. Juli 2009 um 16:28

Ein Fall für den Presserat!

Alfred Odebrecht9. August 2009 um 15:52

Die Soziale Marktwirtschaft bezeichnet ein wirtschaftstheoretisches und wirtschaftsethisches Modell einer marktwirtschaftlichen Ordnung, in welchem dem Staat hauptsächlich die Aufgabe zukommt, den Ordnungsrahmen der Wirtschaft zu gestalten. Als theoretische Grundlage dienen Vorstellungen, die in den 1930er und 1940er Jahren in unterschiedlicher Ausprägung als Neoliberalismus entwickelt worden waren.
Außerdem beinhaltet der Begriff soziale Marktwirtschaft die von 1945 bis 1967 reichende Wirtschaftsgeschichte der BRD. Ihre wesentliche Prägung erhielt sie durch die Wirtschafts- und Sozialpolitik Ludwig Erhards; das politisch zugrunde liegende Konzept war dabei durch die wirtschaftstheoretischen Vorarbeiten maßgeblich beeinflusst. —- soweit WIKIPEDIA.

Bis hin zu Kanzlerin Merkel bekennen sich alle politischen „Größen“ zur „sozialen“ Marktwirtschaft. Ist es Unkenntnis bez. Vorstehendem oder einfach dreist? Marktwirtschaft ist ein brutales monetäres Hauen und Stechen, sozial daran ist vielleicht das kontinuierliche Lohndumping, das Arbeiter und Angestellte in soziale Schieflage bringt.
Staat = Ordnungsrahmen der Wirtschaft — heute: Staat + Lobbyisten + INSM = Unordnungsrahmen.
Von ´45 bis ´67 war das Wirtschaftswachstum ein SELBSTLÄUFER! Von Ludwig Erhard gilt heute nur noch: Maß halten! und zwar von oben angefangen und nicht nur unten angemahnt auch mit „Chancen für alle“ = „1984“-mäßige Geschichtsfälschung für „Wohlstand für ALLE“.
Bestimmte Advokaten bezeichnet der Volksmund als Winkeladvokaten – welche Neusprechbezeichnung könnte man für entsprechende INSM-Journalisten verwenden?

AGO