Aus der Lobbywelt

TTIP: Stellungnahme zur Mogelpackung der EU-Kommission

In einer gemeinsamen öffentlichen Stellungnahme haben mehr als 40 zivilgesellschaftliche Organisationen aus ganz Europa die neue EU-Verhandlungsposition zu regulatorischer Zusammenarbeit bei TTIP kritisiert. Die Verhandlungsposition haben wir bereits am Montag geleakt und scharf angegriffen. Sie stärkt den Einfluss der Unternehmenslobby auf die Gesetzgebung weiter erschwert Regulierungen im öffentlichen Interesse.
von 21. März 2016

In einer gemeinsamen Stellungnahme haben mehr als 40 zivilgesellschaftliche Organisationen aus ganz Europa heute die neue EU-Verhandlungsposition zu regulatorischer Zusammenarbeit bei TTIP kritisiert. Die geleakte Verhandlungsposition veröffentlichten wir bereits am Montag und kritisierten sie scharf, da sie den Einfluss der Unternehmenslobby auf die Gesetzgebung weiter stärkt und Regulierungen im öffentlichen Interesse erschwert. Wir brauchen endlich eine andere Handelspolitik, die Demokratie stärkt und höhere Standards etwa beim Umwelt- oder Verbraucherschutz weiterhin möglich macht.

Das Bild zeigt das Logo der Europäischen Bürgerinitiative gegen TTIP und CETA, die LobbyControl unterstützt.

Logo der von LobbyControl unterstützten Europäischen Bürgerinitiative gegen TTIP und CETA.

Die Kernkritikpunkte im Überblick

In unserer zivilgesellschaftlichen Stellungnahme kritisieren wir fünf Punkte der neuen Position der EU-Kommission:

1. Die US-Regulierungsbehörden bekommen zu einem frühen Zeitpunkt Einfluss auf die EU-Gesetzgebung. Lange vor dem EU-Parlament erhalten sie Einsicht in Gesetzesentwürfe. Umgekehrt gilt dies auch für die EU-Kommission in den USA. Das schadet der Demokratie auf beiden Seiten des Atlantiks.

2. Der Einfluss von Unternehmenslobbyisten wird auf surreale Weise institutionalisiert. Transatlantische Unternehmensverbände können ihre Vorschläge zu Gesetzesinitiativen durch neue Mechanismen frühzeitig einbringen. Die Einsetzung eines Beirats mit Beteiligung zivilgesellschaftlicher Organisationen kann diese Institutionalisierung von Lobbying nicht ausgleichen.

3. Der neue Vorschlag benennt explizit die Institutionen, die künftig für regulatorische Zusammenarbeit zuständig sein sollen: Die EU-Kommisson und US-Regulierungsbehörden. Die genaue Arbeitsweise bleibt aber unklar. Die Klärung dieses wichtigen Punkts wird damit verschoben auf die Zeit nach der Ratifizierung des TTIP-Abkommmens. Das bedeutet weniger öffentliche Aufmerksamkeit für dieses brisante Thema. Wir sehen also keine wirkliche Verbesserung durch den neuen Vorschlag, trotz der Tatsache, dass das umstrittene Gremium für regulatorische Zusammenarbeit nicht mehr vorkommt. Im Gegenteil: Die EU-Kommission stärkt damit den US-amerikanischen Einfluss auf die EU-Gesetzgebung. Die Rolle des Europäischen Parlaments wird geschwächt.

4. Regulierungsbehörden (im Fall der EU: die Kommission) erhalten einen großen Gestaltungsspielraum hinsichtlich der künftigen Handhabung von regulatorischer Zusammenarbeit. Darunter fällt auch die Auswahl der Bereiche, in denen künftig enger zusammengearbeitet werden soll.

5. Der neue Vorschlag beinhaltet eine Übernahme von Elementen des US-amerikanischen Regulierungssystems, darunter eine bedeutsame Rolle für Folgenabschätzungen („impact assessment“) bei der Gesetzgebung. Dies könnte Kosten-Nutzen-Kalkulationen bei der Bewertung von Gesetzesinitiativen in den Vordergrund rücken und in der Folge Verbraucher- und Umweltschutz verwässern oder verzögern.

Gefahr für die Demokratie

Die von der EU-Kommission vorangetriebene regulatorische Zusammenarbeit bei TTIP gefährdet weiter die Demokratie und die Gesetzgebung im öffentlichen Interessse. Die privilegierte Rolle von Konzernlobbyisten und US-Behörden schwächt das demokratisch legitimierte EU-Parlament und schließt die Öffentlichkeit von wichtigen Entscheidungen aus. Ein derart konzipierter transatlantischer Harmonisierungsprozess kann nicht gut für Bürgerinnen und Bürger sein.

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