Handelspolitik

TTIP: Warum eine Festschreibung von Lobbyeinfluss gefährlich ist

Der neue Verhandlungsvorschlag der EU-Kommission zu regulatorischer Zusammenarbeit soll Lobbyeinfluss gesetzlich festschreiben. Gleichzeitig zeigen unsere Untersuchungen, dass 90 Prozent der Lobbytreffen des Kabinetts der EU-Handelsdirektion mit der Unternehmenslobby stattfanden. Diese Dominanz verdeutlicht die Gefahr, die von der Festschreibung von Lobbyeinfluss ausgeht.
von 24. März 2016
  • Der neue TTIP-Verhandlungsvorschlag der EU-Kommission zu regulatorischer Zusammenarbeit schreibt Lobbyeinfluss weiter fest.
  • Die Dominanz der Unternehmenslobby bei der Generaldirektion Handel verdeutlicht die Gefahr, die von der Festschreibung des Lobbyeinflusses über regulatorische Zusammenarbeit ausgeht.

Neue Verhandlungsposition der EU-Kommission veröffentlicht

Kürzlich hat die EU-Kommission ihre neue Verhandlungsposition zu regulatorischer Zusammenarbeit veröffentlicht. Wir haben uns bereits gemeinsam mit mehr als 40 zivilgesellschaftlichen Organisationen aus ganz Europa in einer kritischen Stellungnahme dazu geäußert.

Fragwürdig daran bleibt insbesondere weiter die vorgesehene frühe Einbindung von Lobbyisten in die EU-Gesetzgebung. Nun kann man entgegnen, dass Umwelt- und Verbraucherschutzorganisationen ja auch Lobbyisten sind und deshalb von der Einbindung ebenfalls profitieren würden.

Die Machtverhältnisse in Brüssel: Unternehmenslobby dominiert

Allerdings ist das nur die halbe Wahrheit. Wer die Machtverhältnisse in Brüssel und Washington – insbesondere in der Handelspolitik kennt – der weiß, dass der Einfluss von denjenigen Lobbyisten dominiert, die Interessen von Unternehmen vertreten.

90 Prozent der Treffen mit Konzernen

Dies belegen auch die aktuellen Auswertungen der Treffen zwischen Handelsdirektion und Interessenvertretern von Dezember 2014 bis März 2016. Auch nach dem Amtsantritt von Handelskommissarin Malmström gilt: Fast 90 Prozent der Treffen zwischen Kabinettsmitgliedern der Handelsdirektion und Interessenvertretern fanden mit Lobbyisten von Unternehmen und deren Verbänden statt. Nur an 21 der insgesamt 317 Treffen waren zivilgesellschaftliche Akteure beteiligt.

Auch bei den Treffen der Handelskommissarin selbst dominieren weiter Unternehmen: 37 mal traf sie sich mit Unternehmensvertretern, nur 14 mal mit Vertretern der Zivilgesellschaft.

Nur die Spitze des Eisbergs

Allerdings ist das nur die Spitze des Eisbergs. Denn unterhalb der Kommissars- und Kabinettsebene gilt bislang keine Transparenzpflicht. Wir wissen also gerade über die Arbeitsebene nichts, die für Lobbyisten mindestens genauso interessant ist wie das Kabinett. Denn unterhalb des Kabinetts werden Verhandlungsvorschläge konkret erarbeitet und sind deshalb besonders relevant für Lobbyeinfluss.

Festschreibung von Konzerndominanz in der Handelspolitik

Wer angesichts dieser ungleichen Kräfteverhältnisse nun argumentiert, dass über regulatorische Zusammenarbeit im TTIP-Abkommen der Einfluss aller gesellschaftspolitischen Interessen gewährleistet sei, der ignoriert die Realität in Brüssel. Gerade wegen der Dominanz von Unternehmenslobbyisten in Brüssel dürfen keine weiteren Einfallstore für Lobbyismus geschaffen, geschweige denn über ein Handelsabkommen dauerhaft festgeschrieben werden. Regulatorische Zusammenarbeit schafft keine Zusammenarbeit auf Augenhöhe. Sie institutionalisiert auf surreale Art und Weise einseitigen Lobbyeinfluss auf die Politik und schwächt somit die Demokratie und auch die Parlamente. Das müssen wir gemeinsam mit wachsamen und kritischen Parlamentariern verhindern.

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