Aus der Lobbywelt

Tag der offenen Tür der Berliner Lobbyisten

Am Donnerstag in einer Woche (26.6.) kann man sich in Berlin zahlreiche Lobbyisten-Büros von Innen ansehen. Das Programm „Seitensprünge“ ist eine Art Tag der offenen Tür der Lobbyisten. Sicher eine interessante Gelegenheit, sich mal umzusehen und die ein oder andere kritische Frage zu stellen (Wir freuen uns über Erlebnisberichte ;-)). Weitere Informationen zu dem Programm […]
von 18. Juni 2008

Am Donnerstag in einer Woche (26.6.) kann man sich in Berlin zahlreiche Lobbyisten-Büros von Innen ansehen. Das Programm „Seitensprünge“ ist eine Art Tag der offenen Tür der Lobbyisten. Sicher eine interessante Gelegenheit, sich mal umzusehen und die ein oder andere kritische Frage zu stellen (Wir freuen uns über Erlebnisberichte ;-)). Weitere Informationen zu dem Programm unter www.seitenspruenge-berlin.de.

Keine Transparenz
Die Organisatoren der Seitensprünge sprechen von Einblicken in politische Kommunikation und Transparenz. In Realität geht es wohl eher um Imagewerbung für die Branche, Kontaktpflege und Nachwuchsrekrutierung. Klar ist auf jeden Fall, dass ein schön inszenierter Tag der offenen Tür keine Transparenz bedeutet. Um den Lobbyismus transparenter zu machen, müsste man Lobbyisten dazu verpflichten, sich zu registrieren und ihre Kunden und Budgets offen zu legen.

In Brüssel startet nächste Woche nach langjähriger Debatte endlich ein Lobbyistenregister – allerdings hat die EU-Kommission sich weitgehend dem Druck der Lobbyisten gegen mehr Transparenz gebeugt: das Register ist (vorerst) freiwillig und die Lobbyisten müssen nur wenige, vage Angaben machen (mehr dazu in den nächsten Tagen hier im Blog). Es wird Zeit, ein Lobbyistenregister auch in Deutschland auf die Tagesordnung zu setzen – damit es nicht bei einem Tag der Schein-Transparenz bleibt.

Merkwürdige Allianz
Bei den Seitensprüngen machen nicht nur Lobbyverbände wie die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, der Verband der forschenden Arzneimittelhersteller (Lobby der großen Pharmafirmen) oder Agenturen wie Burson-Marsteller, Fischer-Appelt oder Hill&Knowlton mit. Auch Zeitungen wie die Financial Times Deutschland, Welt oder Berliner Morgenpost beteiligen sich – und sogar Ministerien wie das Gesundheitsministerium. Das läuft dann unter dem Schlagwort „politische Kommunikation“ – als wäre das alles das gleiche: Lobbyarbeit, Journalismus oder Politik. Aus unserer Sicht ist es extrem fragwürdig, dass sich Medien oder Regierungsinstitutionen an solchen Image-Aktionen der Lobbyisten beteiligen – und verwischen, dass sie eigentlich eine andere Rolle haben (sollten).

Die Seitensprünge sind damit ein Beispiel für eine problematische Tendenz, die der Journalist Hajo Schumacher so beschrieb:

Lobbyisten und PR-Vertreter haben das politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Berlin praktisch komplett unter ihre Kontrolle gebracht. Einst waren die Grenzen zwischen Journalismus und Interessenvertretung und Politik verwischt. Heute sind sie verschwunden. Heute machen alle Lobbyismus und Kampagnen, immer mehr auch die Politik selbst. (Hajo Schumacher: Die ewig netten Herren. In: Thomas Leif/ Rudolf Speth: Die fünfte Gewalt. Lobbyismus in Deutschland. 2006)

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