Lobbyismus an Schulen

ExxonMobil fliegt von der Schule

Die niedersächsische Landesregierung beendet ab dem kommenden Schuljahr ein umstrittenes Kooperationsprojekt zwischen Gymnasien und Energiekonzernen wie ExxonMobil und RWE. Die Entscheidung ist ein Schritt in die richtige Richtung und ein Erfolg für unsere Arbeit. Die Politik hat hier endlich eingestanden, dass Lobbyismus an Schulen ein reales Problem ist.
von 7. Mai 2015
  • Die niedersächsische Landesregierung beendet ab dem kommenden Schuljahr ein umstrittenes Kooperationsprojekt zwischen Gymnasien und Energiekonzernen wie ExxonMobil und RWE.
  • Begründet wird die Entscheidung mit einem Verstoß gegen die Antikorruptionsrichtlinie des Landes.
  • Im Mai 2013 hatte das Kooperationsprojekt für Aufregung gesorgt, als das Politmagazin Frontal21 parallel zur Veröffentlichung unserer Studie über Lobbyismus an Schulen kritisch über den Fall berichtete.

Kooperationsprojekt mit fragwürdigen Folgen

Das Bild zeigt das ExxonMobil Werk in Großenkneten,

Das Bild zeigt das ExxonMobil Werk in Großenkneten. Bildquelle: Eckhard Jakob, CC BY-SA 3.0

Gestartet wurde das Kooperationsprojekt bereits zum Schuljahr 2007/2008 von der niedersächischen Staatskanzlei und dem Wirtschaftsverband Erdöl und Erdgasgewinnung (WEG). Brisant ist der Fall deswegen, weil eine Dokumentation des WEG deutlich zeigt, was sich die beteiligten Unternehmen von der Kooperation versprechen. Als Ziele werden darin u.a. die „Verbesserung der Reputation der Branche“ und eine „Versachlichung der Darstellungen über die Erdöl- und Erdgasproduktion in Schulen“ (S. 5) genannt. ExxonMobil zahlte den beteiligten Schulen für die Kooperation sogar 10.000€ pro Jahr. Hinzu kommt, dass die Kooperationen in einer Gegend stattfinden, in der Erdöl- und Erdgasgewinnung eine besondere Rolle spielt und seit Jahren kontrovers diskutiert wird. Bis heute ist das einer der deutlichsten Fälle von Lobbyismus an Schulen.

Verstoß gegen Antikorruptionsrichtlinie

Jetzt ist endlich Schluss mit dem umstrittenen Projekt. Die niedersächsische Landesregierung beendet die Kooperationen überraschend und mit deutlicher Kritik zum Schuljahresende. Grundlage der Entscheidung ist die Antikorruptionsrichtlinie des Landes. Sponsoring ist demnach nur dann zulässig, „wenn der Anschein einer möglichen Beeinflussung […] nicht zu erwarten ist.“ Dabei ist nicht entscheidend, ob tatsächlich Einfluss genommen wird. Schon die Möglichkeit, dass auch nur indirekt Einfluss genommen wird reicht aus. Nach Einschätzung des Landes Niedersachsen besteht eine solche Möglichkeit im Falle der Kooperationen.

[button]Broschüre „Lobbyismus an Schulen“ hier kostenlos bestellen.[/button] Nach Informationen des WEG streben jedoch viele der Schulen und Kooperationspartner aufgrund der „positiven Resonanz“ an, die Zusammenarbeit fortzuführen. Es gebe bereits Gespräche über neue Verträge, „die den geänderten Sponsoring-Vorgaben der Landesregierung entsprechen.“ Es bleibt abzuwarten, wie die Landesregierung auf eine solche Fortführung des Kooperationsprojekts reagieren wird.

Wichtiger Schritt und Erfolg für unsere Arbeit

In den letzten zwei Jahren hatten wir die Kooperation immer wieder deutlich kritisiert. Die Entscheidung ist daher nicht nur ein Schritt in die richtige Richtung, sondern auch ein Erfolg für unsere Arbeit. Die Politik hat hier endlich eingestanden, dass Lobbyismus an Schulen ein reales Problem ist, bei dem Handlungsbedarf besteht. Bei dauerhaften Partnerschaften zwischen Schulen und Unternehmen besteht grundsätzlich die Gefahr der Einflussnahme. Solche Kooperationen können zu Abhängigkeiten und mangelnder Distanz führen. Die Kultusminister sollten einen kritischen Umgang mit externen Angeboten daher aktiv fördern.

Lobbyismusleitfaden ist überfällig

Als Reaktion auf die öffentliche Kritik hatte die niedersächsische Landesregierung bereits im Mai 2013 einen Lobbyismus-Leitfaden angekündigt. Bis heute wurde dieser jedoch nicht veröffentlicht. Schon mehrfach hatten wir bei der Pressestelle der niedersächsichen Bildungsministerin Frauke Heiligenstadt (SPD) erfolglos versucht herauszufinden, wann der Leitfaden genau erscheinen soll. Vor wenigen Tagen hieß es jetzt endlich: „Die Bearbeitung des angesprochenen Leitfadens steht kurz vor dem Abschluss.“ Wenn sich die Landesregierung ernsthaft kritisch mit Lobbyismus an Schulen auseinandersetzen will, dann sollte sie dieser Ankündigung schnellstmöglich Taten folgen lassen.

Übersicht der Schulen und Kooperationspartner

  • Gymnasien Sulingen und Antonianum Vechta mit dem Kooperationspartner ExxonMobil Production Deutschland GmbH
  • Franziskus-Gymnasium Lingen mit dem Partner GDF SUEZ E&P Deutschland GmbH
  • Dom-Gymnasium Verden mit dem Partner RWE Dea AG
  • Gymnasium Lohne mit dem Partner Wintershall Holding GmbH

Weitere Informationen

Bildquelle: Eckhard Jakob; Foto: Großenkneten, Blick auf die Exxon Mobile Produktion; Lizenz: CC BY-SA 3.0

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