Aus der Lobbywelt

Wirtschaft sponsert Bundesministerien

Anfang November veröffentlichte das BMI den dritten Sponsoringbericht. Nur in wenigen Medien wurde darüber bisher berichtet, so etwa im Hamburger Abendblatt. Doch ein näherer Blick auf den Bericht lohnt sich. Insgesamt werden Sponsoringleistungen von knapp 78 Millionen Euro für die Jahre 2007 und 2008 an die Bundesverwaltung ausgewiesen. Besonders Großkonzerne betreiben mit ihren Sponsoringausgaben politische […]
von 11. November 2009

Anfang November veröffentlichte das BMI den dritten Sponsoringbericht. Nur in wenigen Medien wurde darüber bisher berichtet, so etwa im Hamburger Abendblatt. Doch ein näherer Blick auf den Bericht lohnt sich. Insgesamt werden Sponsoringleistungen von knapp 78 Millionen Euro für die Jahre 2007 und 2008 an die Bundesverwaltung ausgewiesen.

Besonders Großkonzerne betreiben mit ihren Sponsoringausgaben politische Landschaftspflege. So etwa beim Sommerfest 2008 des Bundespräsidalamtes, dies unterstützten die insgesamt 48 Sponsoren mit Geld, Sach- und Dienstleistung im Wert von über 1,7 Millionen Euro. Für die 4000 Anwesenden im Park von Schloss Bellevue war damit auf jeden Fall fürstlich gesorgt. Pro Gast betrugen die Sponsoringaufwendungen etwa 425 Euro. Auch das Bundesministerium für Umwelt darf sich größtenteils bei den großen deutschen Konzernen wie BMW, Lufthansa, Volkswagen, Deutsche Telekom, RWE oder DaimlerChrysler bedanken. Diese sponserten mit über 2,5 Millionen Euro unterschiedliche Kampagnen und Konferenzen.

Oftmals wird aber gezielter im eigenen Geschäftsfeld gesponsert. So etwa bei einer Expertenkonferenz zu RFID-Funkchips des Wirtschaftsministeriums. Die Konferenz „RFID – Towards the Internet of Things“ wurde großzügig von Metro und IBM mit jeweils 30 000 Euro unterstützt. Auch der Industrieverband für Automatische Identifikation und SAP beteiligten sich mit einer fünfstelligen Summe. Pikant daran ist, dass diese Konferenz als Ziel vorsah, eine gemeinsamen Strategie der EU-Mitgliedsländer für „die wirtschaftlich erfolgreiche und gesellschaftlich akzeptierte Einführung des „Internets der Dinge“aufzuzeigen“. Vor allem die vier genannten Sponsoren dürften davon profitieren. Denn die RFID-Chips sind aufgrund von Datenschutz-Bedenken umstritten (siehe bspw. die Kritik hier)

Die RFID-Konferenz ist kein Einzelfall. Der Bundesverband der Deutschen Entsorgungswirtschaft kümmerte sich etwa um das Rahmenprogramm der G8-Konferenz zur 3R-Initiative (Reduce, Reuse, Recycle) und sorgte mit einer Schiffstour und dem Catering für das Vergnügen und das leibliche Wohl der Anwesenden. Der Rüstungskonzern EADS übernimmt die Veranstaltung der Öffentlichkeitsarbeit beim Tag der offenen Tür in der Universität der Bundeswehr in München.

Oder das Auswärtige Amt lässt sich das Symposium zur Reise- und Impfmedizin von der RG GmbH- Gesellschaft für Information und Organisation organisieren und durchführen. RG ist spezialisiert auf Kongresse und Fortbildungen oder organisiert Pressekonferenzen und Expertenworkshops. Doch zusätzlich stellt sie sich auf ihrer Internetpräsenz auch als „kompetenter Partner für Direct-Marketing“ an. Ihre Kundenreferenzen legen Verbindungen zu vielen bekannten Pharmakonzernen offen. Im Fall des Symposiums stammt das Geld vermutlich auch nicht von RG, sondern von Firmen wie GlaxoSmithKline, Novartis oder Sanofi Pateur MSD. Denn auf dem Flyer des Auswärtigen Amts zu dem Symposium stehen eine ganze Reihe von Sponsoren, die in dem Sponsoringbericht nicht auftauchen. Dort heißt es stattdessen in der Einleitung: „In einem weiteren Fall wurde für die Durchführung einer Veranstaltung eine Agentur eingesetzt, die sowohl die Sponsoringvereinbarungen als auch die Verträge zur Durchführung der Sponsoringmaßnahmen in eigenem Namen abschloss und so die vereinnahmten Sponsorengelder auch in eigenem Namen für die Durchführung der Veranstaltung verwendete.“ Auch in früheren Sponsoringberichten waren teilweise Agenturen statt der eigentlichen Geld- und Auftraggeber aufgeführt. Richtige Transparenz sieht anders aus.

Fazit
Schon diese kurze und unvollständige Aufzählung zeigt, wie problematisch das Sponsoring von Ministerien sein kann. Fragwürdig ist es auch, wenn etwa die Deutsche Telekom das Treffen der Minister für Arbeit und Soziales im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft mit 60 000 Euro sponsert. Oder Vattenfall sich beispielsweise um das Catering und sonstige Sach- und Dienstleitungen beim informellen Treffen der Ministerräte, ebenfalls im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft, kümmert. Bei dieser Art des Sponsoring steht vor allem die Pflege von Beziehungen im Vordergrund. Denn die Wirksamkeit von Werbung abseits der Öffentlichkeit dürfte gering sein.

Der Bericht zieht das Fazit, dass die Sponsoringleistungen nur einen marginalen Anteil von 0,00014 Prozent an den Einnahmen des Bundes ausmachen. Doch LobbyControl steht der Praxis des Regierungssponsoring kritischer gegenüber. Das Sponsoring von Ministerien verläuft immer noch in einem instransparenten Graubereich und fördert Interessenverflechtungen. Auch der Bundesrechnungshof hat die Praxis des Sponsorings in einem internen Bericht als fragwürdig angesehen (siehe unseren Bericht vom Juli 2007).

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