Aus der Lobbywelt

Berlinpolis streitet ab – aber nicht den Kern: die Verwicklung in die PR-Affäre der Deutschen Bahn AG

Berlinpolis hat gestern eine Stellungnahme zu der Verwicklung in die PR-Affäre der Deutschen Bahn AG vorgelegt (nachdem sie zuvor unsere Fragen dazu ausdrücklich nicht beantworten wollten). Die Stellungnahme mag zunächst wie ein Dementi wirken (wie es auch bei Spiegel Online leider klingt) – aber bei genauem Lesen zeigt sich, dass die (mittelbare) Verwicklung in die […]
von 30. Mai 2009

Berlinpolis hat gestern eine Stellungnahme zu der Verwicklung in die PR-Affäre der Deutschen Bahn AG vorgelegt (nachdem sie zuvor unsere Fragen dazu ausdrücklich nicht beantworten wollten). Die Stellungnahme mag zunächst wie ein Dementi wirken (wie es auch bei Spiegel Online leider klingt) – aber bei genauem Lesen zeigt sich, dass die (mittelbare) Verwicklung in die verdeckte PR-Arbeit für die Deutsche Bahn im Jahr 2007 nicht bestritten wird. Wir legen unten unsere Kommentierung der Berlinpolis-Stellungnahme vor.

Zunächst aber nochmal ein Auszug aus der schriftlichen Stellungnahme der Deutschen Bahn AG vom 28. Mai 2009
(von Oliver Schumacher, Konzernsprecher/Leiter Unternehmenskommunikation):

„Im Jahr 2007 beauftragte die DB die European Public Policy Advisers GmbH („EPPA“) mit PR-Maßnahmen. Die EPPA wiederum beauftragte den berlinpolis e. V. („berlinpolis“) im Rahmen dieses Auftrages, PR-Maßnahmen durchzuführen. In welcher Höhe ist unbekannt.

Die Beauftragung der EPPA mit PR-Maßnahmen wurde bereits 2007 wieder beendet. Da dieser Themenkomplex seit dem nicht mehr bearbeitet wurde und aufgrund personeller Veränderungen, sind Einzelheiten der seinerzeitigen Beauftragung in der zuständigen Abteilung nicht mehr präsent und die Recherchen gestalten sich zeitaufwendig.

Die Vertragsbeziehung mit der EPPA und ihren Subunternehmern wurden noch im Jahre 2007 beendet. Das Auftragsvolumen insgesamt mit EPPA belief sich auf rund 1.3 Mio.Euro.“

(Die vermeintlichen Schwierigkeiten bei den Recherchen sind aus unserer Sicht fragwürdig, sollen aber hier nicht Thema sein. Das war auch noch vor der Entlassung des Generalbevollmächtiger Konzernmarketing und Kommunikation, Ralf Klein-Bölting)

Die Bahn bestätigt also die über EPPA vermittelte Beteiligung von Berlinpolis an der verdeckten PR. Wieviel Geld Berlinpolis von den 1,3 Mio. Euro tatsächlich erhalten hat, ist bislang nicht bekannt. Auf jeden Fall spielte Berlinpolis mit seiner Plattform zukunftmobil.de und den Meinungsumfragen zur Bahnprivatisierung und dem GDL-Streik eine wichtige Rolle.

LobbyControl-Kommentar zur Berlinpolis-Stellungnahme
(der Text von Berlinpolis ist kursiv, unser Kommentar jeweils darunter)

1. Alleiniger Vertragspartner der Deutschen Bahn AG war die European Public Policy Advisers (EPPA) GmbH, alleiniger Ansprechpartner und Kontakt zu der Deutschen Bahn AG war Herr Dr. Rüdiger May.

Der erste Teil ist unbestritten: Auftragnehmer der Deutschen Bahn AG war EPPA. Berlinpolis war allerdings Subauftragnehmer von EPPA. Ob Rüdiger May alleiniger Kontakt zur Deutschen Bahn AG war, ist aus unserer Sicht fraglich. Unsere Informationen legen es nahe, dass es auch über Josef Grendel eine Verbindung zur Bahn gab. Ein wichtiger Punkt hierbei: Sowohl Rüdiger May als auch Josef Grendel wurden 2007 (etwa zeitgleich zum Start der verdeckten PR) Gesellschafter der neugegründeten Berlinpolis GmbH – Berlinpolis hatte also die Verbindung zur Deutschen Bahn AG quasi ins eigene Haus geholt (siehe zu den Details auch unsere Studie von gestern).

2. Die berlinpolis GmbH oder der Verein berlinpolis e.V. hat bis zum heutigen Tage keine Kenntnis des Inhaltes der zwischen der Deutschen Bahn AG und der EPPA GmbH geschlossenen Verträge oder der genannten Tätigkeitsberichte der EPPA GmbH.

Welche Informationen Berlinpolis e.V. und GmbH tatsächlich von EPPA in schriftlicher Form erhalten hat, ist uns unbekannt. Unser Meinung nach ist das nicht der entscheidende Punkt: zentral ist, das Berlinpolis Subauftragnehmer von EPPA war – das hat die Deutsche Bahn bestätigt, wird von unseren Informationen gedeckt und von Berlinpolis in der ganzen Stellungnahme nicht bestritten. Möglicherweise haben EPPA und Berlinpolis intern tatsächlich informeller kommuniziert – insbesondere, da es ja in der Person von Rüdiger May eine personelle Überlappung gab.

3. Weder die berlinpolis GmbH noch berlinpolis e.V. haben von der Deutschen Bahn AG oder der EPPA GmbH in Auftrag gegebene Leserbriefe, Beiträge in Online-Foren, Blog Beiträge oder vorproduzierte Medienbeiträge für die Website „meinebahndeinebahn.de“ erstellt. Die berlinpolis GmbH oder berlinpolis e.V. haben auch keinerlei anderen Inhalte für diese Website geliefert und waren weder an Konzeption oder Betrieb oder irgendeiner anderen Arbeit in direkter oder indirekter Weise an dieser Website beteiligt (siehe Punkt 1).

Diese Aussage bezieht sich explizit nur auf die Seite „meinebahndeinebahn.de“. Berlinpolis nutzte als Plattform für die eigenen Aktivitäten zur Privatisierung der Deutschen Bahn AG und der Tarifauseinandersetzung mit der GDL die eigene, 2007 gestartete Webseite www.zukunftmobil.de. Darüber liefen die Umfragen, die eigenen Blogbeiträge, Videofilme etc. zum Thema Bahnprivatisierung. Zudem lassen sich in Online-Foren beispielsweise von tagesschau.de oder stern.de Kommentare eines Nutzers „zukunftmobil“ finden, die auf Berlinpolis-Umfragen zur Bahnprivatisierung oder die Webseite zukunftmobil.de verweisen.

Zu MeineBahnDeineBahn.de: Die Deutsche Bahn hat schriftlich bestätigt, dass diese Webseite in dem EPPA-Bericht auftaucht. Neben EPPA und Berlinpolis waren auch andere Firmen wie Allendorf Media in die verdeckte PR für die Deutsche Bahn verstrickt. Insofern besteht hier tatsächlich weiterer Aufklärungsbedarf seitens der Deutschen Bahn AG und EPPA, wie die Webseite genau in die verdeckte PR für die Bahn eingebunden war und wer an der Konzeption und dem Betrieb der Webseite beteiligt war.

4. Von berlinpolis in Auftrag gegebene Meinungsfragen beruhen auf von berlinpolis selbst erstellten Fragen. Diese wurden von der Deutschen Bahn AG nicht vorgegeben.

Diese Aussage lässt genau offen, wer diese Meinungsumfragen bezahlt hat. Außerdem muss die Deutsche Bahn AG ja gar nicht die einzelnen Fragen vorgeben haben – es hätte auch gereicht, wenn sie über Rüdiger May oder Josef Grendel die Ausrichtung vorgegeben hätte und Berlinpolis-intern (Josef Grendel und Rüdiger May waren ja Berlinpolis-Gesellschafter) die konkreten Fragen entwickelt worden wären. Genau zu diesen Binnenverhältnissen und der eigenen Verstrickung in die verdeckte PR der Deutschen Bahn AG sollten Berlinpolis und Daniel Dettling endlich alle Informationen auf den Tisch legen.

5. Der Inhalt der Schrift „Die Zukunft der Mobilität“ wurde von unabhängigen Autoren erstellt, für deren Beiträge es Seitens des erklärenden Geschäftsführers Dr. Daniel Dettling weder inhaltliche Vorgaben oder irgendwelche Abstimmungen gegeben hat. Auch haben die Autoren kein Honorar erhalten. Es hat insbesondere zu keinem Zeitpunkt irgendeinen Einfluss von Seiten der Deutschen Bahn AG in direkter oder indirekter Weise auf den Inhalt dieser Schrift gegeben.

Interessant ist hier die Formulierung, dass „es Seitens des erklärenden Geschäftsführers Dr. Daniel Dettling weder inhaltliche Vorgaben oder irgendwelche Abstimmungen gegeben hat“. Offen bleibt, ob das auch für die anderen Berlinpolis-Gesellschafter Rüdiger May und Josef Grendel gilt. Außerdem war diese Schrift nur ein kleiner Teil der Berlinpolis-Aktivitäten zum Thema Deutsche Bahn.

6. Die berlinpolis GmbH hat sich von dem früheren Gesellschafter und Geschäftsführer Herrn Dr. Rüdiger May bereits im Jahre 2008 aufgrund unterschiedlicher Auffassungen getrennt. Es bestehen seit diesem Zeitpunkt keinerlei geschäftliche Kontakte mehr zu dem Unternehmen EPPA GmbH.

Im Umkehrschluss lässt sich dies als Bestätigung für geschäftliche Kontakte zu EPPA vor der Trennung von Rüdiger May lesen. Die Trennung der Berlinpolis GmbH von Rüdiger May erfolgte übrigens erst Ende 2008. Im Handelsregister wird sie am 27. November 2008 eingetragen.

Und die verdeckte PR der Bahn bezieht sich ja auf das Jahr 2007 – der Vertrag der Deutschen Bahn mit EPPA endete bereits Ende 2007. Aus unserer Sicht besagt die Stellungnahme von Berlinpolis / Daniel Dettling gerade nicht, dass Berlinpolis an der verdeckten PR für die Deutsche Bahn AG unbeteiligt war. Diese Beteiligung wird von der Deutschen Bahn AG schriftlich bestätigt und ist von weiteren LobbyControl-Informationen gedeckt.

Fazit
Es ist bedauerlich, dass Berlinpolis und Daniel Dettling mit dieser Stellungnahme den Weg des Abstreitens einschlägt statt endlich die eigene Verstrickung in die verdeckte PR der Deutschen Bahn AG einzuräumen und die eigenen Fehler einzugestehen. Auch die Deutsche Bahn muss endlich mehr Details über die genauen Aktivitäten der verdeckten PR offenlegen und alle daran beteiligten Akteure nennen.

Quelle für die Berlinpolis Stellungnahme: http://www.berlinpolis.de/aktuelles/details/article/presseerklaerung.html (Zugriff: 30. Mai 2009)

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