Parteienfinanzierung

Rechenschaftsberichte der Parteien: Sag, von wem die Spenden sind

Seit Ende Februar liegen die Rechenschaftsberichte der Parteien über das Jahr 2018 vor. Lesen Sie in unserer Auswertung, von wem die größten Parteispenden kamen und wie manche Geldgeber versuchten, die Transparenzregeln auszutricksen.
von 12. März 2020

Seit Ende Februar liegen endlich die Rechenschaftsberichte der Bundestags-Parteien aus dem Jahr 2018 vor. Weil es (außerhalb von Bayern) kein wichtiges Wahljahr war, flossen die Parteispenden nicht ganz so üppig wie 2017, dem Jahr der Bundestagswahl. Doch Peanuts waren es auch diesmal nicht: Insgesamt erhielten die Bundestagsparteien rund 55 Millionen Euro an Spenden, davon kassierten CDU/CSU fast die Hälfte (49 Prozent). Bei den Spenden von Unternehmen und Wirtschaftsverbänden gingen sogar fast drei Viertel (71 Prozent) an die Unionsparteien.

In den Rechenschaftsberichten müssen Parteispenden erst ab 10.000 Euro unter Angabe der genauen Höhe und des Spendernamens offengelegt werden. Unter den Topspendern finden sich viele Altbekannte, aber auch einige Überraschungen:

Die mit Abstand größte Einzelspende kam vom Verband der bayerischen Metall- und Elektroindustrie, der 625.000 Euro an die CSU überwies. Eine Spende in solcher Höhe wäre in den meisten europäischen Ländern undenkbar - dort schützen Spenden-Obergrenzen die Demokratie vor einseitiger Einflussnahme.

Stückeln und Versteck spielen: Wie Transparenzregeln umgangen wurden

Die in anderer Hinsicht aufwendigste Großspende 2018 kam vom Spielautomaten-Betreiber Michael Mühleck: Er ließ der CSU über sechs (!) verschiedene Absender 120.000 Euro zukommen. 20.000 Euro überwies er als Privatperson, und jeweils die gleiche Summe über fünf verschiedene Unternehmen in seinem Besitz. So vermied Mühleck, dass seine Großspende schon 2018 publik wurde, wie es bei Parteispenden über 50.000 Euro eigentlich vorgesehen ist. Und vermied damit auch eine öffentliche Diskussion darüber, ob seine Spenden als "Argument" gegen eine stärkere Reglementierung der süchtig machenden Daddelautomaten verstanden werden sollten.

Mühleck war aber nicht der einzige, der solche Umwege ging. Die Deutsche Vermögensberatung (DVAG), 2011 für die Lobbykratie-Medaille nominiert und auf Grund ihrer Vermarktungsmethoden bereits 1995 vom Spiegel als "größte Drückerkolonne Deutschlands" bezeichnet, ist größter Geldgeber der CDU. Sie macht es seit vielen Jahren ganz ähnlich: Sie stückelt ihre Gaben stets so, dass die Pflicht zur unmittelbaren Bekanntgabe nicht greift.

Auch Jägermeister-Boss Florian Rehm, der 100.000 Euro für die FDP springen ließ, wollte offenbar seinen Namen und den des Schnapsherstellers nicht öffentlich mit Parteispenden in Verbindung gebracht sehen: Er spendete über seine Vermögensverwaltungen Hestesko und Huskelapp.

Auffallend knapp unterhalb der 50.000 Euro-Schwelle, ab der Parteispenden sofort veröffentlicht werden müssen, spendeten übrigens auch Dr. Theiss Naturwaren und die Hamburger Privatbank Berenberg. Beide hatten jeweils exakt 49.000 Euro für die CDU übrig. Welch ein Zufall.

Solches Gebaren ist leider legal, auch wenn die Öffentlichkeit damit erst mit großer Verzögerung von den Großspenden erfährt und der Demokratie ein Bärendienst erwiesen wird. Wir fordern deshalb schon seit Jahren, die Offenlegungsschwellen deutlich abzusenken: Großspenden sollten ab 10.000 Euro sofort veröffentlicht werden und die Herkunft von Spenden ab 2.000 Euro in den Rechenschaftsberichten offengelegt werden.

VW gab 130.000 Euro - als Sponsoring deklariert

Die umfangreichen Geldflüsse, die nicht als Spenden, sondern als Sponsoring deklariert sind, werden in den Rechenschaftsberichten gar nicht transparent. Sie verstecken sich in verschiedenen Sammelposten - als "Einnahmen aus Veranstaltungen und dem Vertrieb von Druckschriften" oder als "Einnahmen aus unternehmerischer Tätigkeit und Beteiligungen". Angaben dazu, welcher Sponsor wie viel an welche Partei gab, sucht man vergebens, weil das Parteiengesetz die Parteien nicht zu diesen Detailangaben zwingt. Nur die Linkspartei lehnt Sponsoring ab und hat entsprechend keine Einnahmen daraus. SPD und Grüne legen freiwillig einen Teil ihrer Sponsoreinnahmen offen. Aus der SPD-Liste erfährt man beispielsweise, dass Google für seinen Lobby-Stand beim SPD-Debattencamp 10.000 Euro springen ließ oder die "Führungsakademie soziale Demokratie" von Deutsche Post DHL und Deutscher Bank mit 20.000 bzw. 15.000 Euro finanziert wurde.

CDU/CSU und FDP, deren Parteiveranstaltungen von weitaus mehr Sponsoren geflutet werden, halten ihre Einnahmen aus diesem Geschäft jedoch komplett geheim. Auch die Sponsoren lassen sich nur ganz ausnahmsweise in die Karten schauen. So gab Volkswagen in 2018 über 130.000 Euro für Parteisponsoring aus (CDU/CSU: 67.000 Euro, SPD: 37.700 Euro, FDP: 26.000 Euro). Auch BMW sponsert, nennt aber keine Zahlen. Beide Konzerne gehörten früher zu den bedeutendsten Parteispendern in Deutschland. Es wäre wenig überraschend, wenn auch Daimler den Schritt vom Spenden zum Sponsoring vollzieht. Der Konzern verkündete im vergangenen Jahr, nicht länger an Parteien spenden zu wollen.

Wahlwerbung durch Dritte: Einfallstor für verdeckte Finanzierung

Nicht einmal ansatzweise von den Rechenschaftsberichten dokumentiert werden sogenannte Third Party-Campaigns, das sind Wahlwerbekampagnen von (zumindest vordergründig) parteiunabhängigen Dritten. Von solchen Unterstützungsmaßnahmen profitierte in den letzten Jahren vor allem die AfD, die finanziellen Dimensionen liegen dabei insgesamt im zweistelligen Millionenbereich. Vieles weist darauf hin, dass es sich letztlich um Parteispenden handelt, deren Herkunft gezielt verschleiert werden soll. Aus diesem Grund laufen bei der Bundestagsverwaltung und mehreren Staatsanwaltschaften zahlreiche Prüf- und Ermittlungsverfahren gegen die Partei wegen illegaler verdeckter Finanzierung.

In ihrem Rechenschaftsbericht versucht die AfD sich in der Rubrik "sonstige Erläuterungen" gegen die Vorwürfe zu verwahren. Mit ihrer - teils abenteuerlichen - Rechtsauffassung scheiterte sie allerdings bereits im Januar vor dem Berliner Verwaltungsgericht in einem Verfahren wegen illegaler Spenden an Jörg Meuthen. Das Gericht bestätigte dabei einen Strafbescheid der Bundestagsverwaltung in Höhe von 270.000 Euro gegen die Partei. Weitere Strafbescheide und gerichtliche Auseinandersetzungen sind im Laufe des Jahres zu erwarten. Dabei geht es nicht nur um verdeckte Wahlkampfhilfe an Guido Reil und Schweizer Strohmannspenden für Alice Weidel, sondern auch um millionenschwere Kampagnen, die ein Briefkastenverein seit 2016 zugunsten der AfD organisierte. Auch in diesem Fall führen die Spuren in die Schweiz.

Gegen verdeckte Einflussnahme hilft nur politischer Druck

Anders als in früheren Jahren war das Medienecho auf die Rechenschaftsberichte diesmal nur gering. Das mag daran liegen, dass Bundestagspräsident Schäuble die Berichte in diesem Jahr erstmals nur scheibchenweise veröffentlichte. Die Berichte von SPD und Linken standen schon seit November auf der Bundestags-Webseite, im Januar folgte der CDU-Bericht, erst Ende Februar die Berichte der übrigen Parteien. Zumindest der Spiegel veröffentlichte jedoch eine ausführliche Auswertung, in der auch unsere Kritik an den lückenhaften Parteispenden-Regeln zu Wort kommt.

Die überfällige Reform der Parteienfinanzierung sitzen die Regierungsparteien schon seit Jahren aus: Jede fürchtet, etwas zu verlieren, und am Ende verliert die Demokratie, die auf Transparenz angewiesen ist.

Um die Schlupflöcher zu schließen, müssen wir den politischen Druck erhöhen. Bitte helfen Sie dabei - unterzeichnen Sie unseren Appell:

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