Lobbyismus in der EU

Achtung SPD: Auch neue CETA-Schiedsgerichte bedrohen Demokratie

Pünktlich zum heutigen SPD-Parteikonvent veröffentlichen wir gemeinsam mit anderen Organisationen aus Kanada und der EU unsere Studie „Verkaufte Demokratie.“ Sie zeigt: Auch mit der angeblich refomierten Schiedsgerichtsbarkeit in CETA verändert sich nichts grundlegend: Es entstehen einseitige Klagerechte für ausländische Unternehmen gegen Staaten.
von 19. September 2016

Pünktlich zum heutigen SPD-Parteikonvent veröffentlichen wir gemeinsam mit anderen Organisationen aus Kanada und der EU unsere neue Studie „Verkaufte Demokratie.“ Die Studie befasst sich mit den umstrittenen Schiedsgerichten im CETA-Abkommen mit Kanada. Sie zeigt: Auch mit der angeblich refomierten Schiedsgerichtsbarkeit in CETA (dem sogenannten, Investment Court System ICS) verändert sich nichts grundlegend: Es entstehen einseitige Klagerechte für ausländische Unternehmen gegen Staaten. Von unabhängigen Gerichten kann auch nicht die Rede sein. Uns droht mit CETA und der damit verbundenen Ausweitung des Investitionsschutzes vielmehr ein Klageboom gegen Regulierungen im öffentlichen Interesse.

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„In der Substanz ändert sich dadurch gar nichts“

Dass sich mit der angeblichen Reform nichts grundlegendes ändert, zeigt auch die Reaktion der in Schiedsverfahren involvierten Anwaltskanzleien selbst. Nigel Blackaby, Co-Chef für internationale Schiedsgerichtsbarkeit bei der Anwaltskanzlei Freshfields in Washington, geht davon aus, dass die EU-Vorschläge zu refomierten Schiedsgerichten in CETA nichts Grundlegendes an der Schiedsgerichtsbarkeit verändern, „denn die Standards, nach denen geurteilt wird, bleiben die gleichen.“

Philip Morris könnte auch über CETA klagen

Mit anderen Worten: Klagen wie die des Tabakmultis Philip Morris gegen Anti-Tabak-Gesetze in Uruguay wären weiterhin möglich. Und auch, dass zukünftige Schiedsgerichte sie zugunsten der Investoren entscheiden. Es gehe beim jüngsten Vorschlag der Kommission daher lediglich darum, ISDS politisch zu retten, so Blackaby in der Österreichischen Tageszeitung Der Standard.

Ein Werkzeug für Lobbyisten

Schiedsgerichtsbarkeit wird sich als praktisches Mittel für Lobbyisten erweisen. Denn sie können mit Klagen gegen unliebsame Regulierungen im öffentlichen Interesse drohen. Wie zahlreiche Beispiel der Vergangenheit zeigen, hat dies dazu geführt, dass Staaten erst gar nicht reguliert haben. Während also die umstrittene regulatorische Kooperation in CETA den Lobbyeinfluss bei Regulierungen stärkt, schaffen die Schiedsgerichte zusätzliche Erpressungsmittel, falls eine Regulierung im Raum steht.

Von wegen unabhängige Verfahren

Eines der Kernargumente der EU-Kommission und von Wirtschaftminister Gabriel ist, dass die Verfahren bei Konzernklagen sich deutlich verbessern. Dazu stellt der Deutsche Richterbund, die größte Vereinigung von Staatsanwälten und Richtern, allerdings fest: „Weder das vorgesehene Verfahren zur Ernennung der Richter des ICS noch deren Stellung genügen den internationalen Anforderungen an die Unabhängigkeit von Gerichten.“

Sozialdemokraten müssen Demokratie verteidigen

Heute beim Parteikonvent entscheiden die SPD-Delegierten darüber, ob die Partei CETA zustimmen will. Unsere Studie zeigt: Schiedsgerichte in CETA gefährden die Demokratie. Dem zuzustimmen, stünde der SPD schlecht zu Gesicht.

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