Lobbyismus in der EU

Anhörung der EU-Kommissare: EU-Parlamentarier müssen Fehlbesetzungen verhindern!

Seit Montag finden die Anhörungen der künftigen EU-Kommissare im Europarlament statt. Unter den von dem neuen Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker ausgewählten Kommissaren stechen vor allem zwei skandalöse Besetzungen hervor. Der ehemalige Finanzlobbyist Jonathan Hill soll künftig für die Finanzmarkt- und Bankenregulierung zuständig sein. Und der an Erdölfirmen beteiligte Miguel Arias Cañete soll Klima- und Energiekommissar werden. Diese Kandidaten darf das EU-Parlament nicht durchwinken.
von 1. Oktober 2014

Seit Montag finden die Anhörungen der künftigen EU-Kommissare im Europarlament statt. Unter den von dem neuen Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker ausgewählten Kommissaren stechen vor allem zwei skandalöse Besetzungen hervor. Der ehemalige Finanzlobbyist Jonathan Hill soll künftig für die Finanzmarkt- und Bankenregulierung zuständig sein. Und der an Erdölfirmen beteiligte Miguel Arias Cañete soll Klima- und Energiekommissar werden. Diese Kandidaten darf das EU-Parlament nicht durchwinken.

Anteilseigner an Ölfirmen Miguel Arias Cañete soll Klimakommissar werden?

Miguel Arias Cañete hat bereits jetzt eine aus lobbykritischer Sicht fragwürdige Karriere hinter sich: Als Mitglied im europäischen und im spanischen Parlament und als spanischer Landwirtschafts- und Umweltminister machte er immer wieder durch seine problematische Nähe zur Industrie auf sich aufmerksam.

Cañete und seine Familie sind in der Öl- und Agrarindustrie tätig. In seiner Zeit als EU-Parlamentarier setzte Cañete sich erfolgreich für eine finanzielle Unterstützung der Bullenzucht mit EU-Geldern ein – gleichzeitig besitzt seine Familie ein Bullenzuchtunternehmen.

Auch wenn Cañete nicht mehr selbst Vorstandsvorsitzender zweier Erdölkonzerne ist, so besitzt er bislang noch Anteile an den Unternehmen Petrolífera Dúcar and Petrologis Canaris. Selbst als spanischer Parlamentsabgeordneter blieb er Vorsitzender der beiden Unternehmen. Als Landwirtschafts- und Umweltminister legte er seine Mandate 2011 nieder. Seine familiären Verbindungen in die Unternehmensleitung bleiben allerdings bestehen: Sein Sohn und sein Schwiegersohn sind weiterhin Vorstandsmitglieder der beiden Unternehmen.

Es ist sehr zweifelhaft, ob Cañete als Klimakommissar eine dringend notwendige ambitionierte EU-Klimaschutzpolitik vorantreiben wird, wenn er zugleich enge persönliche Verbindungen in einen Industriezweig hat, der deshalb Einbußen befürchten muss.

Canete Grafik+

Mit diesem Steckbrief porträtieren das Corporate Europe Observatory und attac den künftigen Klima- und Energiekommissar Miguel Arias Canete.

Ex-Finanzlobbyist Jonathan Hill soll Finanzmarkt-Kommissar werden

Über den Finanzlobbyisten Jonathan Hill hatte LobbyControl bereits vor einigen Wochen berichtet. Hill gehört zu den Mitbegründern der britischen Lobbyberatungsfirma Quiller Consulting. Quiller Consulting hat unter anderem die global agierende HSBC Bank und viele andere Finanzmarktakteure beraten. Somit ist Hill bestens in der Londoner Finanzbranche vernetzt. Es ist also nicht verwunderlich, dass die Londoner Finanzbranche Hills Nominierung begrüßt und feiert. Ob er seine früheren Auftraggeber in die Schranken weisen wird, ist ähnlich fraglich wie Cañetes Engagement für den Klimaschutz.

Europaparlamentarier müssen handeln und eine Neubesetzung der Posten einfordern!

Während der Europawahlen haben sich insgesamt 44 Prozent der deutschen Europaparlamentarier an der lobbykritischen „Politics for People“-Kampagne beteiligt. Die Kampagne hat LobbyControl gemeinsam mit seinen europäischen Partnern im Rahmen der Allianz für Lobbytransparenz und Ethische Regeln (ALTER-EU) durchgeführt.

Die Parlamentarier haben sich darin verpflichtet, in den nächsten fünf Jahren lobbykritische Arbeit im Parlament zu leisten. Während der Anhörungen von Hill und Cañete besteht nun die Gelegenheit dies erstmals unter Beweis zu stellen. Die Parlamentarier müssen Hill und Cañete kritische Fragen bei den Anhörungen stellen und ihnen ein negatives Zeugnis ausstellen. Eine Kommission mit derartigen Interessenkonflikten dürfen die Parlamentarier nicht einfach durchwinken. Sie müssen auf eine Neubesetzung der beiden Posten bestehen.

Weitere Infos:

Chronologie der Interessenkonflikte von Cañete von Friends of the Earth Europe (pdf)

Ankündigung einer Demo gegen Canete bei Euractiv

Teilen

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert. Neue Kommentare erscheinen erst nach Freigabe auf der Webseite.

Interesse an mehr Lobbynews?

Newsletter abonnieren!