Handelspolitik

Klage der Meinl Bank zeigt Absurdität der Schiedsgerichtsbarkeit

Die Meinl Bank verklagt die Republik Österreich über eine maltesische Briefkastentochterfirma vor einem internationalen Schiedsgericht. Die Bank klagt, weil sie Untersuchungen wegen Untreue, Betrug oder Steuerhinterziehung als geschäftsschädigend und indirekt als Einteigung betrachtet. Der Fall zeigt: Konzernklagerechte sind ein fragwürdiges Privileg für Unternehmen, das die Demokratie schädigt.
von 12. August 2015

Die österreichische Meinl Bank verklagt die Republik Österreich über eine maltesische Briefkastentochterfirma vor einem internationalen Schiedsgericht. Die Bank klagt, weil sie Untersuchungen wegen Untreue, Betrug oder Steuerhinterziehung als geschäftsschädigend und indirekt als Enteigung betrachtet. Der Fall zeigt: Konzernklagerechte sind ein fragwürdiges Privileg für Unternehmen. Sie stärken den ohnehin schon großen Einfluss von Konzernen auf die Politik und schädigen damit die Demokratie.

Die sogenannte achtjährige „Hexenjagd“

Das Bild zeigt das Gebäude der Weltbank in Washington. Bei der Weltbank ist das Internationales Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (ICSID) angesiedelt. Dort hat die Meinl Bank ihre Klage eingereicht.

Das Bild zeigt das Gebäude der Weltbank in Washington. Bei der Weltbank ist das Internationales Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (ICSID) angesiedelt. Dort hat die Meinl Bank ihre Klage eingereicht.

Die österreichische Justiz ermittelt aus gutem Grund seit acht Jahren gegen die Meinl Bank. Unter anderem wird der Bank vorgeworfen, dass ihr in der Steueroase Jersey ansässiger Immobilienfond „Meinl European Land“ Anleger betrogen habe. Zudem ermittelt die österreichische Finanzaufsicht aufgrund der fragwürdigen Ausschüttung einer Sonderdividende von 212 Millionen Euro: „Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft lautet, dass dadurch die Eigenkapitalbasis beziehungsweise der Haftungsfonds der Bank zu stark geschmälert worden sei und die handelnden Manager dadurch Untreue begangen hätten“, so die Tageszeitung derStandard. Die Meinl Bank bezeichnete die Ermittlungen gegen die Bank als „blindwütige Kampagne“ und „Hexenjagd“, die einer Enteignung gleich käme. Das ist in Anbetracht der Vergehen der Bank absurd.

Baker and Hostetler – Unterstützung durch US-Anwaltskanzlei

Mit der Einleitung eines Schiedsgerichtsverfahrens in Washington versucht die Bank nun den Befreiungsschlag. Sie hat dazu die US-Anwaltskanzlei Baker and Hostetler engagiert. Die Kanzlei beschäftigt mehr als 900 Juristen und hat 14 Filialen. Unter anderem hat Baker and Hostetler schon Bayer und ExxonMobil vertreten. Die Meinl Bank wird von den beiden erfahrenen Anwälten Kenneth Reisenfeld und Mark Bailen vertreten.

Maltesische Briefkastenfirma klagt gegen Österreich

Grundsätzlich können vor einem Schiedsgericht nur ausländische Unternehmen den jeweiligen Staat verklagen. Deshalb greift die ursprünglich österreichische Meinl Bank auf ihre niederländische Tochterfirma zurück, die wiederum ihren Geschäftssitz auf Malta hat. Zwischen Malta und Österreich besteht seit 2004 ein Investitionsschutzabkommen, auf das sich die Klage stützt. Eine absurde Konstruktion, deren Hintergrund vermutlich sowohl steuerliche Gründe hat als auch in diesem Fall die Klage ermöglicht. Man braucht also nur eine Tochterfirma in einem anderen Land, um klagen zu können.

Schiedsgerichte anfälllig für Missbrauch

Der Fall der Meinl Bank zeigt auf eindrucksvolle Art und Weise, wie absurd es ist, für Unternehmen eine privilegierte, einseitige Klageinstanz zu schaffen. Nachdem die Meinl Bank im staatlichen Rechtssystem keine Chance mehr für die Durchsetzung ihrer Interessen sah, hat sie sich nun an die Schiedsinstitution der Weltbank, das Internationale Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (ICSID), gewandt.

Dass sie nun den österreichischen Staat auf Schadensersatz verklagt und die Ermittlungen gegen die Bank als indirekte Enteignung bezeichnet, illustriert, wie missbrauchsanfällig Schiedsgerichtsbarkeit ist.

Fragwürdige Reformagenda der EU-Kommission bei TTIP und CETA

Das Bild zeigt das Berlaymont Gebäude der EU-Kommission in Brüssel.

Das Bild zeigt das Berlaymont Gebäude der EU-Kommission in Brüssel. In dem Gebäude arbeiten Handelskommissarin Malmström und ihr Kabinett.

Auf die zunehmende Kritik an der Schiedsgerichtsbarkeit hat die EU-Kommission bei ihren derzeitigen Verhandlungen zu Freihandelsabkommen mit den USA (TTIP) und Kanada (CETA) reagiert. Handelskommissarin Malmström und Wirtschaftsminister Gabriel wollen den Investitionsschutz in den Abkommen transparenter gestalten, eine Berufungsinstanz einführen und die Unabhängigkeit der Schiedsrichter gewährleisten. In diesem Zusammenhang kursiert auch derzeit die Idee mittelfristig einen internationalen Handelsgerichtshof zu schaffen.

Allerdings sperren sich laut der Tageszeitung Die Welt die USA gegen diese Reformen. Es kommt hinzu, dass die Reformversuche der EU-Kommission die Einseitigkeit der Klagerechte für Unternehmen letztlich nicht beheben. Es bleibt dabei, dass die ohnehin schon großen Machtungleichgewichte zugunsten von Unternehmen weiterhin vergrößert würden. Und wenn man schon einen internationalen Handelsgerichtshof vorschlägt, dann muss auch umgekehrt die Möglichkeit für Individuen und Staaten bestehen, gegen Unternehmen zu klagen. In diese Richtung gibt es jedoch bedauerlicherweise keine Überlegungen der politisch Verantwortlichen.

Schließlich bleibt weiterhin völlig unklar, warum man Schiedsgerichte zwischen entwickelten Demokratien mit funktionierenden Rechtssystemen braucht. In der EU, Kanada und den USA genießen Unternehmen und privates Eigentum bereits ausreichenden Rechtsschutz. Diesen über Handelsabkommen noch weiter zu stärken ist nicht einzusehen. Wir brauchen künftig keine absurden Klagen wie die der Meinl Bank.

Weitere Infos:

Bildquelle: Shiny Things; Foto: The World Bank Group headquarters building in Washington, D.C. Designed by Kohn Pedersen Fox; Lizenz: CC BY 2.0.

Teilen

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert

Kommentar absenden

4 Kommentare

Gerd Bruckner12. August 2015 um 14:47

Dieser Vorgang zeigt exemplarisch, was es heißt, wenn TTIP und die darin integrierten Schiedsgerichte ratifiziert werden. Dann gibt es kein Halten. Die Argumente, dass bisherige Vereinbarungen weiterhin gelten sollen, zeigen ebenso, dass nicht verstanden wird, dass es um die Zukunft geht. Sobald etwas Neues auf den Markt kommt, wird immer auf den Stand von heute Bezug genommen und somit ist Tür und Tor geölffnet, das keinerlei Gesetzesänderungen erfolgen können, die dann ein Unternehmen treffen. Der Atomausstieg in Deutschland könnte somit unter TTIP gar nicht mehr erfolgen. Genveränderte Lebensmittel durch Monsanto & Co. hätten einen Durchmarsch, da zukünftige Genveränderte Sorten ja zum Zeitpunkt von TTIP noch gar nicht auf dem Markt waren. Würde dann ein Verbot von diesen Dingen erfolgen, könnten diese Firmen jederzeit klagen. Somit muß nur noch etwas entwirckelt werden und die Absicht erklärt werden, dass man damit auf den Markt will und schon wird geklat. Ein Produkt auf den Markt zu brignen, ist dann gar nicht mehr notwendig. Das Geld fließt durch die privaten Schiedsgerichte (1/3 Unternehmen, 1/3 privater Anwalt, 1/3 betroffenes Land – wie die Urteile aussehen, kann man sich vorstellen. 2/3 zu 1/3. Der Staat (demokratisch legitimiert) hätte immer zu verlieren!

schokolade14. August 2015 um 14:32

Also zunächst mal irritiert die Ermittlungsdauer von mittlerweile 8 Jahren. Nach 8 Jahren sind zu mindestens in Deutschland die meisten Vergehen (abgesehen von Mord und Totschlag, Kindsmissbrauch und Vergewaltigung?) verjährt.

Allerdings ist der Klagegrund m.E. auch nicht besonders einleuchtend. Untersuchungen wegen Untreue, Betrug oder Steuerhinterziehung sollten normalerweise gar nicht (vorzeitig) öffentlich werden. Jedenfalls kann die Anwendung des nationalen Strafrechts nicht so leichtfertig als Investitionshemmnis betrachtet werden.

Wir sehen dass sich hier erst mal ein neues Rechtsverständnis entwickeln muss, das zwischen berechtigten Unternehmensinteressen und dem Schutzbedürfnis der Bevölkerung qualifiziert vermittelt.
Solche Klagen sprechen für die Einrichtung eines internationalen Handelsgerichts, das in der Lage wäre sei als unbegründet abzuweisen.

Schokolade Pirat aus Leidenschaft

tsatsikifresser17. August 2015 um 9:16

Die 8 Jahre Ermittlungsdauer wundern mich in dem Fall nicht, Meinl Bank hat sicher so kompliziert verstrickte Stukturen gebaut, dass es so lange braucht, sich da durchzuwühlen.

Felix = Die Flex19. August 2015 um 14:58

… ich schlage vor, im MAI all diesen KapitalSeelen- Dreck nachzulesen … auch damals in den 90iger n hat ein kanadischer ‚Verräter‘ den höchstgeheimen Text in’s www. gesetzt … Multilateral Agreement on Investments“ … lest nach und verteilt diese Info … viel ‚Spaß‘ bei dieser erquicklichen Lektüre …