Kurzmeldung

Agenda 2015: Unsere Antwort auf den offenen Brief des Tagesspiegels

Letzte Woche kritisierten wir in unserem Blog die Veranstaltung “Agenda 2015? des Tagesspiegel-Verlags. Der Tagesspiegel griff unsere Kritik im Liveblog zu der Veranstaltung auf. Zusätzlich erhielten wir einen offenen Brief von Florian Kranefuß, Geschäftsführer des Tagesspiegel-Verlags. In dem Brief geht Kranefuß auf unsere Kritik ein und gesteht zu, dass es Klärungsbedarf gebe. Auf das Angebot zum Austausch gehen wir gerne ein. Hier unsere Antwort auf den offenen Brief.
von 17. Dezember 2014

Letzte Woche kritisierten wir in unserem Blog die Veranstaltung „Agenda 2015“ des Tagesspiegel-Verlags. Der Tagesspiegel griff unsere Kritik im Liveblog zu der Veranstaltung auf. Zusätzlich erhielten wir einen offenen Brief von Florian Kranefuß, Geschäftsführer des Tagesspiegel-Verlags. In dem Brief geht Kranefuß auf unsere Kritik ein und gesteht zu, dass es Klärungsbedarf gebe. Hier unsere Antwort auf den offenen Brief:

Sehr geehrter Herr Kranefuß,

vielen Dank für Ihren Offenen Brief vom 12. Dezember, in dem Sie auf unsere Kritik an der Veranstaltung „Agenda 2015“ Ihres Verlages reagieren. Gerne nehmen wir das Angebot wahr, uns mit Ihnen im kommenden Jahr über die Frage auszutauschen, in welchem Verhältnis Medien und Interessengruppen stehen und welche Probleme sich aus Kooperationen, Sponsoring und Interessenverflechtungen ergeben können.

Uns ist dabei wichtig, dass unsere Kritik an der „Agenda 2015“-Konferenz grundsätzlicher ist und sich nicht nur um die Transparenz des Sponsorings dreht. Wir finden es sehr problematisch, wenn eine Zeitung Lobbyorganisationen ein Forum für deren Agenda-Setting bietet und das gezielt so vermarktet. Der Tagesspiegel umwarb die Veranstaltungspartner mit dem Angebot „die eigenen Themen bei den Politikentscheidern auf Bundesebene früh [zu] verankern“. Dafür boten Sie die Möglichkeit an, im Paket Anzeigen in der Agenda-Beilage zu erwerben sowie aktiv auf die Inhalte der Tagung einzuwirken.

Wenn Sie die Berliner Lobbyszene zu einer besonderen Kundengruppe Ihres Verlages machen und diesen solch ein Forum bieten, gefährden Sie aus unserer Sicht die kritische Distanz zu eben jenen Lobbygruppen und geraten in einen Interessenkonflikt mit Ihrer journalistischen Arbeit.

Für uns geht es also um mehr als um „allgemein akzeptierte Standards“ für das Sponsoring, nämlich um eine klare Grenzziehung zwischen Journalismus und Lobbyismus.

In diesem Sinne freuen wir uns auf den weiteren Austausch mit Ihnen und dem Tagesspiegel und wünschen ein frohes Fest und einen guten Rutsch.

Timo Lange,

LobbyControl

Ergänzender Hintergrund

Wie im Blog vom Donnerstag berichtet, konnten die bei der Agenda-Konferenz teilnehmenden Verbände sogenannte „Politik-Briefings“ erwerben, die als Anzeigen im Tagesspiegel veröffentlicht wurden. Die Anzeigen erschienen am 9.12. und am 16.12. im wöchentlichen Teil „Agenda“ und waren je nach Kunde betitelt als beispielsweise „Das Pharma-Briefing“ oder „Das Erdgas-Briefing“. Versehen waren die Briefings mit dem Tagesspiegel-Logo und dem Titel „Agenda 2015“.

Das Besondere daran: Klar als Anzeigen gekennzeichnet waren sie in der Ausgabe vom 9.12. nicht. Auch hier hat der Tagesspiegel auf Kritik reagiert: In der Ausgabe vom 16.12. taucht das kleine Wörtchen „Anzeige“ über den Politik-Briefings auf. Die Kennzeichnung als „Anzeige“ macht transparent, dass die Verbände für die Briefings bezahlt haben und ist daher wichtig.

Zum Vergleich zwei Beispiele vom 9. und 16.12. Das Wort „Anzeige“ findet sich am Anfang und Ende des grauen Streifens über den „Briefings“ (nur in der Vergrößerung klar lesbar, sorry).

agenda a

Beispiele für das Anzeigen-Angebot „Politik Briefing“ vom 9. Dezember (zum Vergrößern klicken)

agenda b

Die selben Briefings vom 16. Dezember (zum Vergrößern klicken)

Ziel dieser Politik-Briefings war es offentlichtlich, politische Entscheider direkt anzusprechen. Sätze wie „Eine degressive AfA für Neubau in den von der Mietpreisbremse betroffenen Gebieten ist unabdingbar“, sind nicht unbedingt allgemeinverständlich.

Update (28.01.15): Am Montag trafen wir uns wie vereinbart mit der Verlagsleitung des Tagesspiegels und erörterten im Gespräch unsere Kritikpunkte an der Agenda 2015-Konferenz. Welche Auswirkungen das auf eine mögliche Neuauflage der Konferenz haben wird, bleibt abzuwarten. Eine direkte Folge der Kritik ist aber bereits sichtbar: Der Tagesspiegel kennzeichnet nun grundsätzlich alle Anzeigen in der Zeitung mit dem Wörtchen „Anzeige“, um Missverständnissen vorzubeugen.

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7 Kommentare

Heinz17. Dezember 2014 um 16:20

Vielen Dank für Ihr Engagement, Herr Lange!

Michael18. Dezember 2014 um 16:13

Nur durch Ihre Aufmerksamkeit und Ihr genaues draufhin weisen und sehr genaues schauen von meiner Seite, ist mir der graue Trennbalken und das am Rand stehende außerdem auch noch etwas kleiner geschriebene Wort „Anzeige“ erst richtig aufgefallen. Das wäre mir sicherlich nie wirklich aufgefallen, da der eigentliche Focus eher auf die Mitte gerichtet ist und nicht zum Rand hin und erst recht nicht einem grauen Unterteilungsbalken folgend ganz links und ganz rechts außen am Rand, wo eigentlich nichts mehr an informationen geschrieben steht. Hr. Timo Lange, kennen Sie eigentlich diesen wichtigen Beitrag? Es ist ein Interview: KenFM im Gespräch mit: Dr. Udo Ulfkotte (Gekaufte Journalisten) Hier der Link dorthin:
http://kenfm.de/blog/2014/12/04/udo-ulfkotte/
Das Interview wurde am 04.12.2014 von „KenFM“ aufgezeichnet.

Index18. Dezember 2014 um 16:33

Es zeigt sich immer öfter, immer beschämender und immer bedrückender, wie sehr die (deutsche und EU-) Politik versagt bzw. sich z. T. die Hände schmutzig macht, und nun sogar Journalisten diese schäbigen Machenschaften kopieren – und wie sehr Organisationen wie Lobbycontrol genau deswegen notwendig und unersetzbar sind!

franjo Christ18. Dezember 2014 um 16:35

Vielen danke,Herr lange! Der lobbyismus hat mittlerweile viele häßliche gesichter und politische Methoden entwickelt,um seine Interessen über die köpfe unsrer lebensgemeinden durchzusetzen. Viele steigbügelhalter aus den herrschen Parteien reihen sich profitsüchtig ein. Die jeweilige fährtenlese ist daher nicht leicht. Nochmals vielen dank!!! Mg.fc

Martin Schwarz18. Dezember 2014 um 16:40

Prima Arbeit. Danke

Eric Manneschmidt18. Dezember 2014 um 17:03

Danke für den Beitrag.

Gravierender finde ich allerdings noch den „Liberty Award“ des Zigarettenkonzerns Reemtsma (http://de.wikipedia.org/wiki/Liberty_Award) oder die Aktivitäten der Körber-Stiftung, dazu
http://www.kurtkoerber.de/kurt-adolf-koerber
http://www.aktiv-rauchfrei.de/aktuell/1096
http://www.koerber-stiftung.de/edition-koerber-stiftung/autoren/details/autor/gregor-hackmack.html
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/lobbyismus-begrenzen-wie-die-politik-aus-der-vertrauenskrise-kommt-a-965652.html

Die Sicherstellung eines wirklich unabhängigen Journalismus wird ohne ein Bedingungsloses Grundeinkommen (für Alle) wohl nicht zu machen sein. Das gilt auch für die Politik, ist bisher aber gar nicht gewünscht:

Auch der Herr Bundespräsident repräsentiert hemmungslos die Käuflichkeit der politischen Elite:
http://forum-rauchfrei.de/files/20141210_gekroente_haeupter.png
Solche Darbietungen halte ich grundsätzlich für inakzeptabel für ein Staatsoberhaupt, in Bezug auf das Logo von British American Tobacco gibt es dazu auch noch eine Korrespondenz mit Gauck:
http://forum-rauchfrei.de/files/20141210_brief_an_bundespraesidenten.pdf
http://forum-rauchfrei.de/files/20141217_antwort_bundespraesident.pdf
(Spiegel-Bericht: http://forum-rauchfrei.de/files/20141210_spiegel_gauck.pdf)

Hartmut Bilmeier18. Dezember 2014 um 18:56

Ich halte Lobbyisten für ein gefährliches Übel.Lobbyisten sind nie
neutral sondern immer Interessengeleitet.Mich erschreckt immer
wieder in welchem Ausmaß die von uns gewählten Politiker sich
der Lobbyisten bedienen und wie dann das Ergebnis dieser „Zu-
sammenarbeit“ aussieht.