Aus der Lobbywelt

Fliegender Wechsel bei der Bahn: Gestern Gewerkschaftsführer morgen Arbeitsdirektor

Der Chef der Bahngewerkschaft TRANSNET Norbert Hansen legt einen in der Geschichte der deutschen Gewerkschaften bisher wohl einmaligen fliegenden Wechsel hin: Er kündigte seinen Job als Gewerkschaftsführer und will Arbeitsdirektor bei der Deutschen Bahn AG werden. In den letzten Jahren war er durch seinen Kuschelkurs mit dem Bahn-Vorstand aufgefallen und hatte entgegen der offiziellen Linie […]
von 9. Mai 2008

Der Chef der Bahngewerkschaft TRANSNET Norbert Hansen legt einen in der Geschichte der deutschen Gewerkschaften bisher wohl einmaligen fliegenden Wechsel hin: Er kündigte seinen Job als Gewerkschaftsführer und will Arbeitsdirektor bei der Deutschen Bahn AG werden. In den letzten Jahren war er durch seinen Kuschelkurs mit dem Bahn-Vorstand aufgefallen und hatte entgegen der offiziellen Linie des DGB die TRANSNET als einzige Gewerkschaft für die Privatisierung der Bahn positioniert. Wenn er dabei mal keine lukrativen Hintergedanken im Kopf hatte? Der Gedanke, dass hier sein Verhalten zum Wohlgefallen der Bahn AG mit einer Belohnung bedacht wird, drängt sich auf. „Eine Form der deutschen Korruption – bezahlt wird hinterher“, kommentiert der Stern.

Und auch sonst hagelt es Kritik: „Dieser einmalige Vorgang wirft einen Schatten auf die gesamte Bahnreform“, sagte die stellvertretende SPD-Vorsitzende Andrea Nahles der Berliner Zeitung. Noch deutlicher wird Grünen-Verkehrsexperte Winfried Hermann: „Das stinkt zum Himmel!“. Der Ex-Arbeiterführer habe „gewerkschaftliche Interessen verraten“, so Hermann gegenüber der FR. Die Basisinitiative in TRANSNET „Bahn von unten“, die im Bündis „Bahn für alle“ gegen die Privatisierung der Bahn streitet, befürchtet, dass Hansen mit seinem fliegenden Wechsel Insiderwissen in den Bahnvorstand trägt und damit die Gewerkschaft schwächen kann: „Er kennt unsere Gewerkschaft und wird sie mit seinem Know-How gut zu bekämpfen bzw. einzubinden wissen.“ (Presseerklärung, pdf) Das Bündnis „Bahn für alle“ forderte, die SPD müsse nun „sofort die Notbremse ziehen und den Bundestagsantrag zur Privatiserung stoppen.“

Als „fliegender Wechsler“ findet sich Hansen bei er Bahn AG in guter Gesellschaft: Konzernchef Mehdorn hat in den letzten Jahren eine illustre Runde aus ehemaligen Verkehrsministern von Bund und Ländern sowie eine Vielzahl von ehemaligen Beamten aus diesen Ministerien sowie Lokalpolitiker um sich geschart. Hierzu gehört u.a. der bayrische Ex-Verkehrsministerer Wiesheu, der sich während der Verhandlungen zur großen Koalition für die Bahnprivatisierung stark machte und anschließend in den Bahnvorstand wechselte. Mehr zum Politikernetzwerk der Deutschen Bahn berichtete Frontal 21.

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