Aus der Lobbywelt

Partei-Sponsoring: Anhörungen in Berlin und Dresden

Anfang Juni 2010 befassten sich gleich zwei parlamentarische Ausschüsse mit der Frage des Partei-Sponsorings und der Vermietung von Ministerpräsidenten: Der Innenausschuss des Bundestages und der Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss des sächsischen Landtags. Während in Sachsen Vertreter von LobbyControl und Transparency International als Sachverständige angehört wurden, verzichtete der Bundestag auf die Einschätzungen von lobbykritischen Organisationen. Er […]
von 18. Juni 2010
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Deutscher Bundestag, im Hintergrund das Abgeordnetenhaus. Autor: Andrevruas, Lizenz: Creative Commons von Andrevruas Creative Commons Lizenzlogo


Anfang Juni 2010 befassten sich gleich zwei parlamentarische Ausschüsse mit der Frage des Partei-Sponsorings und der Vermietung von Ministerpräsidenten: Der Innenausschuss des Bundestages und der Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss des sächsischen Landtags. Während in Sachsen Vertreter von LobbyControl und Transparency International als Sachverständige angehört wurden, verzichtete der Bundestag auf die Einschätzungen von lobbykritischen Organisationen. Er setzte stattdessen auf eine Riege aus Universitätsprofessoren und Juristen. Leider sind beide Parlamente noch weit davon entfernt, umfassende Veränderungen in der Parteienfinanzierung durchzusetzen. Wir berichten genauer über die Debatten:

#1 Entwurf der Linksfraktion in Sachsen – Ministerialgesetz verschärfen / Anhörung, 2. Juni 2010

Eine Vorbemerkung zum besseren Verständnis: Die Regelung der Parteienfinanzierung ist grundsätzlich Sache des Bundestages – hierzu gehört auch das Sponsoring. Verstöße auf Landesebene werden gegenwärtig vom Bundestagspräsidenten überprüft und gegebenenfalls bestraft. So musste die FDP im Februar 2010 3,5 Millionen Euro Strafe zahlen, weil ihr Landesverband NRW in den Jahren 1996 – 2000 und 2002 Geldbeträge gestückelt eingezahlt und so bestehende Regeln unterlaufen hatte (siehe Artikel in der Sueddeutschen Zeitung).

Die Fraktion der Linkspartei im sächsischen Landtag machte trotz der generellen Zuständigkeit des Bundestags nun einen Vorstoß, um auch in Sachsen etwas gegen abstruse Praktiken wie die Vermarktung von Gesprächen mit Ministerpräsident Tillich (CDU) zu unternehmen.

Der Gesetzentwurf „Zum Schutz der parlamentarischen Demokratie […] vor Amtsmissbrauch durch Mitglieder der Staatsregierung“ will das Problem durch eine Änderung des sächsischen Ministerialgesetzes in den Griff bekommen. Der Entwurf sieht vor, dass Mitglieder der sächsischen Regierung sich vor Gesprächen vergewissern müssen, dass für die Anbahnung der Gespräche kein Geld geflossen ist. Bei Zuwiderhandlung droht eine Anklage vor dem sächsischen Verfassungsgerichtshof und der Entzug von Versorgungsansprüchen (z.B. Pensionen). Ferner sieht der Entwurf eine Karenzzeit von drei Jahren vor, wenn Mitglieder der sächsischen Staatsregierung ihr Amt verlassen und in die Wirtschaft wechseln wollen.

Die Spitze des Eisbergs

Der LobbyControl-Sachverständige Elmar Wigand machte zunächst klar, dass unsere Organisation grundsätzlich den Ansatz begrüßt, nicht auf Aktivitäten des Bundestags zu warten, sondern auch auf regionaler Ebene aktiv zu werden.

Er wies jedoch auf die begrenzte Wirksamkeit von Verboten hin, wenn dabei nicht auch die Umgehungsstrategien in den Blick genommen werden.

„Unserer Meinung nach muss der Blick darauf gerichtet werden, wie sich generell das Vermieten von Politikern oder der privilegierte Zugang zu Politikern durch Geld verhindern und eindämmen lässt. Das kann nicht dadurch geschehen, dass man die Spitze des Eisbergs kappt oder den Eisberg zwingt, vollkommen unter die Wasseroberfläche abzutauchen.“, sagte er in der Anhörung.

LobbyControl setzt sich deshalb für umfassende Transparenz ein. So könnte der sächsische Landtag ein verbindliches Lobbyregister für Sachsen erlassen. Darin müssten alle Lobbyisten, die Kontakt zu Landespolitikern suchen, verpflichtend angeben, für wen, mit wieviel Geld und zu welchem Thema sie Lobbyarbeit betreiben. , Hier finden Sie die schriftliche Stellungnahme von LobbyControl zum sächsischen Gesetzentwurf. Das stenografierte Protokoll der gesamten Anhörung steht hier zum download (pdf) .

#2 Öffentliche Anhörung zum Partei-Sponsoring / Innenausschuss des Bundestags, 7. Juni 2010

Während wir draußen bei strahlendem Sonnenschein über 22.000 Unterschriften gegen die Käuflichkeit von Parteien und Politikern an Vertreter der fünf Bundestagsfraktionen überreichten (siehe Bericht und Bilder), fand im abgedunkelten Raum E200 des Paul-Löbe-Hauses eine Anhörung zum gleichen Thema statt. Felix Kamella hat für uns die Dabatte beobachtet:

Zur Diskussion standen zwei Anträge der Grünen ( 17/1169 und 17/547) und zwei der Linken (17/892 und 17/651) zu denen die sieben geladenen Sachverständigen eine Stellungnahme abgaben. Auch die drei von LobbyControl gestellten Forderungen wurden in der Anhörung behandelt.

  • Gleiche Veröffentlichungspflichten für das Sponsoring von Parteien wie für Parteispenden

Auch im Antrag der Grünen findet sich die Forderung nach einer Gleichbehandlung von Sponsoring-Zahlungen an Parteien und Parteispenden. Bisher gelten die Transparenzvorschriften für Parteispenden nämlich nicht für Sponsoring-Zahlungen. Letztere können von Unternehmen außerdem als Betriebsausgaben steuerlich abgesetzt werden. .

Wie zu erwarten, kamen die sieben Sachverständigen – übrigens alle Juristen – zu unterschiedlichen Urteilen. Die Kritiker einer Gleichbehandlung argumentierten, dass Sponsoring ja per se transparent sei, da es in der Öffentlichkeit stattfinde, und es daher keiner Neuregelung bedürfe. Dem widersprachen die Sachverständigen Uwe Volkmann und Martin Morlok, die eine Ausdehnung der Veröffentlichungspflicht auf das Sponsoring begrüßten.

. Grundsätzliche Einigkeit unter den Sachverständigen herrschte darüber, dass im Sponsoring die Gefahr einer verdeckten Spende besteht, und zwar dann, wenn der Wert der Gegenleistung überschritten wird. Die grundsätzliche Schwierigkeit, den Wert einer Gegenleistung zu beziffern, und so erst eine versteckte Spende auszumachen, führte zu einiger Ratlosigkeit. Die CDU befürchtet , dass eine Ausweitung der Transparenzpflichten zu einer Offenlegung aller Verträge führen würde, in denen es um finanzielle Gegenleistung geht.
Obwohl insgesamt anerkannt wurde, dass hier Handlunsgbedarf besteht, überwog die Skepsis auf Seiten von CDU und FDP, Sponsoring wie Spenden zu behandeln.

  • Parteispenden und Sponsoring auf maximal 50.000€ pro Jahr begrenzen
  • Spenden ab 10.000€ sofort offen legen; Spenden ab 2.000€ in dem detaillierten Rechenschaftsbericht der Parteien auflisten

Die Anträge von Grünen und Linke gingen hier in die gleiche Richtung, wenn auch mit unterschiedlichen Zahlen. Debattiert wurden jedoch keine Zahlen, sondern grundsätzlich die Frage einer Obergrenze. Eine Herabsetzung der Schwelle für die Veröffentlichung wurde als rechtlich unproblematisch bewertet, von den meisten Sachverständigen jedoch abgelehnt.

Ein Argument war, dass mit Blick auf die Entwicklung des Geldwertes eine Absenkung unerwünscht sei . Ein weiteres war, dass die durch eine Absenkung erreichte Vermehrung von Daten zu einer Verminderung der Transparenz führen würde. Auch hier war der Sachverständige Volkmann die Ausnahme. Er forderte eine Verschärfung der Transparenz u.a. mit dem Verweis auf die lokale und kommunale Ebene, auf der eine Spende von 10.000€ eine große Summe Geld sei.

Die Forderung nach einer Deckelung der Spendensumme pro Jahr und Person, wurde von einigen Sachverständigen als eine rechtliche Frage gewertet, da es ein Eingriff in die Chancengleichheit und in die Finanzierungsfreiheit der Parteien sei. Es wurde argumentiert, dass Parteien unterschiedliche Finanzierungsprofile hätten und so eine Obergrenze von Spenden einzelne Parteien einseitig benachteiligen würde. Da die Festlegung dieser Obergrenze willkürlich erfolge, wäre sie rechtlich zu beanstanden. Zudem würde die Einführung einer Obergrenze die Mündigkeit des Bürgers untergraben.

Volkmann war hier grundsätzlich anderer Meinung und argumentierte, dass die Freiheit und die Chancengleichheit des einzelnen Bürgers höher zu bewerten sei, als die der Parteien, und eine Deckelung rechtlich möglich sei. Ein Eingriff in die Chancengleichheit der Parteien könnte unter Umständen erst die Chancengleichheit des Bürgers ermöglichen. Das grundlegende Prinzip der Demokratie „Eine Person, eine Stimme“ sei hier zu beachten.

Ein weiteres Argument gegen die Einführung einer Obergrenze war, dass eine Unterfinanzierung der Parteien vermieden werden müsse, um ihre Handlungsfähigkeit zu erhalten. Als abschreckendes Beispiel wurde der große Einfluss der Bertelsmannstiftung erwähnt. Die Mehrheit der Sachverständigen sah hier keinen Handlungsbedarf.

  • Kontrolle über die Einhaltung des Parteigesetzes von einem unabhängigen Gremium

Die Forderung nach einem unabhängigen Gremium war nicht Inhalt der Anträge, wurde jedoch von der Linken mit Verweis auf die von uns und unseren Aktionspartnern übergebenen Unterschriften eingebracht. Die Experten schienen auf diese Frage nicht vorbereitet und sahen grundsätzlich kein Problem in der bestehenden Regelung, nach der Bundestagspräsident und die Bundestagsverwaltungen die Parteienfinanzierung überwachen sollen. Als Mögliche Alternative wurde lediglich der Bundesrechnungshof genannt.

Fazit der Bundestagsanhörung: Lustlos und ohne Konsequenzen

Insgesamt hatte unser Beobachter im Publikum den Eindruck, dass die Debatte lustlos geführt wurde – vermutlich weil die Mehrheitsverhältnisse im Bundestag die Anträge von vorneherein zur Erfolglosigkeit verdammten. Wir haben nur 17 Anwesende gezählt, also weniger als die Hälfte der der 37 Mitglieder des Ausschusses.

Besonders im Bereich der Spenden scheint nach der gestrigen Anhörung keine Änderung in greifbarer Nähe. Im Themenkomplex des Sponsorings wurde deutlich, dass Handlungsbedarf besteht, allein schon auf Grund einer unklaren Definition im Parteiengesetz. Bei der Frage nach der Gleichbehandlung waren die „Sachverständigen“ jedoch mehrheitlich dagegen, so dass auch hier keine entsprechende Regelung zu erwarten ist.

Angesichts der Tatsache, dass oft auf mündige Bürger, bzw. auf demokratische Partizipationsmöglichkeiten verwiesen wurde, hätte eine Ausweitung der Sachverständigen-Riege auf Nicht-Juristen die Debatte wahrscheinlich befruchtet. Zumal es nicht nur um juristische Expertisen, sondern auch um politische Bewertungen ging.

Die Hoffnung, dass parteigebundene Parlamentarier ohne Druck von außen die Finanzierung der Parteienlandschaft zu Stande bringen, bleibt illusorisch. Der Kampf für eine effektive Eindämmung der Parteienfinanzierung, für verbindliche Transparenz und unabhängige Kontrolle wird noch einige Etappen zu bewältigen haben. Dass überhaupt zwei Ausschüsse dazu tagten, zeigt zumindest, dass die öffentliche Empörung registriert wird. Nun muss es darum gehen, am Ball zu bleiben und die Gesetzgebung durch öffentlichen Druck zu realen Verbesserungen zu treiben.

(Die ausführlichen Stellungnahmen der sieben geladenen Juristen können auf der Webseite des Bundestages nachgelesen werden.)

Weitere Infos:

LobbyControl-Aktion: Mehr Transparenz beim Partei-Sponsoring

Die Cash-Connection – NGOs fordern mehr Transparenz in der Parteienfinanzierung, junge Welt, 9. Juni 2010.

Kommerzialisierung politischer Macht verhindern! – Pressemitteilung der Fraktion Die Linke im sächsischen Landtag

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