Aus der Lobbywelt

Zu große Nähe: Julia Klöckner und der Mann hinter „NIUS“

Bundestagspräsidentin Julia Klöckner steht wegen ihrer Nähe zum Geldgeber des rechten Hetzportals NIUS, Frank Gotthardt, zunehmend in der Kritik. Die Verbindungen zwischen Klöckner, der CDU und Gotthardt sind noch enger als bislang berichtet. Gotthardt saß jahrelang im CDU-Landesvorstand Rheinland-Pfalz – unter Klöckners Vorsitz.

von 28. August 2025
×

Sommerfest bei Gotthardt: Klöckner verteidigt umstrittenen NIUS-Geldgeber

Die CDU Rheinland-Pfalz feierte ihr diesjähriges Sommerfest auf dem Firmengelände von Frank Gotthardt. Dieser finanziert das Portal NIUS, das wiederholt durch rechtspopulistische Inhalte und Kampagnen auffiel, die auf eine CDU-AfD-Koalition hinarbeiten. Zuletzt gab es breite Kritik an NIUS’ Verbreitung von Desinformation im Kontext der Debatte um die Richterkandidatin Frauke Brosius-Gersdorf.

Bundestagspräsidentin Julia Klöckner hat damit offenbar wenig Probleme. Sie nahm wie bereits in den Vorjahren an der Feier teil. Schon das ist fragwürdig. Die CDU Rheinland-Pfalz und Klöckner riskieren, sich durch solch große Nähe von einem einflussreichen Unternehmer abhängig zu machen – noch dazu, wenn dieser zeitgleich ein ultrarechtes Hetzportal finanziert.

Doch damit nicht genug: Bei einer Rede auf dem Fest verglich Klöckner das Krawallportal NIUS mit der seriösen Zeitung taz – und erntete dafür Kritik selbst aus den eigenen Reihen. Wenig später wurde zudem bekannt, dass Klöckner in ihrer damaligen Rolle als CDU-Schatzmeisterin bereits 2022 gemeinsam mit Gotthardt eine App für die CDU entwickeln wollte. Die Nähe zwischen den beiden ist also groß.

Wirtschaftsrat als Türöffner in die CDU

Was bislang kaum berichtet wurde: Klöckner und Gotthardt verband über Jahre hinweg auch die Mitgliedschaft im CDU-Landesvorstand. Dort war Gotthardt als Landesvorsitzender des Lobbyverbands „Wirtschaftsrat der CDU“ ständiger Gast – und Klöckners Vorsitz. Und das, obwohl der Wirtschaftsrat keine Parteigliederung ist, sondern als Lobbyverband Unternehmensinteressen vertritt.

Damit erhielt Gotthardt direkten Zugang zum Machtzentrum der Partei in Rheinland-Pfalz, ohne dass er jemals von der Partei in den Vorstand gewählt wurde. Wir hatten bereits 2023 auf Gotthardts Sitz im Landesparteivorstand hingewiesen.

LobbyControl/Christian Mang - CC-BY-NC-ND 4.0
Eine Aktion von LobbycCntrol 2023
×
Eine Aktion von LobbycCntrol 2023

Rechtswidrige Praxis laut Gutachten

Nach Einschätzung von Rechtsexpert*innen und laut einem von uns beauftragten Rechtsgutachten ist diese Praxis unzulässig: Parteiexterne dürfen nicht dauerhaft in Parteivorständen mitreden. Allein Parteiorganisation wie die Junge Union, die Frauenunion oder auch die Mittelstands- und Wirtschaftsunion bekommen diese Sonderstellung.

Trotzdem ist der Wirtschaftsrat seit Jahren fest in CDU-Parteivorständen präsent – sowohl in Rheinland-Pfalz als auch auf Bundesebene. Rechtlich dagegen vorzugehen, erweist sich allerdings als schwierig. Eine von uns unterstützte Klage dagegen wurde aus formalen Gründen: Ein einfaches CDU-Mitglied sei laut Gericht nicht klageberechtigt. Dafür bräuchte es demnach Parteitagsdelegierte.

Gezielte Lobbyarbeit im eigenen Interesse

Gotthardt nutzte den Wirtschaftsrat gezielt, um Lobbyarbeit für die Interessen seines Medizin-Softwarte-Unternehmens CompuGroup zu betreiben. Dafür gründete er sogar eine eigene Fachkommission „Digital Health“ im Wirtschaftsrat aus Bundesebene und verschaffte sich damit einen Einflusskanal in die CDU hinein. Von politischen Entscheidungen in diesem Bereich profitierte sein Unternehmen nachweislich, wie eine aktuelle Correctiv-Recherche belegt.

Mit seinem Millionenvermögen verschafft sich Gotthardt zudem politischen Einfluss über weitere Kanäle: Nicht nur finanziert er das Hetzportal NIUS. Er spendete außerdem gemeinsam mit seiner Frau im letzten Bundestagswahlkampf zusammen fast 400.000 Euro an FDP und CDU. Auch in seiner Heimatstadt Koblenz mischte er offenbar mit: Ein dortiger CDU-Stadtrat berichtete gegenüber T-Online, Gotthardt habe bei Debatten um Erhöhungen der Gewerbesteuer nachgefragt, „was wir da machen“.

Übergroßer Reichtum als politisches Machtinstrument

Der Fall macht deutlich: Millionäre und Unternehmer wie Gotthardt können ihren übergroßen Reichtum systematisch einsetzen, um politischen Einfluss zu gewinnen und die öffentliche Meinung in ihrem Sinne zu beeinflussen. Schon das allein untergräbt zentrale demokratische Prinzipien - und verstärkt Misstrauen in demokratische Institutionen. Im Fall Gotthardt ist das besonders gefährlich, wenn sein Projekt NIUS gleichzeitig massiv Desinformation zulasten der Demokratie verbreitet.

Julia Klöckner trägt dazu bei, indem sie ihre Nähe zu Gotthardt trotz aller Kritik weiter aktiv pflegt – ob durch gemeinsame Auftritte oder Rückendeckung seiner Rolle bei NIUS. Ihr Auftritt auf Gotthardts Firmengelände war nur die sichtbarste Spitze ihrer langjährigen Nähe.

CDU darf Klöckners Nähe zu Gotthardt nicht länger tolerieren

Klöckner bekleidet als Bundestagspräsidentin das zweithöchste politische Amt in Deutschland. In diesem Amt hat sie auch die Rolle als Wächterin über die Demokratie. Integrität, höchste demokratischer Standards und eine gewisse politische Neutralität sollten für sie selbstverständlich sein. Wenn sie Gotthardt immer wieder den Hof macht, legitimiert sie damit auch dessen Hetzportals, das über Desinformationskampagne demokratische Grundwerte angreift.

Klöckners Forderung nach mehr Respekt in politischen Debatten als Reaktion auf Kritik an ihr, wirkt angesichts ihrer Nähe zum NIUS-Geldgeber fast schon grotesk. Um Schaden von dem Amt der Bundestagspräsidentin und auch der CDU abzuwenden, braucht es jetzt eine klare Positionierung. Für die Glaubwürdigkeit der CDU könnte es entscheidend sein, wie die Partei mit Julia Klöckners Nähe zu Gotthardt umgeht.

Außerdem muss die Bundesregierung sich für schärfere Regeln für mehr Transparenz und Integrität einsetzen. Um den undemokratischen Einfluss von Millionären wie Gotthardt zurückzudrängen, braucht es endlich einen Parteispendendeckel. Dafür werden wir uns weiter einsetzen.

Teilen

Kommentare

Schreiben Sie einen Kommentar.

Pflichtfelder sind mit * markiert. Neue Kommentare erscheinen erst nach Freigabe auf der Webseite.

Durch Absenden des Kommentars akzeptieren Sie die Speicherung und Verarbeitung Ihrer Daten gemäß unserer Datenschutzerklärung.

Interesse an mehr Lobbynews?

Newsletter abonnieren!