Lobbyregister

Unions-Lobbyisten gerichtlich enttarnt

Die Transparenzblockade der Union gerät ins Wanken: Nach einem Gerichtsurteil muss sie die Namen der rund 700 Lobbyisten nennen, denen sie Hausausweise für den Bundestag verschafft hat. Das Urteil gibt uns Rückenwind auf dem Weg zu einem Lobbyregister.
von 26. November 2015
Aktion für ein Lobbyregister

Unsere Lobbyregister-Aktion 2009 (Foto: LobbyControl)

Und sie bewegt sich doch: Die Transparenzblockade der Union gerät ins Wanken. Bis zuletzt weigerte sie sich als einzige Bundestagsfraktion, die rund 700 Lobbyisten zu nennen, denen sie Hausausweise für den Bundestag verschafft hat. Doch am vergangenen Freitag gab das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg einer Eilklage des Tagesspiegel auf Herausgabe der Ausweisliste statt.

Damit erfüllt sich eine der Forderungen, die wir in unserem Appell „Lobbyisten im Bundestag enttarnen“ gemeinsam mit Campact stellen. Das Urteil gibt uns Rückenwind auf dem Weg zu einem Lobbyregister – das nur noch die Union blockiert.

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Die Union ist umzingelt

Auch am Montag nach dem Urteil wollten CDU/CSU ihre Liste nicht herausrücken und verwiesen auf die Bundestagsverwaltung. Begründung: Die Fraktion selbst sei vom Gericht zu nichts verpflichtet worden. Möglicherweise möchte die Fraktionsführung nach der juristischen Niederlage so „Gesicht wahren“. Doch bei der eigenen Wählerschaft dürfte das nicht gut ankommen: Bei einer repräsentativen Emnid-Umfrage, die vor dem Urteil durchgeführt wurde, sprachen sich 77 % der Unionsanhänger dafür aus, dass CDU/CSU ihre Ausweisliste veröffentlichen. 74 % der Unionsanhänger und 78 % der Gesamtbevölkerung sind außerdem dafür, endlich das Lobbyregister einzuführen.

Damit ist die Unionsfraktion umzingelt: Lobbykritiker/innen, Richter/innen, Lobbyverbände, die anderen Parteien und die eigene Wählerschaft wollen das Register. Der Unionsführung muss jetzt klar werden, dass sie mit ihrer Blockadehaltung einen immensen Vertrauensverlust riskiert.

Wer bekommt die Liste?

Der Bundestag muss nun keineswegs die Ausweisliste öffentlich zugänglich machen – sondern lediglich dem Tagesspiegel Einblick gewähren, der unter Berufung auf das Presserecht geklagt hatte. Zwar wird die Zeitung die ihr exklusiv zugänglichen Informationen sicher recht bald publizistisch auswerten. Doch ein solch punktueller Zugewinn an Transparenz reicht nicht aus.

Deshalb ist auch der in zweiter Instanz anhängigen Klage von abgeordnetenwatch.de Erfolg zu wünschen. Die Internetplattform möchte, dass nicht nur Medien, sondern alle Bürger/innen Auskunft nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) über Lobbyausweise verlangen können. Auch dies würde jedoch nicht zwangsläufig dazu führen, dass Hausausweis-Listen öffentlich zugänglich sind – denn Auskünfte nach IFG können mit der Auflage erteilt werden, die erhaltene Information nicht weiterzugeben.

Lobbyregister notwendig für demokratische Kontrolle

Welche Lobbyisten bewegen sich frei in den Räumen des Parlaments? Diese und andere Informationen über Lobbyaktivitäten sollten grundsätzlich öffentlich zugänglich sein, um demokratische Kontrolle und Debatte zu ermöglichen. Dafür braucht es ein Lobbyregister, das nicht nur Hausausweise erfasst, sondern umfassend darüber Auskunft gibt, wer mit wieviel Geld und in wessen Auftrag Politiker zu beeinflussen sucht.

Das OVG-Urteil stellt für das Register bereits Weichen, denn es räumt Einwände aus dem Weg, die seitens der Union stets gegen mehr Transparenz angeführt wurden. Weder das freie Mandat der Abgeordneten noch die informationelle Selbstbestimmung der Lobbyisten sind aus Sicht des Gerichts durch eine Veröffentlichung der Hausausweis-Listen gefährdet. Aus unserer Sicht gilt dies auch für ein umfassenderes Lobbyregister.

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