Kurzmeldung

Fraport und Lufthansa lassen demonstrieren

Der Flughafenbetreiber Fraport und die Fluggesellschaften Lufthansa und Condor lassen heute demonstrieren. Um 16 Uhr findet eine Kundgebung unter dem Motto „Ja zu FRA!“ auf dem Römerberg in Frankfurt statt. Organisiert wird die „Demonstration“ von der umstrittenen Lobbyagentur Burson-Marsteller. Die Agentur ist ein Spezialist für Krisenkommunikation und hat eine lange Geschichte problematischer Kunden – von […]
von 1. März 2012

Der Flughafenbetreiber Fraport und die Fluggesellschaften Lufthansa und Condor lassen heute demonstrieren. Um 16 Uhr findet eine Kundgebung unter dem Motto „Ja zu FRA!“ auf dem Römerberg in Frankfurt statt. Organisiert wird die „Demonstration“ von der umstrittenen Lobbyagentur Burson-Marsteller. Die Agentur ist ein Spezialist für Krisenkommunikation und hat eine lange Geschichte problematischer Kunden – von der argentinischen Militärdiktatur bis zu Union Carbide nach dem Chemie-Unfall in Bhopal.

Mit der Kundgebung heute reagieren die Unternehmen darauf, dass sie in der Debatte um den Ausbau des Frankfurter Flughafens und die Lärmbelastung zunehmend in die Defensive kommen. Burson-Marsteller hat dafür eine Webseite erstellt sowie Plakate und Radiospots entwickelt. Die Firmen unterstützen die Veranstaltung massiv. Fraport bezahlt seinen Mitarbeitern z.B. die Fahrtkosten, auch einen Bus-Shuttle soll es geben. Lufthansa hat zudem Kunden aus dem Miles and More-Programm per Mail um ihr Kommen gebeten. Es wird viel Geld investiert und der ganze Apparat der Unternehmen eingespannt – all dies aber als Kommunikation von oben herab. Die TeilnehmerInnen der Demonstration sind in die Planung nicht eingebunden. Sie sollen den Unternehmen nur mehr Glaubwürdigkeit verschaffen.

Es gibt also einen klaren Unterschied zu einem eigenständigen Protest von Bürgerinnen und Bürgern. Eine Form demokratischer Beteiligung wie eine Demonstration, die die Stimme der Bürgerinnen und Bürger von unten in die Öffentlichkeit und an die Politik herantragen soll, wird als Unternehmens-PR von oben nach unten zweckentfremdet. Fraglich ist dabei, inwiefern Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu der Kundgebung kommen, weil es vom Arbeitgeber erwartet wird und eher als Teil des Jobs verstanden wird denn als eine eigenständige demokratische Meinungsäußerung. Diese Problematik wird auch nicht dadurch gelöst, dass Fraport und Lufthansa offiziell sagen, dass die Teilnahme freiwillig sei. Diese inszenierte Kundgebung hat somit keinesfalls den gleichen Stellenwert wie Proteste von eigenständigen Bürgerinitiativen.

Hintergrund: Burson-Marsteller

Kriseneinsätze sind für Burson-Marsteller normales Geschäft. Nach dem Reaktorstörfall von Three Mile Island in den USA im Frühjahr 1979 polierte die Agentur das angekratzte Image des Betreibers wieder auf. Dem Chemieriesen Union Carbide standen sie nach der Katastrophe im indischen Bophal zur Seite, bei der über 2000 Menschen ihr Leben verloren. Auch Staaten und Herrscher mit verbesserungswürdigem Image vertrauen auf die Künste von BM, darunter in der Vergangenheit die nigerianische Regierung nach dem Biafra-Genozid, die argentinische Militärjunta nach der Ermordung von 35.000 Zivilisten, das saudische Königshaus und Rumäniens Ex-Diktator Nicolae Ceausescu. 2011 fiel die Agentur durch eine Schmutzkampagne gegen Google auf, die von Facebook in Auftrag gegeben wurde.

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10 Kommentare

Pan.Tau2. März 2012 um 11:55

Es ist doch ein demokratisches Grundrecht, dass die Menschen eben auch für Arbeit, für Wohlstand und für den Flughafen demonstrieren. Wenn sie es nicht gewollt hätten, hätte niemand hingehen müssen. Egal, ob das nun von der Firma organisiert oder eben spontan zu stande kam.
Man kann das Demonstrations- und Versammlungsrecht nicht nur in eine Richtung auslegen

victor2. März 2012 um 12:44

nur mal zur Erinnerung.
Auszug aus intelligenten und erfrischenden Rede von
Ingo Schult
…..“Dieses Gesetz ist aber kein Hinderungsgrund, dass beispielsweise zehn Fraport-
Mitarbeiter bei der hessischen Luftaufsicht arbeiten und dort u?ber Ausnahmen von
Nachtflugverbot entscheiden. Diese Leihbeamten erhalten ihr Gehalt von der Fraport
AG. Wu?rde Fraport richtigen Beamten Geld zustecken, wäre das – wie schon
gesagt – Korruption. So aber kontrolliert sich ein Konzern unter der Maske eines
Landesministeriums selbst. »Unabhängige Kontrolle durch unabhängige Beamte war
bislang ein Garant fu?r das Funktionieren einer gemeinwohlorientierten demokratischen
Verwaltung.« Das scheint nicht mehr zu gelten.
Vielleicht lässt sich noch eine Erklärung dafu?r finden, dass der Lärmschutzbeauftragte
des Landes nicht dem Umweltministerium unterstellt ist, sondern dem Verkehrs- und
Wirtschaftsministerium. Keine Erklärung kann es mehr fu?r den Tatbestand geben,
dass dieser Lärmschutzbeauftragte, also der Anwalt der Bu?rgerinnen und Bu?rger,
auch von der Fraport AG bezahlt wird…“
…..das mal zu Fraport Gesinnung

Anon.2. März 2012 um 13:21

Wo gab es bitte gratis Brezeln?

Ansonsten entscheidet die bundeseigene DFS über die Betriebsrichtung, damit hat Fraport nichts zu tun.

dr demento2. März 2012 um 13:30

@e. plau:

o doch, wir SIND in einer bananenrepublik, nur schade, das es noch immer nicht genug mitbürger verstanden haben.
wir sind nicht umsonst in der weltweiten korruptionsstatistik in den letzten jahren eifrig nach oben geklettert.

lobbyismus gehört verboten, nebentätigkeit von abgeordneten und sogenannten volksvertretern gehören verboten, parteienspenden gehören verboten, arbeitsverhältnisse ehemaliger funktionsträger und machtpolitiker ohne längerfristige pause im direkten anschluss an ihr politisches mandat gehören verboten,….etc pp
man kann die liste sicherlich noch um einige punkte erweitern, aber all dies wird nie und nimmer passieren…wo kämen wir auch hin, wenn plötzlich das volk als souverän tatsächlich eine wahrhaftige interessenvertretung durch politiker erfahren würde? wenn banken, versicherungen, pharma-konzerne durch regulierung und gesetzgebung mit umsatzeinbußen rechnen müssten? oh nein…

nach wie vor gilt wohl leider für die meisten unserer berufspolitiker: bin ich im amt, hab ich s geschafft, der rest spielt keine rolle mehr und ein nettes pöstchen in der privatwirtschaft im anschluß ist i. d. r. auch noch drin, plus pension vom deutschen steuermichel…

es ist wichtig das es solch organisationen wie lobbycontrol gibt, anderenfalls wäre es wohl noch viel schlimmer, weil ungezügelter…

Petra3. März 2012 um 1:13

Dass Angestellte für ihren Job auf die Straße gehen ist durchaus verständlich. Fragwùrdig ist die Tatsache, ob dafür so viel Werbung nötig ist und ob man eine Werbeargentur mit doch recht zweifelhaftem Ruf engagieren muss. Aber Fraport hat’s ja. Furchtbar ist die Polarisierung, die vom Flughafenbetreiber betrieben wird, indem suggeriert wird, die Flughafenausbaugegener seien generell gegen den Flughafen, was nicht stimmt!! Das Schlimmste aber sind die angeblich unabhängigen und neutralen Medien. Klammert man die Privatsender einmal aus und konzentriert sich z.B. auf den hessischen Rundfunk, ist es ein Skandal wie einseitig die Berichterstattung stattfindet. Mit viel Toleranz kann man vielleicht die nervigen Werbespots für Ja zu Fra noch akzeptieren, aber die Berichterstattung am 1. März über die „Informationsveranstaltung“ am Römer ist skandalös. Ebenso wie der abschließende Bericht in der Hessenschau, der sich mit der Thematik beschäftigt: Was wäre, wenn die Startbahn West nicht gebaut worden wäre? Dort wurde mit Bidern aus den 60er Jahren, wo ein paar in schwarz-weiß aufgenommene Flugzeuge gezeigt wurden, suggeriert, dass ohne die Startbahn West die Region heute noch auf dem damaligen Stand wäre. Zu allem Überfluss sendete der HR dann noch ein Interview mit dem Chef eines heute durch den Flughafen angeblich expandierenden Unternehmens. Abschließend wurde die wirtschaftliche Entwicklung des Rhein Main Gebietes ausschließlich mit dem Bau der Startbahn West in Verbindung gebracht und die Frage gestellt, was wäre ohne sie anders gelaufen. Antwort: wirtschaftlich hätte es keine Weiterentwicklung gegeben, aber wir hätten ein paar Bäume mehr.
Haben Flughafenausbaubefürworter es es nötig die Ausbaugegner als Deppen darzustellen, die lieber wieder auf den Bäumen leben würden? Wäre es nicht wichtiger deren Probleme versuchen zu verstehen und gemeinsam Lösungen zu finden? Und warum lassen sich öffentlich rechtliche Sender zu dieser einseitigen Berichterstattung herab? Ein Hoch auf unsere unabhängige neutrale Presse!!!

klarerkopf3. März 2012 um 9:51

Fraport ist bestimmt nicht so böse…
Wir vergessen einfach zu schnell.

Zitat (lobbycontrol/Erfolge):

Bahnskandal aufgedeckt
Im Mai 2009 konnten wir der Deutschen Bahn nachweisen, dass sie die Öffentlichkeit manipulierte, um die umstrittene Privatisierung durchzusetzen. Für über 1,5 Millionen Euro hatte sie die verdeckte Meinungsmache 2007 bei der Lobby-Agentur EPPA GmbH in Auftrag gegeben. Die Agentur und Denkfabrik Berlinpolis mischte sich daraufhin mit Umfragen, Meinungsbeiträgen in Zeitungen, Leserbriefen und Blogeinträgen z.B. auf Spiegel-Online in die Privatisierungsdebatte ein. Was aussah wie Expertenmeinungen oder Beiträge privatisierungsfreundlicher Bürger war tatsächlich eine bezahlte Auftragsarbeit. Es gab sogar eine fingierte Bürgerinitiative pro Bahnprivatisierung. Unsere Enthüllung schlug hohe Wellen. Die Bahn entließ noch am selben Tag ihren Generalbevollmächtigten für Marketing und Kommunikation.

In einer zweiten Recherchephase konnten wir zudem enthüllen, dass 2008 auch der Verband der Deutschen Biokraftstoffhersteller (VDB) verdeckte PR über EPPA GmbH und Berlinpolis betrieben hatte. Berlinpolis verlor daraufhin einen Auftrag des Landes NRW. Alle Beteiligten wurden vom Deutschen PR-Rat öffentlich gerügt. Über 8.500 Menschen unterzeichneten unseren Appell für ein verpflichtendes Lobbyregister, um solche manipulativen Lobbymethoden in Zukunft zu verhindern. Weitere Informationen zu dem Bahn-Skandal finden Sie in unserer Analyse von Mai 2009 (pdf) und im Blog.

Holger3. März 2012 um 19:11

Dan schrieb. „Ich wohne in der Einflugschneise. Und das seit über 40 Jahren.“

Das erklärt es dann wohl…

Matze Berlin6. März 2012 um 12:23

Gestern haben in Berlin Mitarbeiter von Solarfirmen vor dem Brandenburger Tor demonstriert. Organisiert wurde das ganze vom Bundesverband der Solarwirtschaft e.V. Es ist sicherlich nicht davon auszugehen, dass die 11.000 Teilnehmer alle selbstorganisiert angereist sind und auch deren Schilder und Plakate sahen oftmals nicht so aus, als wären sie am heimischen Küchentisch zusammengebastelt worden.

Warum wird von Euch dei Fraport-Demo problematisiert, jedoch nicht die Kundgebung der Solarbranche?

Weil nach Eurem politischen Verständnis Fraport (großer Konzern, Lärmbelästigung, Umweltverschmutzung etc.) „böse“ ist, die Solarunternehmen (Mittelständler, Klimaretter…) hingegen „gut“?

Wenn Ihr tatsächlich kritisieren wollt, dass Unternehmen ihre Angestellten für ihre (gemeinsamen ?) Interessen einspannen, dann sollten ihr zumindest die gleichen Kriterien für alle anwenden.

Wieder muss ich feststellen:
Solange Ihr es nicht schafft, Lobbyingaktivitäten unabhängig von Eurem politischen Standpunkt zu bewerten und identische Maßstäbe für alle Akteure anzulegen, werdet Ihr kein ernstzunehmender Debattenteilnehmer.

Schaut Euch doch noch mal Amnesty International an: Die setzen sich für Menschen ein, ungeachtet dessen, ob jemand mit rechten oder linken Regimen oder wem auch immer aneinandergeraten ist. Deswegen werden sie allgemein als unabhängiger Anwalt der Menschenrechte akzeptiert.

Ulrich Müller6. März 2012 um 15:47

Lieber Matze,

ich würde auch der von der Solarwirtschaft organisierten Demo weniger Stellenwert beimessen als einer Demo einer Bürgerinitiative.

Es gibt aber einen Unterschied zu dem Flughafen-Fall, den ich wichtig finde – der aber nicht der von Dir vermuteten Unterscheidung gut-böse entspricht. Im Fall des Frankfurter Flughafens gibt es sehr aktive, genuine Bürgerinitiativen. Und die Aktion von Fraport, Lufthansa und Condor versucht genau diese Initiativen an den Rand zu drücken.

Deshalb ist der Fall noch etwas brisanter als der Solar-Fall. Dort müsste man auch auf der anderen Seite gucken, wer eigentlich Lobbyarbeit für die Kürzung der Solarförderung macht. Ich fände die Lobbyarbeit von beiden Seiten ein spannendes Thema, wir schaffen es aber gerade aus Kapazitätsgründen nicht, das zu vertiefen.

Hausmütterchen21. April 2012 um 7:31

Ganz einfach-nie wieder mit Condor in Urlaub fliegen! Aus!