Parteienfinanzierung

Schwarz-Gelb weist europäische Forderungen nach mehr Transparenz zurück

Wie hat die Bundesregierung auf die zwanzig Empfehlungen des Europarats reagiert, zu denen sie bis zum 30. Juni einen Bericht abliefern musste? Die Staatengruppe gegen Korruption (GRECO) des Europarats hatte einen Fortschrittsbericht verlangt. Die Empfehlungen drehen sich um Antikorruptionsgesetze und Transparenz bei der Parteienfinanzierung. Die Staatengruppe hatte bemängelt, dass Deutschland in den vergangenen Jahren lediglich […]
von 17. Juli 2012

Aktion am 27.6.2012: Gelbe Karte für Merkel!

Wie hat die Bundesregierung auf die zwanzig Empfehlungen des Europarats reagiert, zu denen sie bis zum 30. Juni einen Bericht abliefern musste? Die Staatengruppe gegen Korruption (GRECO) des Europarats hatte einen Fortschrittsbericht verlangt. Die Empfehlungen drehen sich um Antikorruptionsgesetze und Transparenz bei der Parteienfinanzierung. Die Staatengruppe hatte bemängelt, dass Deutschland in den vergangenen Jahren lediglich vier der Empfehlungen „zufriedenstellend umgesetzt“ habe. Mit der Unterschriftenkampagne „Gelbe Karte für Merkel!“ haben wir Druck aufgebaut, damit die Empfehlungen nicht weiter ignoriert werden. Nun ist die Frist abgelaufen. Wie hat Schwarz-Gelb reagiert, welche Auskünfte wurden an die Staatengruppe gegeben?

Fortschritt sieht anders aus

Immerhin hat die Bundesregierung den Bericht fristgerecht an den Europarat gesendet – im letzten Jahr, als ebenfalls ein Bericht fällig wurde, gelang das nicht. Kritischer steht es um den Inhalt des Berichts. Fakt ist, dass man bei der Umsetzung der Empfehlungen kein Stück voran gekommen ist. Im Bereich der Antikorruptionsgesetzgebung hätte der Bundestag eine Verschärfung des Straftatbestands der Abgeordnetenbestechung beschließen müssen. Alle Oppositionsfraktionen haben dazu Vorschläge gemacht. Alle Anträge wurden jedoch von Schwarz-Gelb zurück gewiesen. Trotzdem werden die Anträge der Opposition nun offenbar benutzt, um gegenüber GRECO vermeintliche Fortschritte präsentieren zu können. So hob eine Sprecherin des Bundesjustizministeriums gegenüber der Presse hervor, dass in dem Bericht an GRECO auf die drei Anträge der Opposition verwiesen wurde. Darüber hinaus solle es im Herbst eine Anhörung zum Thema geben.

Handlungsbedarf? Welcher Handlungsbedarf?

In Bezug auf die Transparenz bei der Parteienfinanzierung hatte GRECO u.a. gesonderte Rechenschaftsberichte für Wahlkämpfe und eine Absenkung der Veröffentlichungsgrenze von Großspenden (derzeit 50.000 Euro) gefordert. Innenminister Friedrich hatte – wie im letzten Jahr – den Bundestag aufgefordert, dazu eine Stellungnahme abzugeben. In einem Schreiben vom 28. Juni berichtet der Innenausschussvorsitzende Bosbach an Bundesinnenminister Friedrich über die Ergebnisse der Beratungen. Darin heißt es: „Die Koalitionsfraktionen haben dargelegt, dass sie keinen neuen Sachstand gegenüber den im letzten Jahr umfassend erfolgten Beratungen erkennen können […] mithin Handlungsbedarf nicht gesehen wird.“ Im Klartext heißt das, die Empfehlungen der Staatengruppe werden zurückgewiesen.

Schwarz-Gelb wirft Europarat mangelnde Kenntnisse vor

Darüber hinaus hätten laut Bosbach die Beratungen ergeben, „dass die GRECO-Kommission bei etlichen ihrer Empfehlungen die Rechtslage in Deutschland nicht hinreichend würdigt […]“. Der Staatengruppe des Europarats wird also vorgeworfen, letztlich keine Ahnung zu haben. Als Beispiel wird angeführt, dass die Forderung nach gesonderten Wahlkampfrechenschaftsberichten nicht berücksichtige, dass man bereits in den bestehenden jährlichen Rechenschaftsberichten Wahlkampfkosten ausweise. Liest man den GRECO-Bericht jedoch, wird schnell deutlich, dass es bei der Forderung nach gesondereten Berichten nicht um die Kostenseite bei Wahlkämpfen, sondern die Einnahmenseite, insbesondere Parteispenden geht. GRECO ist der Auffassung, dass Parteispenden in Wahlkampfzeiten eine besondere Relevanz haben und daher möglichst zeitnah veröffentlicht werden sollten. In Großbritannien gibt es in Wahlkampfzeiten sogar wöchentliche Berichte über Spendeneinnahmen.

Momentan erhält die Öffentlichkeit in Deutschland erst mit fast zweijähriger Verspätung Informationen über Parteispenden im Bundestagswahlkampf. Somit wird ein Zusammenhang zwischen Spenden und späterem Regierungshandeln wesentlich schwerer ersichtlich. Parteispenden dürfen nicht an politische Versprechungen geknüpft sein. Wenn unbekannt ist, wer in welchem Maße gespendet hat, kann dieses Prinzip kaum unabhängig überprüft werden. Beispiele, die illustrieren, warum mehr Transparenz dringend nötig ist, gab es in den letzten Jahren einige: Die Mövenpick-Spenden an die FDP, die gestückelten Spenden des Spielautomaten-Unternehmers Gauselmann oder mehr als eine Million Euro, die aus dem Umfeld der Deutschen Vermögensberatungs AG (DVAG) im Wahlkampfjahr 2009 an CDU und FDP flossen. Die DVAG freute sich anschließend ausgesprochen über die Festschreibung der „Riester-Pflege“ im Koalitionsvertrag, schließlich handelt es sich um einen äußerst lukrativen neuen Markt für den Finanzdienstleister.

Parteispenden müssen transparenter werden

Als zweites Beispiel für die Unkenntnis der Staatengruppe führt Bosbach die Empfehlung an, Parteispenden nicht erst ab 50.000 Euro umgehend zu veröffentlichen. Hier habe GRECO übersehen, dass Spenden ab 10.000 Euro in den Rechenschaftsberichten der Parteien veröffentlicht werden. Schaut man sich jedoch die entsprechende Empfehlung an, wird schnell deutlich, dass GRECO sehr wohl zwischen den Spenden, die sofort veröffentlicht werden müssen, und den Angaben über Spenden in den Rechenschaftsberichten unterscheidet.

Eine Übersicht über die zehn Empfehlungen zur Parteienfinanzierung gibt es hier. Eine ausführliche Erklärung und Bewertung der einzelnen Empfehlungen findet sich hier.

Foto: Jakob Huber/LobbyControl, Lizenz: CC BY-NC-ND 3.0

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7 Kommentare

thomas barth23. Juli 2012 um 15:43

wenn ich ganz still bin kann ich es schon hören, und wahrscheinlich hören es ganz viele andere menschen auch schon, nur unsere regierung! die hört es erst dann, wenn es zu spät (für sie) ist…..

was ich höre?

wir sind das volk……

es gab schon mal eine deutsche regierung die diese worte nicht gehört und schon gar nicht ernst genommen hat……

Maneno23. Juli 2012 um 17:58

@Thomas Barth

Das BRD-Staatstheater

Die BRD-NGO wird doch von Marionetten regiert, man kann das ja an der meistens gleich ausdrucksvollen Miene der Starmarionette sehen. Was sollte es also die anderen Marionetten kratzen, ob das Publikum nun klatscht oder buuhuht.
Der/Die Strippenzieher fühlen sich sowieso nicht angesprochen, denn wenn’s wirklich mal um die Wurst gehen sollte, warten doch deren Panzer nur auf den Einsatzbefehl zum Angriff auf den (immer noch!) !F!r!e!u!i!n!d!

Jürgen23. Juli 2012 um 18:04

Was lese ich da! Ist schon traurig in einer Demokratie.

Haben unsere Politiker das nötig?

Siegfried Popp24. Juli 2012 um 7:40

Vorschlag:
1. Verbot von Spenden, direkt an die Parteien.
2. Alle Spenden gehen auf ein „Spendensammelkonto“ und werden unmittelbar (online) veröffentlicht.
3. Nach Abzug der Kosten für das „Spendensammelkonto“ (Büro, Mitarbeiter usw.)werden die Spenden an die Parteien weiter geleitet.
4. Nach Artikel 14/2 des Grundgesetzes: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“ werden vorher mindestens 25 % für humanitäre Aufgaben abgezogen.

Dieter Klamke24. Juli 2012 um 11:53

Eine vom Souverän alimentierter und beauftragter Dienstleister – auch als Regierung betitelt – die Ihren Souverän durch Intransparenz bei der Aufgabenerledigung entmündigt, begeht eine Vertragsverletzung und verletzt das Arbeitgeber-Arbeitnehmer Treueverhältnis in eklatanter Weise, die der Abmahnung bei der nächsten Wahl bedarf.
Ein Dienstleister, der durch fehlerhafte Aufgabenerledigung bei der Gesetzgebung, z.B. bei den Rahmenbedingungen für die Finanzmärkte das Wohl seines Souveräns beschädigt, ist der Volksverhetzung verdächtig und gehört bestraft.
Ein Dienstleister, der das ihm anvertraute Auftragserledigungsgeld in sträflicher Weise zu Lasten seines Arbeitgebers veruntreut, begeht eine Straftat.
Ein Dienstleister, der mit den ihm anvertrauten Befugnissen sich als erstes strafrechtliche Immunität erteilt und sich damit der rechtlichen Haftung gegenüber seinem Auftragsgeber entzieht, begeht einen nicht zu überbietenden Treuebruch.

Critica24. Juli 2012 um 20:37

Meiner Ansicht nach ist die schwarz-gelbe Bundesregierung überfordert,
denn: Wie lange schon steht die Euro-Rettung an erster Stelle, alle anderen wichtigen Themen – wie das Obige (!) z.B. – müssen sich dann eben unterordnen?!
Wenn diese Koalition so abgewirtschaftet ist, wie mir scheint, wieso erkennt Frau Merkel dies nicht? Doch sie will ja unbedingt noch weitere vier Jahre regieren … Trägt sie eine rosarote Brille, weil sie die Realität nicht mehr richtig wahrnimmt oder lebt sie sogar in einem Wolkenkuckucksheim? Tut mir leid für sie, anmerken zu müssen, dass sie längst nicht mehr zeitgemäss regiert! Es hat bereits eine neue Epoche begonnen – jedenfalls ein Teil des Volkes hat es zurecht erkannt! Und das Volk ist der eigentliche Souverän in unserem demokratischen Land … Nach ihm sollte sie sich endlich richten,
sonst regiert sie an der Demokratie vorbei.

kim30. Juli 2012 um 13:59

Meiner Meinung nach wären beide Geldskandale (Parteispenden + Korruption) H. Kohls und F.J.Strauss richtig rausgekommen und aufgeklärt worden wäre die CDU-Partei nicht mehr an die Macht gekommen.