Aus der Lobbywelt

Die Atomlobby und ihr begrenzter Freundeskreis

Die Atomlobby versucht, den Druck auf die Bundesregierung weiter zu erhöhen. Am Samstag erschien in zahlreichen Zeitungen große Anzeigen mit einem „Energiepolitischen Appell“. Man kann das als starke Drohung sehen – oder auch als Zeichen der Schwäche. Den die Unterstützer außerhalb der Energiekonzerne und der energieintensiven Unternehmen (wie Chemie, Stahl oder Bahn) bleiben begrenzt. Anzeigenkampagnen […]
von 23. August 2010

Die Atomlobby versucht, den Druck auf die Bundesregierung weiter zu erhöhen. Am Samstag erschien in zahlreichen Zeitungen große Anzeigen mit einem „Energiepolitischen Appell“. Man kann das als starke Drohung sehen – oder auch als Zeichen der Schwäche. Den die Unterstützer außerhalb der Energiekonzerne und der energieintensiven Unternehmen (wie Chemie, Stahl oder Bahn) bleiben begrenzt.

Anzeigenkampagnen dieser Art leben davon, dass das (ökonomische) Interesse der Initiatoren in ein gut klingenden rhetorischen Mantel gehüllt wird und die Anzeige durch einen breiten und vielfältigen Unterzeichnerkreis eine starke Glaubwürdigkeit erhält. Deshalb spricht die von der Agentur Jung von Matt entworfene Anzeige auch von „ökologischem Umbau“ oder „Zukunftsfähigkeit“. Deshalb haben die Initiatoren (laut Spiegel Online und Tagesspiegel v.a. RWE) Leute wie den Publizisten Manfred Bissinger oder den Nationalmannschafts-Manager Oliver Bierhoff als Unterzeichner gewonnen.

Altbekannte Seitenwechsler
Allerdings hört es dann auch schnell auf. Der Großteil der Unterzeichner kommen von den Energiekonzernen, aus energie-intensiven Unternehmen und dem Bundesverband der Deutschen Industrie. Dazu kommen mit Kurt Lauk und Michael Fuchs zwei unternehmensnahe Unionspolitiker sowie altgediente Seitenwechsler zwischen Politik und Lobbyismus wie Wolfgang Clement, Friedrich Merz und Otto Schily. Interessanterweise wird Clement als ehemaliger Ministerpräsident und Bundesminister vorgestellt, seinen Aufsichtsratposten bei RWE Power lässt man unter den Tisch fallen. Merz und Schily werden dagegen nicht als ehemaliger Politiker sondern als Rechtsanwälte vorgestellt. Für welche Kunden sie aktuell tätig sind, weiß man nicht.

Kritische Einschätzungen
Man kann das Ergebnis unterschiedlich einschätzen: in manchen Medien ist von einem Who is who der deutschen Wirtschaft die Rede, während Atomkraftgegner dagegen halten, dass nur 9 von 30 Dax-Vorstandschefs unterzeichnet haben. Da die Anzeige offensichtlich einen breiten Unterstützerkreis haben sollte, kann man vor allem das Ergebnis außerhalb der Unternehmenswelt als mager einschätzen. Die Unterschrift Bierhoffs ist nicht so beeindruckend, wenn man weiß, dass sein Vater lange Jahre RWE-Vorstandsmitglied war. Bierhoff hat sich auch früher offen für Lobby-Kampagnen gezeigt. 2004 hielt er eine Vorlesung für die Arbeitgeberkampagne Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft.

Zwei kritische Einschätzungen zu dem Appell finden sich in der FAZ und der Frankfurter Rundschau. Die FR geht auch auf den Fehler von RWE ein, den Chef der Gewerkschaft IG BCE mit auf die Anzeige zu nehmen, obwohl er abgesagt hatte.

Die Deutsche Bank als Atombank
Eine extra Erwähnung ist vielleicht noch die Unterschrift von Josef Ackermann von der Deutschen Bank wert, die auch von den Medien hoch gehängt wurde. Dabei ist die Deutsche Bank stark im Atomsektor engagiert. Laut einer Studie von urgewald, Greenpeace International und Banktrack gehört sie international zu den Top Ten der Banken, die die Atomindustrie finanzieren. Die Studie wertet die Kredite und andere Finanzierungen zwischen 2000 und 2009 aus. Die Deutsche Bank hat in dieser Zeit demnach knapp 8 Milliarden Euro für die Atomindustrie mobilisiert, sowohl für Energiekonzerne als auch den Uranabbau (siehe Pressemitteilung zu der Studie und eine genauere Auflistungen der einzelnen Kredite, Beteiligungen etc.).

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