Lobbyismus und Klima

Offener Brief: Mobilitätsgipfel statt Autogipfel

Breiter und ausgewogener Mobilitätsgipfel statt einseitiger Autogipfel – das fordern wir gemeinsam mit sechs anderen Organisationen aus den Bereichen Umwelt- und Verbraucherschutz. Der Anlass: Die Bundesregierung lädt erneut zu einem Exklusivgipfel mit der Autolobby ein.
von 7. September 2020

Breiter und ausgewogener Mobilitätsgipfel statt einseitiger Autogipfel - das fordern wir gemeinsam mit sieben anderen Organisationen aus den Bereichen Umwelt- und Verbraucherschutz. Der Anlass: Morgen lädt die Bundesregierung erneut zu einem Autogipfel ein, um über die Zukunft der Mobilität zu beraten.

Einseitig besetzte Runde hinter verschlossenen Türen

Neben Vertreter:innen aus der Politik sind Konzernchefs aus der Auto- und Zuliefererindustrie, der Auto-Lobbyverband VDA, die IG Metall und Betriebsräte eingeladen. Der Autogipfel ist der Teil der "Konzertierten Aktion Mobilität", im Rahmen derer die Bundesregierung seit März 2019 regelmäßig zu hochrangigen Treffen in ähnlich unausgewogener Runde einlädt.

Die Runde ist einseitig besetzt, findet hinter verschlossenen Türen statt und hat vor allem die Interessen der Autohersteller im Blick. Das ist nicht der geeignete Rahmen, um über die Zukunft der Mobilität zu beraten. Deswegen haben wir heute gemeinsam mit der Deutschen Umwelthilfe, Attac Deutschland, Changing Cities, Power Shift, Fuß e.V., Fridays for Future Berlin und dem Berliner Bündnis Straßen einen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel und Wirtschaftsminister Peter Altmaier verschickt.

Darin kritisieren wir, dass der Autogipfel einseitig besetzt ist und fordern die Bundesregierung auf, das Format "Konzertierte Aktion" einzustellen. Stattdessen schlagen wir ausgewogenere, transparente und breitere Beteiligungsformen. Als ersten Schritt in diese Richtung schlagen wir einen Mobilitätsgipfel vor. Den Brief finden Sie am Ende des Blogbeitrags.

Update: Unser Protest vor Ort und gute Presseresonanz

Unseren Protest gegen den einseitigen besetzten Autogipfel trugen wir vors Kanzleramt. Am Tag des Autogipfels protestierten wir gegen privilegierte Zugänge für die Autolobby. Vor Ort waren auch Aktive von Fridays for Future, Greenpeace, der Deutschen Umwelthilfe, Campact, die sich für eine zukunftsfähige Verkehrspolitik starkmachten.

LobbyControl Protest beim Autogipfel
Christian Mang/LobbyControl - CC-BY-NC-ND 4.0
Unser Protest gegen den einseitigen Autogipfel am 8. September 2020 vor dem Kanzleramt. Foto: Christian Mang/Lobbycontrol

Unser offener Brief wurde in vielen Medien aufgegriffen:

tagesschau.de: Autogipfel im Kanzleramt

RTL: Autogipfel mit Bundeskanzlerin

Offener Brief: Für einen breiten und ausgewogenen Mobilitätsgipfel

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin, sehr geehrter Herr Bundesminister Altmaier,

am 8. September laden Sie Vertreter/innen aus Politik, Autoindustrie, IG Metall und Betriebsräte zu einem Autogipfel im Rahmen der „Konzertierten Aktion Mobilität“ ein. Das letzte Treffen dieser Art, auf dem ursprünglich eine Kaufprämie für Autos mit Verbrennungsmotor zur Diskussion stand, haben Sie im Juni abgesagt. Zu Recht: Zu breit war die Kritik aus Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft an einseitig besetzten Treffen mit der Autoindustrie.

Diese Absage hätte einen Wendepunkt einläuten können – in Richtung eines neuen Umgangs mit Interessengruppen im Bereich Mobilität. Vorbei schienen die Zeiten, in denen die Autoindustrie ihre Forderungen immer wieder in Exklusivrunden direkt bei der Bundesregierung vortragen konnte. Anderen verkehrspolitischen Akteuren aus Umwelt- und Verbraucherverbänden oder weiteren Branchenverbänden haben Sie diese privilegierten Zugänge nicht in gleichem Maße gewährt. Doch einseitige Einflussnahme führt zu unausgewogenen Entscheidungen. Der daraus entstandene gesellschaftliche Schaden für den Verbraucher- und Klimaschutz ist enorm – Stichwort Dieselskandal und Klimakrise.

Deshalb ist ein erneuter einseitig besetzter Autogipfel am 8. September ein falsches Signal für eine am gemeinwohlorientierte und zukunftsfähige Verkehrspolitik. Es mag notwendig sein, mit der Autoindustrie über die Lage der Branche in der Coronakrise zu beraten. Doch bei dem angekündigten Gipfel werden auch Fragen künftiger Mobilität diskutiert, die uns alle angehen und die Sie nicht allein mit der Autoindustrie beraten sollten.

Wir fordern Sie deshalb auf, das Format der „Konzertierten Aktion Mobilität“ ab sofort einzustellen und das Treffen am 8. September abzusagen. Stattdessen brauchen wir innovative und transparente Formen breiter und ausgewogener Beteiligung zu künftiger Mobilität. Als ersten Schritt in diese Richtung fordern wir einen echten Mobilitätsgipfel, der diesen Namen auch verdient.

Mit ausgezeichneter Hochachtung,
Vertreter:innen von
Attac Deutschland,  Berliner Bündnis Straßen für alle, Changing Cities, Deutsche Umwelthilfe, Fridays for Future Berlin, Fuß e.V., LobbyControl, PowerShift

Lesen Sie hier den offenen Brief an die Bundesregierung als pdf

Unsere Pressemitteilung vom 7. September 2020 finden Sie hier.

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