Aus der Lobbywelt

Lobbyismus in der EU – Jetzt neu im Lobbylexikon Lobbypedia

Lobbyismus auf EU-Ebene hat große Auswirkungen auf die deutsche Politik – viele neue Gesetze haben ihren Ursprung in Brüssel. Laut einer Schätzung des Europäischen Parlaments arbeiten dort 15.000 bis 30.000 Lobbyisten. Etwa 70 Prozent davon arbeiten für Unternehmen und Wirtschaftsverbände. Diese Einflussnahme wollen wir stärker sichtbar machen.
von 13. Dezember 2012

Lobbyismus auf EU-Ebene hat große Auswirkungen auf die deutsche Politik – viele neue Gesetze haben ihren Ursprung in Brüssel. Laut einer Schätzung des Europäischen Parlaments arbeiten dort 15.000 bis 30.000 Lobbyisten. Etwa 70 Prozent davon arbeiten für Unternehmen und Wirtschaftsverbände. Sie genießen privilegierte Zugänge zu den Kommissaren. Sie beeinflussen Richtlinien, bevor sie überhaupt entstanden sind. Sie überhäufen die Abgeordneten mit ihren Änderungsanträgen für Gesetzesvorlagen und sie bezahlen professionelle Lobbyagenturen dafür, im Zweifelsfall tief in ihre Trickkisten der Lobbystrategien zu greifen. Dabei beeinflussen sie für uns Bürgerinnen und Bürger so relevante Gesetzesinhalte wie zum Beispiel die Lebensmittelsicherheit, die Sicherheit von Spielzeug, die Bewertung von Chemikalien auf Schadstoffe oder die Bändigung der Finanzmärkte.

Diese problematische Einflussnahme wollen wir stärker sichtbar machen. Deswegen haben wir jetzt in unserem lobbykritischen Onlinelexikon Lobbypedia ein neues Themenportal zu Lobbyismus in der EU gestartet. Dort finden Sie spannende Informationen über aktuelle Fälle, wichtige Akteure und die Einflussstrategien der Lobbyisten. Außerdem informieren wir Sie über Fortschritte und Versäumnisse bei der Lobbyregulierung auf EU-Ebene.

Inhalt im Überblick

Aktuelle Fälle

  • Edmund Stoiber als Tabaklobbyist? Laut Presseinformationen soll Edmund Stoiber seine Funktion als Vorsitzender der EU-Entbürokratisierungsgruppe genutzt haben, um in Brüssel den Missmut eines bayerischen Schnupftabakherstellers über die aktuell heiß umkämpfte Tabakproduktrichtlinie einzubringen.
  • Die Affäre um John Dalli Ist John Dalli in einen gewaltigen Korruptionsskandal verwickelt oder Opfer der Tabaklobby? Viele unbeantwortete Fragen stehen im Raum, wenn man die bisherigen Fakten rund um die Entlassung von John Dalli zusammenträgt.

Wichtige Akteure

  •  Etwa 1.000 Expertengruppen beraten die Kommission bei der Formulierung von Gesetzen und Politikinhalten. Sie haben gewichtigen Einfluss, oftmals bildet ihr Rat auch die Grundlage für neue legislative Vorschläge der Kommission. Die in Brüssel mit Lobbyniederlassungen vertretenen Unternehmen und Wirtschaftsverbände, gut ausgestattet mit Personal, geben ihre Expertise gerne. Denn sie wissen, dass man neue Gesetze am effektivsten beeinflusst, bevor sie entstehen. In zahlreichen dieser Gruppen sind daher Industrielobbyisten vertreten – wir fanden beispielsweise heraus, dass zahlreiche Expertengruppen, die die Kommission im Bereich Finazmarktregulierung beraten, überwiegend mit Vertreter/-innen der Finanzindustrie besetzt waren.
  • Intergroups sind Arbeitsgruppen im Europäischen Parlament, in denen Abgeordnete aller Fraktionen mit Wirtschaftsvertretern zusammenkommen. Veranstaltungen und Aktivitäten dieser Gruppen werden häufig vollständig von den beteiligten Lobbyakteuren finanziert. Kritiker betrachten daher Intergroups oftmals als Vehikel, um Lobbyinteressen ins EU-Parlament zu tragen.
  • BusinessEurope ist der europäische Dachverband der Arbeitgeber mit Sitz in Brüssel. In der EU zählt er zu den größten und einflussreichsten Lobbyorganisationen. In den Richtlinienkomitees der Organisation arbeiten über 1000 meist externe Fachleute, um Gesetzesentwürfe und EU-Programme zu analysieren und aus Unternehmensperspektive zu verbessern. Außerdem verfügt die Organisation über beste Netzwerke auf europäischer und nationaler Ebene.
    BusinessEurope hat intensive Lobbyarbeit geleistet unter anderem bei der Aufweichung konkreter EU-Klimaziele und bei der Verschärfung des europäischen Wachstums- und Stabilitätspakts im September 2011.

Möglichkeiten der Einflussnahme

  • Seitenwechsel ist ein häufiges und typisches Phänomen im Lobbyismus. Politiker oder wichtige Mitarbeiter wechseln aus ihrem Amt oder Mandat zu Unternehmen oder Interessensverbänden und übernehmen dort Lobbytätigkeiten – die Unternehmen profitieren von ihren Insiderkenntnissen und Kontakten. 5 von 13 EU-Kommissar/-innen, die nach der letzten Amtsperiode aus dem mächtigsten Gremium der Europäischen Union ausgeschieden sind, haben inzwischen lukrative Tätigkeiten in der Privatwirtschaft übernommen.

Lobbyregulierung

  • Seit Sommer 2011 gibt es in Brüssel das sogenannte Transparenz-Register. Ein wesentlicher Kritikpunkt ist der freiwillige Charakter des Registers. Eine echte Transparenz und Kontrollmöglichkeit von Lobbyaktivitäten kann es nur mit einem verpflichtenden Register geben.

Hier gehts zum Themenportal Lobbyismus in der EU

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