Aus der Lobbywelt

Deutsche Bank und Josef Ackermann – Kandidaten für die Lobbykratie-Medaille

Die Deutsche Bank und Josef Ackermann als Vorsitzender des Institute of International Finance (IIF) sind nominiert, weil sie über einen privilegierten Zugang die günstigen Konditionen für die Finanzbranche bei der Griechenland-Rettung prägten und sich zugleich nach außen irreführend als hart getroffen darstellten.
von 2. November 2011

Quelle: www.deutschebank.deDie Deutsche Bank und Josef Ackermann als Vorsitzender des Institute of International Finance (IIF) sind nominiert, weil sie über einen privilegierten Zugang die günstigen Konditionen für die Finanzbranche bei der Griechenland-Rettung prägten und sich zugleich nach außen irreführend als hart getroffen darstellten.

Was ist die Lobbykratie-Medaille?

Die Finanzbranche hat über viele Jahre Lobbyarbeit für eine schwache Regulierung gemacht. Die Deutsche Bank etwa hat das Programm Seitenwechsel mitinitiiert, das dazu beitrug, dass zahlreiche Lobbyisten der Finanzbranche zeitweise im Finanzministerium arbeiteten und dort an wichtigen Gesetzen mitschrieben. Als dann die Finanzkrise ausbrach, prägte der Finanzsektor die Rettungspakete mit: Milliarden flossen in die Rettungen von Banken, die öffentliche Verschuldung stieg stark an. Dies war ein wichtiger – aber nicht der ein­zige – Faktor der Eurokrise. Um die öffentlichen Mittel zur Euro-Rettung zu rechtfertigen, wollte Deutsch­land deshalb die Banken an den Kosten beteiligen. Frankreich war unter dem Druck der einheimischen Ban­ken dagegen. Der Kompromiss war eine freiwillige Beteiligung des Finanzsektors – die die Finanzbranche aufgrund ihrer starken politischen und ökonomischen Machtstellung nach ihren Vorstellungen prägen konnte.

Die Deutsche Bank arbeitete früh daran, die private Beteiligung mitzugestalten. Im Mai 2011 schickte sie ein vertrauliches Papier mit konkreten Vorschlägen an das Bundesfinanzministerium. Ziel dieser „Proposals for Greek liability management exer­cise – burden sharing without haircuts“ war es, einen Zahlungsausfall und damit Verluste der Banken zu ver­meiden. Einzelne Punkte aus diesem Schreiben tauchen Anfang Juni inhaltlich – wenn auch nicht wörtlich – in einem internen Arbeitspapier des Bundesfinanzministeriums an die übrigen EU-Regierungen auf. Das Finanzministerium bestätigte den Eingang des Deutsche Bank-Vorschlags, bezeichnete es jedoch als „völligen Humbug“, dass es sich „die eigene Position von Akteuren des Privatsektors bestimmen beziehungsweise beim Verfassen von Papie­ren sich von diesen helfen lassen würde“.

Bei den weiteren Verhandlungen übernahm das Institute of International Finance (IIF) als internationale Lob­byorganisation der Finanzbranche die zentrale Rolle. Nach Informationen des Wall Street Journal diente ein Papier des IIF nach einem Treffen mit EU-Kommissar Olli Rehn am 12. Juli 2011 als „Roadmap“ für die weitere Vorgehensweise zur Beteiligung privater Gläubiger. An den endgültigen Verhandlungen am 21. Juli 2011 über die Gestaltung des zweiten Rettungspakets für Griechenland nahm Josef Ackermann als Deutsche Bank-Chef und Vorsitzender des IIF persönlich teil sowie Baudouin Prot von der französischen BNP Paribas, ebenfalls IIF-Vorstandsmitglied. Die Bankenlobby wurde also nicht nur im Vorlauf der Entscheidungen um ihre Einschätzung gefragt; sie war offizieller Teil bei den abschließenden Verhandlungen und verfügte so über einen bevorzugten Zugang zu den Regie­rungschefs wie Angela Merkel, der demokratischen Prinzipien entgegen läuft.

Am Ende stand ein gutes Ergebnis für die Banken: sie konnten ihre gefährdeten Anleihen zu günstigen Kon­ditionen in längerfristige, europäisch abgesicherte Anleihen umtauschen. Außerdem wurde der Plan einer Bankensteuer fallen gelassen. Das IIF hatte unter Führung von Josef Ackermann erfolgreich die Interessen der Banken vertreten. Dennoch gab Ackermann in den Medien den hart belasteten Ban­ker: „Ja, es trifft uns hart, das sind Abschreibungen von 21 %, die wir auf die Positionen nehmen, also auf die griechischen Positionen.“

De facto beruhten die Beschlüsse selbst auf den Vorschlägen des IIF und der angebliche Verzicht der Banken auf 21% ihrer Forderungen beruht auf eigenen Kalkulationen der Banken über zukünftige geringere Zinseinkünfte. Andere Experten kritisierten die zugrunde gelegten Annahmen und argumentierten bei anderen Annah­men wäre der Verlust der Banken fast Null. Insgesamt kritisierten die meisten Experten, dass die Betei­ligung des Finanzsektors zu niedrig sei und Griechenland einen stärkeren Schuldenschnitt brauche.*

Als es im Oktober Überlegungen für Nachverhandlun­gen der Gläubigerbeteiligung gab, wehrten sich das IIF und Ackermann zunächst massiv dagegen. Erst angesichts der desaströsen Lage Griechenlandsxi kam es erneut zu Verhandlungen zwischen Politik und Finanzbranche hinter verschlossenen Türen, an denen Ackermann mitwirkte. Nun sollen sich die privaten Gläubiger mit 50% beteiligen. Auf dem Markt sind allerdings viele der Griechenland-Anleihen weniger als 50% wert. Der Verzicht wird zudem durch eine zusätzliche staatliche Absicherung der neuen Anleihen in Höhe von 30 Mrd. Euro versüßt. Weitere Details wie etwa die Zinssätze der neuen Anleihen sind noch offen. Dazu gibt es ein Programm zur Bankenkapitalisierung, wobei Ackermann verhindert hat, dass der Deutschen Bank eine Zwangskapitalisierung durch staatliche Gelder droht und der Staat damit Einflussmöglichkeiten auf die Bank bekommt.

Die Entlastung für Griechenland bleibt auch mit den Oktoberbeschlüssen begrenzt und die Banken haben keine weitergehenden Eingriffe in ihre Geschäfte zu befürchten. Mit der Mischung aus privilegiertem Zugang und einer irreführenden Au­ßendarstellung, dass die freiwillige Gläubigerbeteiligung die Banken hart treffe, haben Deutsche Bank und Josef Ackermann als Vertreter der internationalen Finanzlobby die Lobbykratie-Medaille verdient – auch wenn klar ist, dass die Regierungschefs und Finanzminister Deutschlands und der anderen Euro-Länder selbst eine Verantwortung für diesen einseitigen Zugang der Finanzlobby mittragen.

* So etwa Ansgar Belke vom DIW und die Wirtschaftsweisen Wolfgang Franz und Peter Bofinger. Quellen: Monitor vom 25.8.2011: Wie sich die Banker in Brüssel die Regeln selber machen, PlusMinus vom 26.7.2011: Geschenke statt Kostenbeteiligung, Frontal 21 vom 2.8.2011: Griechenland in Not – die Profiteure der Schuldenkrise. Siehe auch die Analyse unter http://www.economonitor.com.

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