Macht der Digitalkonzerne

Google antwortet – nur teilweise

Vor zwei Wochen hatte wir Google in einem offenen Brief aufgefordert, das Lobbynetzwerk in Deutschland und in der EU offenzulegen. Jetzt haben wir eine Antwort von Google bekommen. Google nennt darin seine Mitgliedschaften – verweigert aber weiter die Auskunft, welche Organisationen der Konzern insgesamt finanziell unterstützt. Wir haken nach.
von 22. Juni 2020

Vor zwei Wochen hatte wir Google in einem offenen Brief aufgefordert, das Lobbynetzwerk in Deutschland und in der EU offenzulegen. Kurz vor Ablauf der zweiwöchtigen Frist haben wir überraschend eine Antwort erhalten. Das ist erfreulich, denn Google hatte unsere Anfrage zuvor mehrere Monate lang ignoriert. Wir bedanken uns bei allen, die unseren offenen Brief unterzeichnet und so gemeinsam den nötigen öffentlichen Druck aufgebaut haben!

Post an Google: Felix Duffy von LobbyControl bringt unseren offenen Brief mit fast 20.000 Unterzeichner:innen zum Briefkasten.

Wir freuen uns über Googles neue Bereitschaft zur Kommunikation. Die jetztige Antwort kann jedoch nur ein erster Schritt sein. Denn wichtige Teile unserer Anfragen bleiben weiterhin offen. Google Listet in seiner Antwort (pdf) auf, in welchen Organisationen der Konzern in Deutschland Mitglied ist. Das reicht von der Atlantikbrücke über den Bundesverband Deutsche Startups und den Digitalverband Bitkom bis zum Wirtschaftsforum der SPD und dem Wirtschaftsrat der CDU. Für Europa verweist Google auf seinen Eintrag im europäischen Transparenzregister.

Lückenhafte Auskunft

Gefragt hatten wir Google jedoch auch nach den Organisationen, die von dem Konzern finanziell unterstützt werden. Auf diese Fragen haben wir leider keine Antwort erhalten. Google verweigert damit weiterhin eine umfassende Transparenz seines Lobby-Netzwerkes in Deutschland und der EU.

Für die USA veröffentlich Google selbst eine umfassendere Liste (pdf). Dort führt das Unternehmen 94 Wirtschaftsverbände und Mitgliedsorganisationen auf sowie 256 „Third Party Organizations“. In den USA kommen also auf eine Mitgliedsorganisation im Durchschnitt noch 2,5 weitere Organistionen, die Google ohne Mitgliedschaft finanziell unterstützt. Auch für Deutschland und Europa können wir davon ausgehen, dass es neben den offengelegten Mitgliedschaften noch zahlreiche Organisationen gibt, die Geld von Google bekommen. Diese Informationen hält Google weiter unter Verschluss.

Dabei ist dieser Aspekt besonders interessant und für die Öffentlichkeit wichtig zu erfahren. Politische Interessen lassen sich umso leichter durchsetzen, je mehr vordergründig unabhängige Fürsprecher es gibt. Deshalb unterstützen Unternehmen häufig Denkfabriken und andere Organisationen, die dann in politische Debatten eingreifen – ohne dass die Verbindung zu Unternehmensinteressen immer sichtbar ist. Es geht uns also darum, verdeckte Einflussnahme über Dritte zu verhindern und mehr Klarheit über Googles Strategien zu bekommen.

Wir haken nach und fordern umfassende Transparenz

Aufgrund der Corona-Pandemie haben wir den offenen Brief heute nicht persönlich überreicht, sondern an Google geschickt. Darin haben wir Google erneut aufgefordert, uns ausführlich zu antworten. Wir bleiben dran und halten euch auf dem Laufenden.

In unserem Brief an Google fragen wir auch nach einer angeblichen Verpflichtung, dass geförderte Projekte die Finanzierung durch Google offenlegen sollen. Laut dem Schreiben von Google ist das Teil ihres Regelwerks. Unsere Recherchen legen aber nahe, dass das nicht wirklich umgesetzt wird. Letzte Woche hatten wir z.B. über die Denkfabrik LisbonCouncil berichtet, in der Google Mitglied ist. Weder in der Selbstbeschreibung noch auf einer speziellen Seite zur Haftung von Internet-Plattformen legt das LisbonCouncil die Verbindung zu Google offen. Im letzten Jahresbericht auf der Webseite wird Google zwar genannt, der Bericht ist aber von 2015. Wir fordern Google deshalb zu einer Bewertung auf, wie Google diesen Fall einschätzt und welche Schritte es unternehmen wird.

Update 6.7.
: Wir haben von Google bislang keine Antwort auf unseren zweiten Brief erhalten. Aber wir bleiben dran. Nach der Sommerpause werden wir nachhaken und mit weiteren Recherchen Druck für mehr Transparenz von Google & Co. machen.

Komplette Übersicht über die im Brief genannten Mitgliedschaften von Google in Deutschland und der Mitgliedschaften aus dem EU-Lobbyregister:

Atlantik-Brücke e.V.
Bundesverband Deutsche Startups e.V.
Bundesverband Digitale Wirtschaft e.V.
Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V.
Deutsch-französischer Journalistenpreis e.V.
Deutsche Akademie der Technikwissenschaften e.V.
Deutschland sicher im Netz e.V.
Eco-Verband der deutschen Internetwirtschaft e.V.
fragFINN e.V.
Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter e.V.
game -Verband der deutschen Games-Branche e.V.
German Marshall Fund of the United States
Handelsverband Deutschland e.V.
Münchner Kreis e.V.
Selbstregulierung Informationswirtschaft e.V.
Stifterverband für die deutsche Wissenschaft e.V.
Wirtschaftsforum der SPD e.V.
Wirtschaftsrat der CDU e.V.

Google weist in dem Brief auch noch auf seine Unterstützung für folgende Initiativen und akademische Einrichtungen hin: das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz und die Partnerschaft mit der Technischen Universität München, die Beteiligung am Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft (HIIG) sowie die Google “Zukunftswerkstatt” und die damit verbundene Zusammenarbeit mit ver.di, dem Fraunhofer-Institut für Intelligente Analyse- und Informationssysteme IAIS, der IHK Düsseldorf und der IHK München und Oberbayern.

Im EU-Transparenzregister hat Google folgende Mitgliedschaften angegeben:
• American Chamber of Commerce to the European Union (AmCham EU)
• European Digital Media Association (EDiMA)
• European Internet Services Providers Association (EuroISPA)
• Interactive Advertising Bureau Europe (IAB Europe)
• Computer & Communications Industry Associations (CCIA)
• Digital Europe (DE)
• Business Europe (BE)
• Application Developers Alliance (Developers Alliance)
• Centre for Regulation in Europe (CERRE)
• The Information Technology Industry Council (ITI)
• SME Connect
• Lisbon Council
• Bruegel
• European Policy Centre (EPC)
• Centre for European Policy Studies (CEPS)
• The American European Community Association (AECA)
• Center for Data Innovation (CDI)

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