Für ein Lobbyregister, das seinen Namen verdient
Gut, dass die Große Koalition sich endlich einigen konnte, ein Lobbyregister einzuführen. Doch bei der Umsetzung dürfen nicht die wichtigsten Elemente unter den Tisch fallen!
Der erste Koalitions-Entwurf für das Lobbyregister lässt große Schlupflöcher. Viele wesentliche Merkmale eines echten Lobbyregisters fehlen. Im Ergebnis bliebe Lobbyismus immer noch weitgehend undurchsichtig. Unsere Kritik wurde von den Medien aufgenommen. Doch von der Politik gehört werden wir nur, wenn eine breite Öffentlichkeit hinter uns steht.
Bitte helfen Sie jetzt mit: Wenden Sie sich direkt an die Fraktionsvorsitzenden Ralph Brinkhaus (CDU/CSU) und Rolf Mützenich (SPD). Fordern Sie sie auf, jetzt gründlich nachzubessern und ein solides Lobbyregister einzuführen:
(Die Aktion ist abgeschlossen, eine Bewertung des beschlossenen Gesetzentwurfs finden Sie hier. Alle Neuigkeiten zum Lobbyregister sind außerdem auf unserer Schwerpunktseite Lobbyregister gesammelt.)
Unsere Kritikpunkte am Entwurf des Lobbyregisters
Der Entwurf der Großen Koalition für ein Lobbyregister würde Lobbyismus weitgehend undurchsichtig lassen und damit das Ziel verfehlen, das ein Lobbyregister erreichen soll: Zeigen, wer politisch Einfluss nimmt, mit welchen Mitteln und mit welchem Ziel.
- Die Bundesregierung als Lobbyadressat fehlt: Der vorliegende Entwurf umfasst nur Lobbyarbeit gegenüber dem Bundestag. Die Bundesregierung mit den Ministerien, Kanzleramt und Bundesbehörden ist bislang ausgeklammert, obwohl sie wesentliche Zielscheibe der Lobbybemühungen ist.
- Lobby-Auftraggeber müssen nicht genannt werden: Lobby-Dienstleister können ihre Kunden weiterhin geheim halten und stattdessen nur eine Branche nennen. Anders gesagt: Lobby-Auftraggeber können ihre Identität verschleiern. Damit wird ein absoluter Kern-Standard von Lobbyregistern verfehlt. Lobbyregister zeigen, welche Interessen Einfluss nehmen wollen. Der vorliegende Entwurf zeigt es nicht.
- Lobby-Ziele bleiben unklar: Lobbyakteure werden nicht verpflichtet anzugeben, auf welche Gesetze oder politischen Entscheidungen sie konkret Einfluss nehmen wollen. Auch das ist in anderen Lobbyregistern klare Pflicht, ob in USA, Kanada, Irland, Frankreich oder im EU-Transparenzregister.
- Konkrete Lobbyaktivitäten bleiben verborgen: Die Aktivitäten von Lobbyakteuren (beispielsweise Treffen oder Veranstaltungen) werden nicht veröffentlicht, nicht einmal erfasst. Dabei ist dies zwingend notwendig, um Lobbyismus öffentlich nachvollziehbar zu machen.
- Finanzangaben können versteckt werden: Lobbyakteure dürfen finanzielle Angaben in einem nicht-öffentlichen Teil des Registers verstecken. Dass Verbände und Organisationen, die dies tun, keinen Hausausweis für den Bundestag bekommen sollen, ist eine viel zu schwache Sanktion. Denn effektive Lobbyarbeit ist auch ohne Hausausweis ohne weiteres möglich, wie die Erfahrung zeigt.
- Umfang von Lobbyaufträgen muss nicht genannt werden: Die finanzielle Größenordnung des Auftragswerts fehlt ebenso, auch hier kann beispielsweise Brüssel als Vorbild dienen.
- Fehlende Kontrolle: Im Entwurf ist nicht definiert, wie eine Prüfung der Angaben und die Feststellung etwaiger Verstöße gegen die Registrierungs- und Offenlegungspflichten vonstatten gehen soll. Ohne rechtlich klare Kontrollverfahren läuft der verpflichtende Charakter jedoch ins Leere.
- Grundlage unklar: Es ist bislang nicht eindeutig, ob es sich um eine gesetzliche Regelung handelt oder nur die Ordnungswidrigkeiten gesetzlich geregelt werden sollen. Doch nur eine vollständig gesetzliche Lösung kann die nötigen Veröffentlichungen erzwingen.
- Keine aktuellen Angaben: Die Angaben der registrierten Lobbyist:innen sollen nur einmal pro Jahr aktualisiert werden. Das ist im schnelllebigen Politikgeschäft völlig unzureichend. Andere Lobbyregister sehen Aktualisierungen in viel kürzeren Abständen vor, etwa quartalsweise oder monatlich.
- Schwammige Definition: Nicht zuletzt erscheint die vorgeschlagene Definition, welche Akteure sich nun eintragen müssen, nicht ausreichend genau.
Neben diesen vielen Schwachstellen gibt es auch einige positive Aspekte. So sollen mit Lobbyarbeit beauftragte Anwält:innen und Kanzleien nicht von der Registrierungspflicht ausgenommen werden. Zudem soll erfolgsabhängige Bezahlung von Lobbyist:innen verboten werden. Das hatten wir auch in unserem gemeinsam mit abgeordnetenwatch.de entwickelten Gesetzentwurf vorgeschlagen. Diese wenigen positiven Merkmale können jedoch die vielen wesentlichen Mängel und Schlupflöcher im vorliegenden Entwurf nicht annähernd wettmachen. Union und SPD müssen umfassend nacharbeiten, um ein Lobbyregister vorzulegen, das diesen Namen verdient.