Kurzmeldung

Kreml-Kritiker bei Sabine Christiansen kurzfristig ausgeladen – Rundfunkratsmitglied fordert Zwangspause

Die kurzfristigen Ausladungen des ehemaligen Schach-Weltmeisters und Kreml-Kritikers Garri Kasparow und des Ex-ARD Moskau-Korrespondenten, früheren Monitor-Chefs und WDR-Korrespondenten Klaus Bednarz, geraten zunehmend in den Mittelpunkt der medialen Kritik. Das ist sogar bei „Christiansen“ unüblich: im Vorfeld der Sendung vom vergangenen Sonntag, in der über den Mord am russischen Ex-Agenten Litvinenko und die Rolle der russischen […]
von 15. Dezember 2006

Die kurzfristigen Ausladungen des ehemaligen Schach-Weltmeisters und Kreml-Kritikers Garri Kasparow und des Ex-ARD Moskau-Korrespondenten, früheren Monitor-Chefs und WDR-Korrespondenten Klaus Bednarz, geraten zunehmend in den Mittelpunkt der medialen Kritik.

Das ist sogar bei „Christiansen“ unüblich: im Vorfeld der Sendung vom vergangenen Sonntag, in der über den Mord am russischen Ex-Agenten Litvinenko und die Rolle der russischen Regierung und -Geheimdienste in diesem Zusammenhang diskutiert werden sollte, wurden bereits eingeladene Gäste wieder ausgeladen. Sowohl Kasparow, der via Liveschaltung aus Moskau an der Diskussionsrunde teilnehmen sollte, als auch Bednarz geben an, sich mit der „Christiansen“-Redaktion über ihre Auftritte einig gewesen zu sein. Bednarz meint, ihm habe bereits ein Studiogastvertrag vorgelegen und Kasparow vermutet Zensur als Grund für seine Ausladung.

Trotz aller Beteuerungen der „Christiansen“-Redaktion, ausschlaggebend gewesen seien ausschließlich Kosten und technische Gründe, scheint eine Manipulation im Sinne eines einseitigen Diskussionsverlaufs offensichtlich. Wenn auch Kritik an einer unausgewogenen Gäste-Auswahl nichts Neues ist, liegt in diesem Fall der Verdacht einer externen Beeinflussbarkeit der Talkshow-Redaktion deutlich auf der Hand. So schreckt die „last-minute“-Intervention bei der Auswahl der Studiogäste in diesem Fall denn auch die sonst weniger hinterfragenden Organe der Massenmedien auf, und der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Günther Nooke von der CDU, sieht gar einen handfesten „Medien-Skandal“. Sogar ARD intern nimmt die Kritik an den Machern der Sendung zu. Zudem fordert Jörg Uwe Hahn, Mitglied des Rundfunkrats des Hessischen Rundfunks, in einem Schreiben an HR-Rundfunkratschef Alfred Möhrle eine Zwangspause der Talkrunde bis zur endgültigen Aufklärung der Angelegenheit. Außerdem appelliert er an den HR-Intendanten Helmut Reitze, den Vorgang dem zuständigen Rundfunkrat zu berichten. Offensichtlich sollten Moskau-kritische Stimmen und damit eine Diskussion auf Augenhöhe auf den letzten Drücker verhindert werden. Es hat den Anschein, als ob dem Druck aus Moskau nachgegeben wurde. Bednarz, der der offiziellen Begründung der „Christiansen“-Redaktion widerspricht, sagte ein Mitarbeiter der Sendung habe ihn telefonisch darüber informiert, dass der ebenfalls als Studiogast geladene russische Botschafter Kotenew, auf einer Ausladung Kasparows bestand und sein eigenes Erscheinen an diese Forderung geknüpft hätte. Diese Version bestätigte auch Jürgen Roth, der am Sonntag Gast bei „Christiansen“ war und eben diese Informationen von Mitarbeitern nach der Sendung erhielt.

Was auch immer sich tatsächlich hinter den Kulissen abgespielt hat, fest steht: die Erklärungen der Redaktion scheinen äußerst fadenscheinig. Die ganze Angelegenheit hinterlässt einen ziemlich faden Beigeschmack, zumal der repressive Druck auf Kasparow und seine oppositionelle Vereinigte Bürgerfront, durch die russische Regierung noch erhöht wird, seitdem Kasparow öffentlich den russischen Botschafter hinter dem Vorgang vermutet hat.

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4 Kommentare

Kai18. Dezember 2006 um 20:49

Man will es sich halt in Deutschland nicht mit Moskau verscherzen. In das Gesamtbild passt auch, dass zur Dokumentation von bestimmten Vorgängen möglicherweise keine Akten angelegt werden. Die verschiedenen Puzzle-Elemente ergeben ein Gesamtbild – das gute deutsch-russische Verhältnis darf nicht gefährdet werden.

Udo Ehrich19. Dezember 2006 um 0:13

Vielleicht nicht ganz so spektakulär, aber auch bemerkenswert und, wenn ich mich jetzt richtig erinnere, ebenfalls bei Christiansen: Da war zu einem Thema im Zusammenhang mit der WASG Hans-Jochen Vogel eingeladen, und eigentlich war auch Oskar Lafontaine vorgesehen. Hier aber soll Vogel die Macher der Sendung vor die Wahl gestellt haben, entweder ihn oder Lafontaine in der Sendung präsentieren zu können, woraufhin die WASG schließlich durch Ulrich Mauerer vertreten wurde.

Helmut19. Dezember 2006 um 19:36

Die Sendung dieser Frau ist einfach nur zum Kotzen!! Und mit einen Grund dafür, daß ich KEINE Glotze habe. Ich lass mich nur ungerne anlügen und manipulieren, um dafür auch noch Kohle zu bezahlen. Mit mir NICHT! Die Gästeliste bei Wirtschaftsthemen sind so aus: 1. Unternehmer, 2. Unternehmer und 3. Unternehmer die dann alle über zu hohe Lohnnebenkosten und Steuern jammern. Arbeiter oder Angestellte werden zu dieser Runde erst gar nicht eingeladen!!!
Ich begrüße es sehr, wenn diese Frau von Bildschirm verschwindet. Nachfolger Jauch sollte bei seiner Quiz-Sendung bleiben, der ist keinesfall besser!

Jürgen25. Dezember 2006 um 12:24

Ich werde dieser Propaganda-Sendung für Wirtschaftsverbände und Unternehmen auch nicht nachweinen. Und im Zeitalter von Satelliten- und Kabelfernsehen gibt es genug Möglichkeiten, sich in der Zeit etwas anderes anzuschauen.